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Geschichte, Oberstufe, Gymnasium

Das Geschichtsbuch

Das Geschichtsbuch
Herausgegeben von Berg, Rudolf und Herman Ruch
Erschienen Berlin: Cornelsen, 2013
Seitenanzahl 288
ISBN 978-3-06-450095-2
Geeignet für Bayern
Rezensiert von Nellen, Jörg (Lehrer), 1. November 2013

Rezension von Nellen, Jörg (Lehrer)


Einleitung
Zusammengefasst bilden Gliederung, Schwerpunktsetzung und didaktisch-methodischer Anspruch des „Geschichtsbuches“ bis in die Kapitelüberschriften hinein die fünf Lerngebiete des neuen bayerischen Lehrplans ab. Der „geheime“ Lehrplan des Schulbuchs ist damit deckungsgleich mit dem offiziellen. Ein Dilemma weniger für Lehrkräfte: Sie sparen Vorbereitungszeit. Ein Dilemma mehr für Lehrkräfte: Sie sehen sofort, was sie nicht schaffen. Es fällt zudem negativ auf, dass auf den Seiten der Lerngebiete 4 und 5 ein Hinweis oder eine Kennzeichnung der Wahlmodule fehlt.
Lernenden bietet das Schulbuch umfassende Hilfen für ihr „selbstgesteuertes endeckendes“ (S. 3) und kompetenzorientiertes Lernen.
Das in einem kartonierten Umschlag in solider Klebebindung vorliegende Lehrbuch ist ansprechend vierfarbig und qualitativ hochwertig gestaltet. Die Haltbarkeit im lernmittelfreien Bayern (ca. 10 Jahre) ist nicht befriedigend gegeben.
Textsorten sind durch unterschiedliche Schriften und farbliche Hintergründe voneinander differenziert. Dieses Farbleitsystem wirkt lernfreundlich. Die einspaltigen darstellenden Texte (Serifenschrift) bieten in einer großzügigen Randspalte Platz für zusätzliche Schaubilder, Karten und Bildquellen. Die Quellentexte (serifenfreie Schrift, gelber und blauer Hintergrund) sind zweispaltig und durchgehend mit erschließungsfreundlicher Zeilenzählung versehen.
Lebende Kolumnentitel erleichtern die Orientierung, da sie die jeweiligen Lerngebiete (linke Seite) und (Unter-)Kapitel (rechte Seite) enthalten. Die Lerngebiete sind jeweils links mit großen, blass hinterlegten (30%), lateinischen Ziffern durchnummeriert.

