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Erdkunde, 9./10. Schuljahr, Gymnasium

Seydlitz Geographie 5

Seydlitz Geographie 5
Herausgegeben von Bricks, Wolfgang et al.
Erschienen Braunschweig: Schroedel Westermann, 2005
Seitenanzahl 128
ISBN 978-3-507-52239-8
Geeignet für Thüringen
Rezensiert von Ecklundt, Sina (Studentin), 16. September 2010
Projekt Leibniz Universität Hannover, Wintersemester 2009/10

Rezension von Ecklundt, Sina (Studentin)


Satellitenbild der Erde bei Nacht. Mit dieser bekannten, jedoch deshalb nicht weniger ansprechenden Abbildung wird der Betrachter auf der Umschlaginnenseite des vorliegenden Buches als erstes konfrontiert. Diese Abbildung bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, Aussagen über den regional unterschiedlichen Energieverbrauch auf der Erde abzuleiten. Sie fasst die Disparitäten auf der Erde auf einen Blick zusammen. Viele Ansatzpunkte zur Diskussion und kritischen Arbeit mit den dadurch besonders verdeutlichten Ungleichheiten und deren Ursachen und Konsequenzen werden damit offen gelegt, welches sich wiederum im Konzept des Buches und vor allem im letzten Kapitel „Der Nord-Süd-Konflikt“ wiederfindet. Diese mit dem Satellitenbild bereits bewusst erzielte Anschaulichkeit zieht sich darüber hinaus in Form von zahlreichen Materialien durch das gesamte Buch.

