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Erdkunde, 9./10. Schuljahr, Gesamtschule, Gymnasium, Realschule

Diercke Geographie 9/10

Diercke Geographie 9/10
Herausgegeben von Demmrich, Andre, Rainer Fleischer und Christian Seeber
Erschienen Braunschweig: Westermann, 2009
Seitenanzahl 224
ISBN 978-3-14-144919-8
Geeignet für Brandenburg
Rezensiert von Rauch, Morris, Thomas Mauersberger (Studierende), 16. Januar 2012
Projekt Universität Potsdam, Somersemester 2011

Rezension von Rauch, Morris, Thomas Mauersberger (Studierende)


Einleitung
Laut Amazon Kurzbeschreibung ist mit der „Diercke-Geographie“, zu dem auch dieses 2009 erschienene Schulbuch gehört, eine neue Werkreihe für den Geographieunterricht in Brandenburg entstanden, die die PISA-Ergebnisse der letzten Jahre konstruktiv verarbeitet. Angestrebt ist ein hohes Niveau der Wissensaneignung, weshalb sich das Buch  in erster Linie an Schülerinnen und Schülern an Gymnasien richtet. Inwieweit der Verlag seinem Anspruch gerecht wird, soll folgende Rezension klären, die aus unserer subjektiven Einschätzung und unseren eigenen Erwartungen an ein Schulbuch resultiert. Qualität und Quantität – einen ausgewogenen Mix aus diesen beiden essentiellen Kriterien herzustellen, ist eine Herausforderung, der sich die Autoren von Schulbüchern stellen müssen. In dieser Rezension sollen diese allgemeinen Kriterien bezüglich des Layouts, der Aktualität der Inhalte, einzelner Themenkomplexe sowie der dazu gehörigen Aufgabenstellungen präzisiert und untersucht werden. Aufgrund der Fülle des Materials haben wir unsere Untersuchung auf die Kapitel „Der Doppelkontinent Amerika“ und „Deutschland in Europa“ beschränkt, die exemplarisch für das ganze Buch stehen sollen.

Materialauswahl und grafische Gestaltung
Wie in der Kurzbeschreibung angepriesen, glänzt das Buch mit seinen vielen grafischen Elementen; vor allem den Bildern der physischen Geographie (z.B. Landschaftsprofil Amerika, S. 10 ff.; Stockwerkbau und Nährstoffkreislauf im tropischen Regenwald, S. 27). Außerdem werden alle Themen gut durch Grafiken verortet (z.B. M2 Region Frankfurt/ Rhein-Main, S. 170). Die Materialien, zum Beispiel Karten, Diagramme, Karikaturen, Fotos und Modelle, dienen an vielen Stellen zum besseren Verständnis und zur Visualisierung. Die Schülerinnen und Schüler bekommen aber auch Informationen durch Bilder vermittelt, die schlichtweg unwichtig sind. Anders kann man die zwei nebeneinander gezeigten Abbildungen von der Frucht und dem Vogel Kiwi oder die verschiedenen Holzsorten wohl nicht erklären. An solchen Stellen sollte man als Herausgeber den Sinngehalt mancher Abbildungen überdenken und sie nicht als Lückenfüller benutzen, gemäß dem Motto: Weniger ist manchmal mehr. Das Material, das sich mit dem Relief oder der Infrastruktur einzelner Gebiete und Kontinente befasst, ist jedoch sehr nützlich und könnte sogar durch mehr Beispiele vertieft werden. In diesen Fällen ist ein umgekehrtes Bild zu sehen – die Qualität ist auch hier gut bis sehr gut, aber die Quantität lässt zu wünschen übrig.