Das Konzept der Autoren
Rudolf Berg ist ehemaliger Schulleiter eines bayerischen Gymnasiums und hat viele Schulbücher verfasst; Hermann Ruch ist im Bayerischen Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung für Leseförderung und Schulbibliotheksarbeit, Aufbau einschlägiger kooperativer Netzwerke, Wettbewerbe und Aktionen, Schulbibliothekstage zuständig. Er arbeitete an gymnasialen Deutsch- und Geschichtsschulbüchern mit.
In einem Vorwort stellen die beiden erfahrenen Schulbuchautoren des Cornelsen-Verlags Lehrenden und Lernenden ihr konstruktivistisches, kompetenzorientiertes Konzept mit den inhaltlichen und methodischen Schwerpunkten vor (S. 3). In den Aufbau der Kapitel führt der aufklappbare Innentitel ein.
Die 288 Seiten des Lehrbuchs mit acht Umschlagklappseiten sind in 43 „Stundenkapitel“, 16 „historische Stichwörter“ und neun „Methodenseiten“ gegliedert. Sie bieten damit eine „Arbeitsgrundlage für die etwa 70 Unterrichtsstunden“ (S. 3) des Schuljahres der 11. FOS- und der 12. BOS-Jahrgangsstufe der bayerischen Beruflichen Oberschule. Für BOS-Vorklassen und die 13. Jahrgangsstufe müssen eigene Lehrwerke angeschafft werden.
Jedes Kapitel ist in eine Auftaktdoppelseite mit Text und Bild, zwei bis vier darstellende Textseiten mit Schaubildern, Karten und Quellen in den Randspalten, und ein bis zwei Quellenseiten gegliedert. Der darstellende Text ist in Kapitel mit aussagekräftigen Zwischenüberschriften unterteilt. Blau hervorgehobene Lernbegriffe und *-Verweise auf das Lexikon erleichtern die historische Begriffsbildung.
„Historische Stichwörter“ vertiefen Themen (bspw. „Aufbau Ost“, S. 132-133) und Essays führender Historiker bieten am Ende jedes der fünf Lerngebiete übergeordnete Perspektiven und führen an die Wissenschaftssprache heran (bspw. D. Thränhardt über die BRD, S. 69).
Die zu entwickelnden Kompetenzen werden auf der jeweiligen Auftaktseite eines Themas in einem Kasten formuliert. Am Ende jedes Lerngebietes findet sich zudem am Ende des jeweiligen darstellenden Textes sowohl ein Kasten mit den im Text blau hervorgehobenen Lernbegriffen als auch eine inhaltliche Zusammenfassung auf der „Zeittafel“-Seite (bspw. „Besetztes Deutschland“, S. 67). Methodenseiten führen in historische Methoden und Hilfswissenschaften ein (bspw. „Schriftliche Quellen erschließen“, S. 40).
Im „Material für den bilingualen Unterricht“ (S. 246-277) werden Lernplanvorgaben erfüllt.Diese befinden sich leider am Ende des Buches (Verweise auf den Quellenseiten) und auch nur für die Lerngebiete 4 und 5. Allerdings stehen 25 Texte mit Vokabelhilfen und Arbeitsaufträgen zur Verfügung. Ein „Lexikon“ mit Fachbegriffen, auf die im darstellenden Text mit * hingewiesen wird (S. 279-283), und ein Register (S. 284-287) schließen das Buch benutzerfreundlich ab.
Im ausklappbaren Innendeckel wird der Aufbau des Lehrbuches anschaulich erklärt, im hinteren Innendeckel finden sich die Leistungsanforderungen und Operatoren des kompetenzorientierten Lernens zur Selbsteinschätzung für Lernende und zur Auffrischung für Lehrende.
Der didaktische Anspruch des „Geschichtsbuches“ ist es, den Lernenden „selbstgesteuertes, entdeckendes [historisches] Lernen“ zu ermöglichen. Dies muss methodisch durch die Verknüpfung von „Lehrtexten“ mit Statistiken, Karten und Quellen und mit deren Arbeitsaufträgen sowie mit der Aufbereitung durch die Lehrkraft angestrebt werden. Im Lehrbuch selbst ist dies nicht angelegt.
Das kompetenzorientierte Lernen zielt auf den Erwerb von Methodenkompetenz („Werkzeugkasten“, S. 3) Sachkompetenz („Grundwissen“, „Kenntnis der Geschichte der BRD“, S. 68) und Orientierungskompetenz („(…)[,]die Sie als Staatsbürger für Ihre täglichen Entscheidungen und Wertungen brauchen“). Historische Fragekompetenz oder narrative Kompetenz wird nicht explizit angestrebt.
Gemäß einer konstruktivistischen Geschichtsauffassung werden die meisten Schaubilder, Karten und Statistiken zur Illustration der Narration des Lehrbuchtextes eingesetzt (z.B. „B1 Werbung für Europa, Plakat, 1955“, S. 42, ohne Arbeitsauftrag). Andere Grafiken ergänzen Fakten zur Narration („B4 Eingang zur Gedenkstätte Bautzen II (...), S. 161 mit Erläuterung der Geschichte Bautzens 1933-1989). Nur wenige Arbeitsaufträge zu diesen Materialien verbinden „Lehrtext“ und Material („K1 Die Besatzungszonen in Deutschland (...): Rekapitulieren Sie die Gründe für die Vierzonenverwaltung Deutschlands und Berlins“, S. 36), oder mehrere Materialien untereinander („Vergleichen Sie [zwischen B1 und B2] die idealtypischen Familienbilder über 50 Jahre hinweg“, S. 186).
Auf den Quellenteil wird im „Lehrtext“ der Autoren nicht eingegangen. Eigene Arbeitsaufträge erschließen hier jede Quellen kritisch und kompetenzorientiert. Es bleibt also der Lehrkraft oder den Lernenden überlassen, Verknüpfungen mit der Darstellung herzustellen.
Das didaktischen Konzept lässt sich als zeitgemäß beurteilen: Kompetenzorientiertes Lernen wird durch die Operatoren, die aus dem Lehrplan übernommen wurden, angeregt. Ein Bezug zur aktuellen fachdidaktischen Diskussion oder einem der Kompetenzmodelle ist nicht festzustellen. Lernpsychologische Grunderkenntnisse sind in Farbsymbolik, Begriffsbildung und - in Ansätzen - in reflektiven Lernimpulsen zu erkennen.