Erste Orientierung
Das Schulbuch ist für die 9. Klasse an Gymnasien in Thüringen konzipiert. Bei der Gestaltung des Umschlags wurde ein deutlich definiertes, einfaches Layout gewählt, welches als Mittelpunkt eine abstrakt gehaltene und ansprechend gestaltete Erdkugel zeigt. Der sofort auffällige und bewusst gering gehaltene Umfang des Buches erleichtert den Schülerinnen und Schülern den Zugang zum Buch. Die Seiten jedes der vier Kapitel sind bis auf die farbliche Gestaltung der Kopfzeile einheitlich gestaltet. Die Kopfzeile der Seiten eines Kapitels umfasst Name des Kapitels und ein sehr kleines Bild. Der Aufbau der einzelnen Seiten hält sich einheitlich an zwei Textspalten und bietet verschiedenste, gut einsetzbare Materialien. Hier zeigt sich die hohe Anschaulichkeit, die in diesem Buch äußerst positiv hervorzuheben ist. Leider bedeutet Anschaulichkeit nicht gleich Übersichtlichkeit: Beim Einsatz der Gestaltungselemente ist häufig keine klare Linie zu erkennen, sodass das Buch durch die Üppigkeit und nicht wiederkehrende Anordnung der Elemente und Schriftarten wiederholt unübersichtlich wirkt (z.B. S. 73). Die Autoren haben sich für den Einsatz einiger besonderer Seiten entschieden (z.B. „Geo-Praxis“), welche durch Hinterlegung in bestimmten Farben von den anderen Seiten leicht zu unterscheiden sind und in bestimmten Abständen wieder auftauchen. Das Konzept der Autoren
Eine Art Bedienungsanleitung für das Buch geben die Autoren auf Seite 2 oberhalb des Impressums in einem kleinen Absatz „Tipps zur Arbeit mir diesem Buch“. Leider ist dieser Absatz beim Überblättern des Impressums leicht zu übersehen. Insgesamt wurde von den Autoren für die meisten Seiten das Doppelseitenprinzip gewählt. Außerdem wurden besondere Seiten in das Konzept eingearbeitet: Auf den „Geo-Praxis“-Seiten werden z.B. Arbeitsmethoden auf eine sehr geeignete und verknüpfende Weise vorgestellt und angeleitet. Dabei geht es v.a. um die Strukturierung von Informationen sowie die Präsentation von Ergebnissen. Die besondere Seite „Geo-Projekt“ dient als Vorlage zur Erarbeitung eines fächerübergreifenden Projekts zu einem komplexen Thema, beschränkt sich allerdings leider nur auf ein Kapitel und vergibt damit die Chance verschiedene Projekte anzuregen und zur Wahl zu stellen. Dies wird allerdings den Vorgeben des Lehrplans, dem Platz im Buch sowie dem Stundenumfang des Fachs geschuldet sein. Auf den „Geo-Exkurs“-Seiten werden Inhalte des Oberthemas aufgegriffen und schwerpunktmäßig vertieft. Diese Seiten können in den Unterricht integriert werden, sind allerdings auch für die Weiterarbeit außerhalb des Unterrichts geeignet. Ein besonders positiv hervorzuhebender Aspekt ist in diesem Zusammenhang, dass einige Exkurs-Seiten auch in Englisch verfasst sind, welches den bilingualen Geographie-Unterricht sowie einen Fachübergriff ermöglicht. Zum Exkurs regen ebenfalls die Textkästen „Schon gewusst?“ an, welche zu bestimmten Teilthemen einen besonders interessanten Aspekt oder ein aktuelles Beispiel zur Veranschaulichung herausgreifen und teilweise den Alltag der Schülerinnen und Schüler betreffen. Die „Geo-Exkurs“-Seiten tauchen im gesamten Buch gleichmäßig verteilt auf. „Geo-Wissen“-Seiten sind jeweils am Ende eines Kapitels platziert und überprüfen in Form eines kleinen Quiz das erworbene Wissen der Unterrichtseinheit. Teilweise werden hier weitere Themenbereiche angeschnitten, wodurch die Bearbeitung dieser Seiten zwar zur Überprüfung der Lernziele sehr gut geeignet, aber vermutlich sehr zeitaufwändig ist.
In Bezug auf das Strukturierungsprinzip des Buches kann ausgehend von der Kapitel-Aufteilung festgehalten werden, dass es sich um eine Kombination aus Regional- (Kap.1-3) und Problemorientierung (Kap.4) handelt. Die Auftaktseiten jedes einzelnen Kapitels sind einheitlich gestaltet. Am Inhaltsverzeichnis ist bereits erkenntlich, dass die Autoren in den regional orientierten Kapiteln stets eine große Anzahl einheitlicher Themen berücksichtigen. Darunter fallen die Bevölkerung, die Großlandschaften, das Klima, die Stadtentwicklung und die Wirtschaft. Diese Themen werden mit regionalspezifischen Beispielen veranschaulicht und bieten somit eine gute Basis für Vergleiche zwischen den verschiedenen Kontinenten. Der problemorientierte Themenbereich erweist sich als Kombination aus Informationstexten, der Auswahl an exemplarischen Themen zur Verdeutlichung des „Nord-Süd-Konflikts“ sowie einem Beitrag zum nachhaltigen Bewusstsein für die Erde. Das abschließende Teilthema „Der Kontinent Australien“ wirkt durch seine nur teilweise gelungene Bezugnahme auf den Rest des Buches angehängt. Dessen ungeachtet wirkt das Konzept des Buches durch die gelungene Auswahl vergleichbarer Teilthemen, der Regional- und Problemorientierung sowie den exemplarischen Aspekten zur Verdeutlichung gut durchdacht. Alle Seiten des Buches weisen zudem eine breit gefächerte Kombination aus verschiedensten Materialien und somit einen hohen Grad an Anschaulichkeit auf.

Texte
Die Autorentexte im vorliegenden Buch erscheinen insgesamt korrekt und altersgemäß didaktisch reduziert. Die erwähnte Kombination aus Problem- und Regionalorientierung findet sich auch in den meisten Texten wieder. Allerdings muss angemerkt werden, dass die Texte teilweise sehr lang und zu dem sehr klein gedruckt sind. Dadurch wird ein zusammenfassender Überblick häufig verhindert. Hilfreich bei der Gliederung der Texte sind die sinnvoll gesetzten Absätze. Die fett gedruckten Fachbegriffe können im angehängten „Geo-Lexikon“ nachschlagen werden, welches den Schülerinnen und Schülern hilft, die teilweise schwierigen Begriffe selbstständig in den Gesamtzusammenhang zu bringen. Ebenso lockern die häufig gesetzten Verweise zu den zahlreichen Materialien den Text auf. Bezogen auf den Aufbau der Texte ist anzumerken, dass in vielen Fällen ein knapper, schlagzeilenähnlicher Auftaktsatz angeführt wird, wie z.B. „Die USA sind der wirtschaftlich bedeutendste Staat der Erde.“ (S. 58), welcher neugierig auf die Ursachen, Konsequenzen und die Vielfalt dieses Aspekts macht.