In Bezug auf die Aktualität sollten die Karten überprüft werden, da es ein historischer Fehler ist, wenn eine Karte, die die Entwicklung der Europäischen Union behandelt, die Grenze der ehemaligen DDR gleichzeitig mit den unabhängigen ex-jugoslawischen Staaten zeigt. Das ist insofern falsch, da die meisten dieser Staaten ihre Unabhängigkeit erst 1991, also ein Jahr nach der deutschen Wiedervereinigung, erlangten. Somit können diese Ländergrenzen nicht in ein und derselben Karte auftauchen. Weiterhin soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Text zur Entwicklung Berlins nach 1945 auch ohne eine Abbildung des geteilten Berlins, in dem der Ostteil auch noch rot gekennzeichnet ist, im Texthintergrund auskommt. Klischees und Vorurteile, die bei dieser Abbildung durchaus mitschwingen, sollten in Schulbüchern abgebaut und nicht verstärkt werden, ansonsten macht man es den Lehrern der Geschichte und Politischen Bildung unnötig schwer, diese wieder abzubauen. Generell finden wir, dass Abbildungen im Texthintergrund den Lesefluss behindern und oftmals keinen Nutzen haben, höchstens den, die Schülerinnen und Schüler abzulenken und ihre Konzentration während der Textbearbeitung zu stören.

Autorentext
Die Autorentexte werden in unseren Augen dem Anspruch hoher Qualität nicht in jedem Fall gerecht. Sie sind zwar der Klassenstufe angepasst und verständlich, doch nicht motivierend genug geschrieben. Teilweise sind sie sogar didaktisch zu stark reduziert oder nicht problemorientiert genug. So z. B. der Text auf Seite 170 „Dienstleistungszentrum Rhein-Main“, welcher für uns keine schul- bzw. schülerrelevanten Informationen enthält und daher überflüssig ist. Dies trifft ebenfalls auf die Textpassage „Plantagenwirtschaft in Mittelamerika“ auf Seite 28 zu, welche für uns zu einseitig die Vorteile der Plantagenwirtschaft beleuchtet.

Wir müssen ebenfalls feststellen, dass die Texte oftmals nicht gründlich genug Zusammenhänge bzw. Ursache- und Wirkungsprinzipien aufzeigen. Dies resultiert womöglich aus der Fülle der Themen, die grafisch sehr gut unterlegt sind, jedoch Tiefgründigkeit vermissen lassen. Auch ist auffällig, dass die Texte nie über eine Doppelseite hinausgehen und oftmals ohne sinnvolle inhaltliche Verknüpfung an einander gereiht wurden. Themen und Texte sollten tiefgründiger gestaltet werden, sodass Themen nicht nur nach einer beziehungsweise zwei Seiten aufhören, sondern weiterführend behandelt werden können. Außerdem kann bei Nachhaltigkeit auch auf aktuelle Themen eingegangen werden, die die aufsteigende Wirtschaftsmacht China und ihre Belastung für die Umwelt mitbeinhaltet.
Somit hätte man den Bogen zu einem problemorientierten Thema, das Wirtschaft und Umwelt verknüpft, geschlagen. Eine stärkere Verknüpfung der Themenbereiche wäre generell sehr wünschenswert.

Methoden
Die einzelnen Abschnitte zu den Geomethoden, welche wir aus älteren Büchern vorher nicht kannten, haben uns sehr gefallen. Hier bekommen die Schülerinnen und Schüler gute Aufgabenstellungen und Erläuterungen, um ihre Methodenkompetenz zu entwickeln bzw. zu verbessern. Auch der Abschnitt „Arbeitsmethoden – kurz und knapp“ ist gut gelungen, wobei die Arbeitsmethoden schon bekannt sein müssten, damit die beschriebenen Methoden gut in der Praxis umgesetzt werden können. Leider gibt es auch hier Schwächen. Auswertung und Analyse von Alterspyramiden sind zwar gut beschrieben, aber die weiteren Aufgaben zu der Thematik sind leider nicht tiefgründig genug. Wir vermissen im Buch das eine oder andere Mal Operatoren aus dem Aufgabenbereich III, in dem die Schülerinnen und Schüler ihr bisher angeeignetes Wissen mit komplexen Wechselbeziehungen verknüpfen müssen, so z.B. auf Seite 30, 26, 118 oder 212. Beispielsweise hätte man bei dem „Geo-Wissen“-Abschnitt auf Seite 212 den Schülerinnen und Schülern noch andere Bevölkerungspyramiden einiger ihnen unbekannter Länder zeigen können und die Schülerinnen und Schüler sollen anhand dieser Angaben die Länder in Industrie- Schwellen und Entwicklungsländer einteilen.
Außerdem ist der Abschnitt S. 22f., in dem es um die Auswertung von Satellitenbildern geht (Rondônia), weniger gut gelungen. Hier sollten Satellitenbilder verwendet werden, auf denen man eher Häuser, Straßen, Flüsse und andere Objekte klar erkennt, damit die Schülerinnen und Schüler besser mit dem Material arbeiten können.