Autorentexte/Verfassertexte
Der Autorentext („Lehrtexte“) ist altersangemessen und verständlich geschrieben. Motivation zum Lernen, z.B. durch (rhetorische) Fragen, Spannungsbögen, etc. ist nicht zu verzeichnen.
In die Fachsprache wird gezielt durch die wissenschaftlichen Essays eingeführt. Worterklärungen werden in den Kästen nach den Lehrtexten durch blau hervorgehobene Schlüsselwörter und das „Lexikon“ angeboten. Manchen blauen Lernwörter bleiben unerklärt (bspw. Gregor Gysi, S. 109). Fachwörter bleiben oft unerklärt („Wandel von Weltanschauungs- zur Volkspartei“; „Konsultationen“, S. 55). Der Lehrkraft muss das bewusst sein, um die Erschließung des Lehrtextes zu erleichtern.
Das Narrativ des „Lehrtextes“ folgt oft einer „und dann“-Logik. Es wirkt daher eher apodiktisch als zur Auseinandersetzung anregend. So wird die Entscheidung für Berlin als Hauptstadt auf einen Beitrag Schäubles reduziert (S. 128). Die Herstellung der Inneren Einheit wird zwar als Problem bezeichnet, aber nicht problemorientiert präsentiert: Die Unzufriedenheit der Ostdeutschen (unbelegtes Umfrageergebnis von 2009) wird im Vergleich mit anderen Ostblockländern als relativ konstatiert und unterschwellig entwertet (westliche Sicht, S. 129).
So enthält der Text implizit Werturteile, die die westliche Sicht untermauern. Eine aktive Unterscheidung zwischen Multiperspektivität, Pluralität und Kontroversität findet im Autorentext nicht oder nur implizit statt.
Lehrplangemäß wird die Geschichte der Wiedervereinigung aus westlicher Sicht erzählt. Die Positionen der östlichen Friedens- und Umweltbewegung und der DDR-Opposition werden dem untergeordnet. Konkurrierende Standpunkte sind hier nicht legitimiert.