Materialien und Medien
Das vorliegende Schulbuch enthält eine ausgesprochene Vielzahl unterschiedlicher Materialien; zu finden sind: Bilder, Diagramme, Info-Kästen, thematische Karten, physische Karten, Klimadiagramme, Zeitungsartikel, Schemata und Karikaturen. Obwohl die Bildqualität in manchen Fällen nicht überzeugt (v.a. in den Auftaktseiten der Kapitel), veranschaulichen die Bilder die im Text auftauchenden Informationen sehr gut. Durch wiederauftauchende Materialien, wie z.B. physische Karten sind Vergleiche möglich. Die Größe und Qualität der Materialien ist im Ganzen angemessen, sodass die wichtigsten Details erkennbar sind und die Verknüpfungen zwischen Text, Bild- und Textmaterial in den überwiegenden Fällen gegeben ist. Die vielfach eingesetzten und didaktisch angemessen reduzierten Kästen wirken auf den Schüler sicherlich auflockernd, interesse- und lernfördernd. In den Aufgaben sind häufig Bezüge zu den Materialien hergestellt, wodurch die Schüler in Kompetenzen wie der Karten- und Textinterpretationen, der Diagrammauswertung und des Raumvergleichs auf vielfältige Weise geschult werden. Leider werden aber nicht alle Materialien in den Text bzw. in eine Aufgabenstellung integriert. Ein besonderes Symbol (ein PC) weist auf Internet-Tipps hin. Hier werden Links aufgeführt, welche allerdings in den meisten Fällen lediglich auf eine Startseite einer Länder-Informationsseite führen, ohne auf konkrete, problemorientierte Inhalte hinzuweisen.

Aufgabenstellungen
Die Aufgabenstellungen sind insgesamt sehr ansprechend, angemessen und abwechslungsreich gestaltet. Sie werden meist mit Operatoren eingeleitet; am häufigsten sind dabei „beschreibe“, „nenne“, „erläutere“, „erkläre“, „analysiere“ und „vergleiche“ aus den Anforderungsbereichen I und II zu finden. Im Ganzen fallen unspezifische W-Fragen nur zu einem geringen Teil ins Gewicht. An den Aufgabentypen ist insgesamt eine große Bandbereite an Lernzielen festzumachen: So werden kognitive, affirmative und pragmatische Ziele angesprochen, indem beispielsweise zunächst ein Vergleich, daraufhin eine Kartenanfertigung und im nächsten Schritt eine Aufgabe gestellt wird, bei der sich die Schülerinnen und Schüler in eine Personengruppe hineinversetzen sollen. Hier zeigt sich das durchaus auch Aufgabenstellungen aus dem Anforderungsbereich III gestellt werden. Vor allem im letzten problemorientierten Kapitel werden Beurteilungs- und Diskussionsaufgaben gestellt, welche zu einem reflektierten Umgang mit den Informationen und zu angemessener Transferleistung führen. Außerdem wird hiermit u.a. die auszubildende Kommunikations- und Beurteilungskompetenz gefördert. Diese Art von Aufgaben wäre auch in den ersten drei Kapiteln häufiger wünschenswert, denn hier geht es zu oft lediglich um kognitive Aufzählungen und Darstellungen. Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade sowie ein aufeinander aufbauender Problematisierungszusammenhang sind in den Aufgaben insgesamt v.a. in Kapitel 4 gegeben.
Darüber hinaus ist positiv zu bewerten, dass in den Aufgabenstellungen zur Atlasarbeit und zur Arbeit mit aktuellen Medien aufgefordert wird und somit ein Beitrag zur Medienkompetenz geleistet wird. Eine Anleitung zum kritischen Umgang mit gewählten Medien wäre an dieser Stelle für die 9. Klasse angebracht. Motivierend wirken Aufgabenstellungen mit dem Operator „informiere dich…“, wodurch die Schülerinnen und Schüler sich außerhalb des Unterrichts mit einem Thema beschäftigen und dieses somit Teil ihres Alltags wird. Außerdem wird durch die Integration von Karikaturen und Zitaten innerhalb von Aufgaben aus dem Anforderungsbereich III das Abstraktionsvermögen gefördert (z.B. S.111). Zur Lösung der Aufgaben werden ausreichend Materialien und Hinweise gegeben; eine Anleitung zu verschiedenen Sozialformen fehlt.

