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Geschichte, 9./10. Schuljahr, 7./8. Schuljahr, Gymnasium

Zeiten und Menschen 5

Zeiten und Menschen 5
Herausgegeben von Lendzian, Hans-Jürgen und Wolfgang Mattes
Erschienen Paderborn: Schöningh, 2008
Seitenanzahl 177
ISBN 978-3-14-034511-8
Geeignet für Baden-Württemberg
Rezensiert von Büsing, Bastian und Eike-Sebastian Schmidt (Studierende), 17. June 2010
Projekt Christian-Albretchts-Universität Kiel, Wintersemester 2009/10

Rezension von Büsing, Bastian und Eike-Sebastian Schmidt (Studierende)


Einleitung
„Zeiten und Menschen 5“ ist ein Unterrichtswerk, das 2008 im Schöningh Verlag erschienen ist. Das Buch ist, laut Verlagshomepage, für die 10. Jahrgangstufe einer Gesamtschule oder eines Gymnasiums in Baden-Württemberg, sowie für die Schweiz geeignet. Es behandelt ausschließlich den dritten Themenkomplex der Bildungsstandards in Baden-Württemberg „Vielfalt und Einheit Europas“. Diesen unterteilt das Buch in vier Kapitel: 1. „Europa, was ist das? - Über das Selbstverständnis eines Kontinents“. Das Kapitel ist mit 24 Seiten relativ kurz gehalten und dient zur Einführung in den Themenkomplex. Daran schließt sich das 42 Seiten lange Kapitel „Antike Wurzeln Europas" an, gefolgt von dem mit 48 Seiten umfangreichsten Kapitel, das den Namen „Die Formierung Europas im Mittelalter“ trägt. Das 42 Seiten umfassende Kapitel „Europas Aufbruch in die Moderne“ bildet den Abschluss.
Desweiteren bietet „Zeit und Menschen 5“ am Ende des Buches noch einen kurzen Rückblick und Ausblick, ein Glossar, in dem die wichtigsten Begriffe kurz und prägnant erklärt werden und ein Register.
Insgesamt umfasst das Schulbuch 177 farbige Seiten. Es hat einen Hardcover-Einband und besitzt annähernd DIN A4 Format. Aktuell ist noch kein Lehrerband erschienen.

Aufbau und Konzept
Das Inhaltsverzeichnis erscheint sehr übersichtlich und gut strukturiert. Die allgemeinen Kapitel werden links rot hervorgehoben. Die Unterkapitel sind dick gedruckt und die jeweiligen Themen der Unterkapitel erscheinen in normaler Druckstärke. Desweiteren stechen die rot markierten Forschungstationen direkt ins Auge. Beim optischen Aufbau hätte man eine einheitliche Zeitleiste erwarten können, und nicht wie hier an jedem Kapitelanfang eine optisch anders aufgemachte, unübersichtliche Tabelle mit Daten.
Direkt nach dem Inhaltsverzeichnis findet man auf einer Doppelseite verschiedene Methodenboxen. Mit ihrer Hilfe sollen die Schülerinnen und Schüler sechs verschiedene Methoden erlernen bzw. festigen. Beispielsweise sollen sie lernen, Plakate zu erstellen, schriftliche Quellen zu interpretieren oder Texte sinnorientiert  zu lesen und zu exzerpieren. Teilweise gibt es „kleine“ Methodenboxen, die den Inhalt der Methodenboxen aus den anderen Bänden wiederholen.
Die Methoden, die in diesem Buch vorgestellt werden, befinden sich immer ca. in der Mitte der Kapitel. Sie geben den Schülerinnen und Schülern ein neues Werkzeug in die Hand, um diverse Fragestellungen zu bearbeiten. Dies geschieht sehr detailliert in kurzen, leicht verständlichen Schritten, so dass es kaum Probleme geben dürfte die Arbeitsanweisungen umzusetzen. „Vergleichende Interpretation schriftlicher Quellen“ (S. 19/20) wird in vier Unterkapitel „Leitfragen festlegen“, „Analysieren“, „Interpretieren“ und „Diskutieren“ unterteilt. Diese Unterkapitel werden noch weiter unterteilt. So erhalten die Schülerinnen und Schülern eine kleinschrittige Erklärung dieser Methode. Das „Zeiten und Menschen 5“ „Ereignisse der Geschichte „hautnah“ erlebbar – durch vielfältige, innovative Präsentationsformen“ macht, wie es auf der Verlagshomepage steht, wird aber bezweifelt. Es finden sich Mind-Map und Concept-Map, Plakate gestalten und Internetrecherche, aber innovativ sind diese Methoden nicht. Sie gehören eher zum guten Schulbuchstandard.
Den Kapiteln sind doppelseitige Einleitungen vorangestellt, die stark von Bildern dominiert werden. Dazu gibt es meist einen kurzen Einleitungstext. Schaut man sich die Überschriften der Unterkapitel an, so stellt man fest, dass eine Vielzahl hiervon als Fragen gestellt werden. Um nur ein Beispiel zu nennen: das Thema der Kreuzzüge wird auf Seite 115 mit „Ein Heiliger Krieg? – Die Legitimation der Kreuzzüge“ überschrieben. Unserer Meinung nach ist diese Art der Überschrift für jedes Schulbuch sehr geeignet, da dies die Schülerinnen und Schüler zum Nachdenken anregt, ohne gleich zu Anfang mit einer Wertung konfrontiert zu werden.  Auf Seite 107 wird jedoch „Die EU des Mittelalters: Die Hanse“ ohne Fragezeichen geschrieben, wodurch diese These von den Schülerinnen und Schülern wahrscheinlich als schon bestätigt angesehen wird. Eine solche Überschrift verstößt sogar gegen das Überwältigungsverbot, denn die Schülerinnen und Schüler verknüpfen unsere moderne Staatlichkeit mit dem Mittelalter, in dem es z.B. noch keinen deutschen Staat gab.
Am Ende jedes Kapitels gibt es eine Doppelseite zur Wiederholung, die auch vertiefende Fragestellungen bietet. Ein Teil der Fragen setzt jedoch voraus, dass die Schülerinnen und Schüler das ganze Kapitel chronologisch durchgearbeitet haben. Ansonsten verfolgen die Fragestellungen den üblichen Weg: wiedergeben, interpretieren, vergleichen.
Innerhalb der Kapitel werden die Texte mit vielen Bildern, meist Fotografien, Gemälden oder Zeichnungen aufgewertet. Meist sind diese schon mit kleinen Texten versehen, um sie den Schülerinnen und Schülern verständlicher zu machen. Leider findet man im ganzen Buch nur ein einziges Diagramm. Dieses zeigt die Entwicklung der Einwohnerzahl von Florenz (S. 103). Manchmal erscheinen die Seiten etwas überladen, wenn man die Größe der Bilder, die nicht einmal einer speziellen Aufgabenstellung dienen, ins Verhältnis zum restlichen Text setzt (S. 102). Zumindest eröffnen die großen detaillierten Bilder der Lehrkraft sich eine eigene Aufgabenstellung zu erarbeiten und diese dann den Schülerinnen und Schülern zu stellen. Die Bilder im Schulbuch besitzen aber nicht ausschließlich illustrativen Charakter. So gibt es z.B. anhand des Krönungsbildes Heinrichs IV. auch das Angebot für eine Bildinterpretation (S. 127) mitsamt den wichtigsten Punkten, die hierbei beachtet werden müssen.