Aufgabenstellungen
Gut aufgearbeitet sind für uns die Themen „Raumerschließung – vom Rand zur Mitte“ und „Metropolisierung – Beispiel São Paulo“. Hier sind die Materialsammlungen, Texte und Aufgabenstellungen aufeinander abgestimmt und ergänzen sich. Im ganzen Buch sind die Aufgabenstellungen größtenteils solide und besitzen einen erkennbaren höheren Schwierigkeitsgrad, jedoch fehlt unserer Meinung nach zu oft der Aufgabenbereich III, der Schülerinnen und Schüler selbstständig oder in Gruppen über das präsentierte Thema nachdenken bzw. diskutieren lässt und sie veranlasst, begründete Position zu beziehen.


Begleitmaterialien und neue Medien
Die Einbindung von Begleitmaterial, vor allem Internetadressen, ist gut gelungen. Getestet haben wir die Verweise beim Thema des ökologischen Fußabdrucks (S. 107). Der erste Link war sehr informativ und aussagekräftig, der dritte war grafisch besser aufgearbeitet und vom zweiten Link waren wir enttäuscht, denn er war lediglich eine Linksammlung, die uns nicht zum gewünschten Ziel geführt hat. Aus diesem Grund sollten die Links nochmals auf ihre Nützlichkeit überprüft werden, bevor sie den Weg ins Buch finden. Dies erscheint besonders sinnvoll, da es sich um ein sehr junges Buch handelt und der Aktualität der Inhalte eine höhere Priorität zukommen sollte.

Fazit
Nach Berücksichtigung der Punkte, die in dieser Rezension zur Sprache gekommen sind, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir mit diesem Schulbuch nur mäßig zufrieden sind.
Wir hätten uns gewünscht, dass die Thematiken nicht auf ein oder zwei Seiten begrenzt sind, denn so ist unserer Meinung nach viel an Tiefgründigkeit verloren gegangen und die Themen werden dadurch nur oberflächlich behandelt.
Wie vorher auch schon angesprochen fehlt uns bei den Aufgabenstellungen zu häufig der Aufgabenbereich III, der Schülerinnen und Schüler selbstständig oder in Gruppen über das präsentierte Thema nachdenken bzw. diskutieren lässt und sie veranlasst, begründete Position zu beziehen. Hier sind noch Reserven vorhanden.
Im Gegensatz dazu haben uns die Erklärungen der geographischen Arbeitsmethoden ab Seite 214 sehr gut gefallen, denn sie erläutern kurz und knapp die wesentlichen Informationen zu den einzelnen Methoden.
Doch das gesamte Buch ist unserer Meinung nach im Unterricht nur als einführende Lektüre zu gebrauchen. Für eine tiefgreifende Bearbeitung von Themen wie den Regenwald oder zu globalen Zukunftsszenarien müssen definitiv noch andere Materialien benutzt werden


Lizenz: CC BY-ND 4.0 Lizenz „Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International“ (CC BY-ND 4.0)


Info Zitation Rauch, Morris, Thomas Mauersberger. Rezension zu: Diercke Geographie 9/10 von Demmrich, Andre, Rainer Fleischer und Christian Seeber (Hg.). Braunschweig: Westermann 2009, ISBN 978-3-14-144919-8, Edumeres 2012, https://edu-reviews.edumeres.net/rezensionen/rezension/rauch-morris-thomas-mauersberger/, zuletzt geprüft am 26.03.2024.