Bildmaterialien
Es werden vielfältige Quellengattungen angeboten, wobei der Schwerpunkt auf journalistischen und juristischen Texten liegt. Am häufigsten kommen Bildquellen zum Einsatz, was die Anschaulichkeit dann erhöht, wenn sie kontrastiv eingesetzt und ausgewertet werden, z.B. bei der Arbeitsmigration (B1 der millionste Gastarbeiter, B2 Türken in einem Wohnheim, S. 202).
Auswahl und Präsentation der Quellen sind gemessen an der Dichte des Lehrplans lobenswert knapp und sinnvoll ausgewählt. Die Quellen im „Lehrtext“ ergänzen immer wieder die Narration. Die Quellen im Quellenteil jedes Kapitels vertiefen Aspekte der Narration.
Auf den Sonderseiten „Methode“ wird differenziert in die Methoden der Quellenuntersuchung eingeführt: Schriftliche Quellen erschließen (S. 40), politische Plakate analysieren (S. 76), politische Reden erschließen (S. 154f.), Filme analysieren (S. 168f.), Bildvergleiche durchführen (S. 184f.), die Befragung von Zeitzeugen (S. 206f.), oder die Karikaturenanalyse (S. 226). Auch in hilfswissenschaftliche Methoden zur Analyse von Geschichtskarten (S. 14f.), Statistiken und Diagramme (S. 52f.) wird eingeführt. Eine Einführung in die Internetrecherche oder in offene Unterrichtsmethoden (Freiarbeit, Lernzirkel) fehlen.
Eine angemessene Vielfalt von Bildquellen liegt vor (Malerei, Grafik, Fotos von historischen Objekten etc.)und die Auswahl ist motivierend. Die Bildlegenden geben recht oberflächliche Aussagen zu Künstlern (S. B3 Karikatur ohne Autor), Entstehungsdatum (S. 101 „Foto“, Datum fehlt), Originalformat (nie) und Sachinformationen (nur, wenn sie der Narration dienlich sind: S. 157, Bild und Filmplakat mit Jahreszahl).
Es liegen vielfältige grafische Materialien vor (historische Themenkarten, Schaubilder, Diagramme, Tabellen). Qualität und Format der Abbildungen sind oft angemessen, sodass wichtige Details erkennbar sind.
Die Bildmaterialien sind hin und wieder in ein Konzept der Multiperspektivität eingepasst(bspw. Multiperspektivität der Entstehungszeit, S. 227, Kontrastivität verschiedener Zeitebenen, S. 246-247, und Perspektivität der unterschiedlichen Sicht auf die Vergangenheit, S. 258). Kompetenzen zur Analyse ideologisch-einseitiger Bildinhalte werden ansatzweise vermittelt (S. 77, politische Plakate analysieren).
Bildmaterialien können methodisch erschlossen werden. Die Lehrkraft muss entscheiden, wann sie die entsprechenden Methodenseiten einsetzt. 

Begleitmaterialien und neue Medien
Das Handbuch für Lehrkräfte enttäuscht den alltagspraktischen Anspruch einer Lehrkraft nach schneller Hilfe bei der Antwortsuche nicht: Fragen des Schulbuches werden mit (Näherungs-) Antworten versehen. Leider werden die Operatoren (S. 90f.) nicht hinreichend bedient und umgesetzt. Faktische Wissensabfrage überwiegt auch bei eigentlich anspruchsvollen Fragestellungen. So wird er Operator des Anforderungsbereichs III „bewerten, Stellung nehmen – offenlegen und begründen eigener Wertungen, die Pluralität einschließen“ in der Fragestellung „Bewerten Sie die Entscheidung, Berlin zum Sitz der Bundesregierung zu machen“ (S. 130) mit Argumenten der Befürworter beantwortet (entspricht der Tradition; Befürchtungen nicht bewahrheitet; entspricht der neuen Qualität des vereinten Deutschland). Hier werden Lehrkräfte eigene Lösungen finden müssen, um den Lehrplananforderungen hinsichtlich der Operatoren gerecht zu werden.
Die Hoffnung auf aktuelle Recherche-Quellen bei den „Informieren Sie sich ..“-Fragestellungen bleibt auch im Lehrerhandbuch enttäuscht. Es werden jedoch die zu recherchierenden Fakten als Antwort angegeben.

Aufgabenstellung
Es gibt keine unspezifischen W-Fragen. Im Wesentlichen werden die Operatoren des kompetenzorientierten historischen Lernens eingesetzt. Dabei ist eine Schwerpunktsetzung auf die Operatoren der Anforderungsbereiche I (Reproduktion) und II (Reorganisation von Wissen und Kenntnissen) festzustellen. Wegen der fehlenden Vernetzung verschiedener Texte in den recht traditionellen analytischen Arbeitsaufträgen bleiben Zusammenhänge unerschlossen.
Die Aufgaben folgen meist den sich steigernden Kompetenzanforderungen: „1. Untersuchen Sie (I), 2. Analysieren Sie (II), 3. Erörtern Sie (III)“, S. 169. Man würde sich noch eine bewusste Unterscheidung von Sach- und Werturteilen im Kompetenzbereich III sowie mehr kreative Auseinandersetzung mit dem Stoff, wie z.B. „Schreiben Sie eine Filmkritik“ (S. 169) wünschen.
Eine differenzierende Aufgabenstellung, die einen nach Leistungsstärke differenzierenden Unterricht zulässt, ist somit der Lehrkraft an die Hand gegeben. Gleichwohl fehlt eine didaktische Begründung oder Anleitung, auch im Lehrerhandbuch.
Das Lehrwerk verfügt über ein Methodenkonzept, das Lehrkräfte und Lernende gezielt einsetzen können: Einführungen in komplexe fachliche Arbeitsschritte erfolgen auf den Methodenseiten und Verweise auf den Anhang und das Register, selten auch innerhalb des Lehrwerks (z.B. S. 138 verweist auf S. 38), lassen sich systematisch nutzen.