Fachdidaktische Positionen und Fragestellungen
Im vorliegenden Buch wird insgesamt eine abwechslungsreiche Vielfalt an Unterrichtskonzepten vorgestellt. Die Anteile von Handlungs-, Frage- und Problemorientierung sind weitestgehend ausgeglichen. Bezüglich der fachdidaktischen Konzepte der Autoren wird zwar die Förderung einer raumbezogenen Handlungskompetenz berücksichtigt, allerdings schwerpunktmäßig nur im letzten Kapitel. Hier und an anderen Stellen im Buch werden Vor- und Nachteile der Globalisierung thematisiert, welches zu einer mehrperspektivischen Sichtweise eines Aspekts innerhalb einer Problemanalyse führt, die nicht auf einen Kontinent beschränkt bleibt. Auch in den Kapiteln 1-3 wird eine mehrdimensionale Sicht sowie Empathiefähigkeit gefördert, beispielsweise durch das Hineinversetzen in einen Fischer am Aralsee (S. 17), allerdings bleiben diese Ansätze zu selten.
Die Entwicklung einer Handlungskompetenz und zu einem nachhaltigen, verantwortungsbewussten Umgang mit der Erde wird zum einen durch die gewählten Unterthemen, wie z.B. „Ökologische Katastrophe am Aralsee“ gewährleistet. Zum anderen wird beispielsweise als Abschlussdiskussion des Buches vorgeschlagen, den Satz „Wir leben in einer Welt“ zu diskutieren, welches alle Facetten einer Unterrichtseinheit zur anzustrebenden Handlungskompetenz umfasst. Allerdings wird der konkrete Bezug zur Alltagswelt der Schülerinnen und Schüler häufig vernachlässigt.
Das Lehrwerk vermittelt insgesamt eine globale Sichtweise. Dies wird daran deutlich, dass immer wieder Bezüge zwischen der Bedeutung einzelner Regionen zur Erde hergestellt werden. Durch die Kombination des Exemplarischen im ersten Teil des Buches (Kapitel 1-3) und der Zusammenführung zu einer globalen Sicht auf die Aspekte in Kapitel 4 wird der gesamtheitliche, geographische Blick geschult. Die aufgenommene Karte „Wer sagt eigentlich, dass Australien ‚down under‘ liegt“ (S. 116) ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie eine eurozentrische Weltansicht der Schülerinnen und Schüler verhindert werden kann.
Insgesamt werden im vorliegenden Schulbuch alle Kompetenzbereiche der von der Deutschen Gesellschaft für Geographie aufgestellten Bildungsstandards des Faches Geographie (Fachwissen, Räumliche Orientierung, Erkenntnisgewinnung/Methoden, Kommunikation, Beurteilung/Bewertung, Handlung) und damit Wege zur selbstständigen Problemlösung angesprochen, allerdings tauchen Anregungen dazu innerhalb des Buches in sehr unterschiedlichen Gewichtungen auf.

Fachwissenschaftliche Aktualität
In den ersten drei Kapiteln besteht eine ausgeglichene Kombination aus allen Bereichen der Geographie, wie beispielsweise Klima und Landschaftgenese mit wirtschaftsgeographischen und stadtgeographischen Aspekten. Im problemorientierten Kapitel 4 wird der Kern auf die Humangeographie gelegt. Allerdings werden auch hier teilweise ökologische Aspekte mit anthropologischen Faktoren verknüpft, wenn es z.B. um eine nachhaltige Ausbildung von Verantwortung für die Erde geht. Neben den fachwissenschaftlichen Aspekten werden durchaus auch viele historische und gesellschaftspolitische Themen untersucht, dies gelingt v.a. in den „Geo-Exkursen“. Die Texte und Materialien entsprechen dem Aktualitätsanspruch und integrieren sehr gut zeitgemäße Ereignisse wie beispielsweise das Vorkommen aktueller Hurrikans (S. 48).

Fazit
Insgesamt ist das vorliegende Schulbuch ein interessantes und einsetzbares Buch, welches sich durch einen hohen Grad an Anschaulichkeit auszeichnet. Die Kombination aus exemplarischer und globaler Sichtweise fördert das mehrperspektivische Denken. Der problemorientierte Weg hin zu einer raumbezogenen Handlungskompetenz wird durch viele Beispielaufgaben im letzten Kapitel geebnet, allerdings wird dieser Aspekt in den übrigen Kapiteln partiell vernachlässigt. Trotz dieses Kritikpunktes und weiterer Schwächen in Bezug auf die breitere Verteilung der angesprochenen Kompetenzen auf die