Forschungsansätze

Schon beim Blick in das Inhaltsverzeichnis bemerkt man verschiedene Forschungsansätze:
Am Ende des ersten Kapitels gibt es eine Aufgabe zur europäischen Identität, bei der es um den Vergleich verschiedener Quellen geht. Es äußern sich Historiker, Politikwissenschaftler und europäische Bürger zum Thema.
Auf Seite 36 findet man einen kunsthistorischen Ansatz, bei dem z.B. die drei Arten griechischer Säulen dargestellt sind. Auf Seite 40 gibt es einen philosophischen Forschungsansatz indem auf Platon eingegangen wird. Beim sprachlichen Forschungsansatz (S. 64) werden verschiedene Wortfamilien und ihre Herkunft aus dem Lateinischen dargestellt. Neben weiteren Forschungsansätzen wie z.B. dem mathematisch-naturwissenschaftlichen,  fehlt die Gender-Geschichte.
In einigen Aufgaben kommt die Multiperspektivität  gut zum Ausdruck, so z.B. beim Blick auf das heutige Europa, der auch aus außereuropäischer Sicht beschrieben wird. So wird Europa von unterschiedlichen Nationen als kulturelles Zentrum, wichtiger Handelspartner und „Einwanderungsland Nummer eins“ bezeichnet.
Es gibt in dem Geschichtsbuch eine Aufgabe zur Kontroversität in der historischen Forschung (S. 27-30). Im Verfassertext wird genau und schülerorientiert erklärt, was mit Kontroversität gemeint ist. Dazu gibt es einige Texte von Historikern, die von den Schülern diskutiert werden sollen.

Aufgabenstellung

Die Aufgabenstellungen beinhalten eine Vielzahl von Methoden, die jeweils in der Aufgabenstellung erklärt werden. So gibt es Anleitungen zur Internetrecherche (S. 92), zum Halten eines frei gesprochenen Vortrags und zum Erstellen von Plakaten (S. 38). Die Arbeit mit Quellen wird auch ausführlich beschrieben, doch gibt es in der dazugehörigen Aufgabe zu zehn verschiedenen Quellen zu eng gefasste Leitfragen, so dass sich die Schüler sehr schwer tun werden, die Texte richtig zu bearbeiten. „Warum plädiert der Autor für eine historische Identitätsbestimmung Europas?“ (S. 30). Diese Leitfrage würde sich wohl kein Schüler der 10. Klasse so stellen. Problematisch ist auch, dass fast ausschließlich Textquellen in diesem Buch behandelt werden. Es sind zwar Bilder, Grafiken und Tabellen vorhanden, diese werden aber nicht bei der Aufgabenstellung berücksichtigt. Der Nachteil der ausführlichen schriftlichen Quellen ist der stark verknappte Verfassertext, der z.B. in nur fünf Seiten die gesamte römische Antike darstellt.

Fazit
„Zeiten und Menschen 5“ ist sicher noch zu verbessern, jedoch als Gesamtpaket durchaus zu empfehlen. Das Längsschnittthema Europa wird ausführlich betrachtet. Multiperspektivität, Pluralität und Kontroversität sind auch für die Schüler gut zu erkennen, so dass sie den Konstruktionscharakter der Geschichte erkennen können. Dies ist das richtige Geschichtsbuch für alle, die ein textquellen- und methodenorientiertes, aber ansonsten konservatives Schulbuch suchen. Das auf der Verlagshomepage versprochene „Innovative“ war jedoch nicht zu finden.


Lizenz: CC BY-ND 4.0 Lizenz „Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International“ (CC BY-ND 4.0)


Info Zitation Büsing, Bastian und Eike-Sebastian Schmidt. Rezension zu: Zeiten und Menschen 5 von Lendzian, Hans-Jürgen und Wolfgang Mattes (Hg.). Paderborn: Schöningh 2008, ISBN 978-3-14-034511-8, Edumeres 2010, https://edu-reviews.edumeres.net/en/reviews/reviews/buesing-bastian-und-eike-sebastian-schmidt/, zuletzt geprüft am 26.03.2024.