Fachdidaktische Positionen und Fragestellungen
Ein Angebot von vielfältigen Unterrichtskonzepten ist zugunsten des fragend-entwickelnden und instruierenden Frontalunterrichts begrenzt. Dennoch finden sich traditionelle Sozialformen (Partnerarbeit: „Diskutieren Sie...“, S. 89) und Möglichkeiten zu (Kurz-) Präsentationen / Referaten oder Forschungsaufträgen („Informieren Sie sich ...“). Jedoch geben Aufbau und Fragestellungen wenig Impulse zu handlungsorientiertem oder problemorientierten Geschichtsunterricht, wenn nicht die Lehrkraft ihr didaktisches Wissen adaptiert.
Das zugrunde liegende fachdidaktische Konzept ist der gymnasiale analytische Ansatz, dem das kompetenzorientierte Lernen aufgesetzt wurde. Die hohe Leistungsdifferenzierung der FOS/BOS-Schülerinnen und Schüler, die aus drei Schularten und Lehre oder Berufsausübung herkommen, bedarf aber aktuellerer didaktischer Angebote. Man vermisst Impulse zum reflexiven Lernen, zum forschend-entdeckenden Lernen, zum eigenverantwortlichen Lernen (Portfolio-Arbeit) und die Nutzung der kreativen Kompetenz. Somit fehlt der systematische Aufbau eines historischen Denkens und damit eines Geschichtsbewusstseins, dass alles Heutige aus Vergangenem geworden ist.
Der Gegenwartsbezug „Was geht’s mich an?“ wird nur unterschwellig hergestellt. Im Vordergrund des „Geschichtsbuches“ steht der Wissenserwerb. Hier ist die Lehrkraft gefordert, ihre didaktische Kompetenz an dem angebotenen Material zu erproben. Das Lehrwerk vermittelt lehrplanbedingt eine nationalgeschichtliche, eurozentrische, westliche Sichtweise. Internationalität wird im Wesentlichen durch „Internationalen Terrorismus“ abgehandelt, dessen Vorgeschichte nur knapp und aus westlicher Sicht dargestellt wird.
Konflikte wie der Rechtsradikalismus oder die Studentenbewegung werden analysiert, theoretische Erklärungsmodelle aber eher nicht reflektiert.
Dem PISA-Anspruch an selbstständige Problemlösungsfähigkeiten der Lernenden wird das „Geschichtsbuch“ weniger gerecht, da der Lernende verstärkt vorgegebene Ziele, Erkenntnisse und Urteile nachvollziehen soll. Fachwissenserwerb (Sachkompetenz) steht im Vordergrund, auch bei der Erfüllung von Aufgaben, die den Anforderungsbereich II und III formal erfüllen: „Untersuchen Sie die Begründungen für die Urteile der Historiker und bewerten Sie diese“ (S. 167), statt zum Beispiel: „Wie stehen Sie zu der Frage, dass die DDR ein Unrechtsstaat war?“ oder „Schreiben Sie ein Gespräch mit einem ehemaligen DDR-Bürger über die Frage ...“

Fachwissenschaftliche Aktualität
Im Zentrum des Lehrwerks steht lehrplanbedingt die Politikgeschichte. Wirtschafts- und Sozialgeschichte rückt bei den relevanten Themen in den Vordergrund. Geschlechtergeschichte, Umwelt- und Kulturgeschichte werden am Rande erwähnt, aber mit den Mitteln der Politikgeschichte analytisch vermittelt. Ansätze zu transnationaler (z.B. Europa, dt.-franz. Freundschaft) oder transkultureller Geschichte („Gastarbeiter“) bleiben marginal.
Lobenswert ist die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Rechtsradikalismus. Die Literaturliste führt relevante, aktuelle Grundlagenwerke an.