Geschichte, 7./8. Schuljahr, Gesamtschule, Gymnasium
Expedition Geschichte G2
Herausgegeben von | Barceló, Pedro A., Florian Osburg und Dagmar Klose |
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Erschienen | Braunschweig: Diesterweg, 2004 |
Seitenanzahl | 356 |
ISBN | 978-3-425-03262-7 |
Geeignet für | Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Thüringen |
Rezensiert von | Konicz, Sina und Claudia Karsten (Studierende), 1. June 2009 |
Reihe | Expedition Geschichte G |
Projekt | Christian-Albrechts-Universität Kiel, Wintersemester 2008/09 |
Rezension von Konicz, Sina und Claudia Karsten (Studierende)
Einleitung
Die Lehrwerkreihe „Expedition Geschichte“ aus dem Diesterweg-Verlag umfasst vier Bände und ist für den Geschichtsunterricht der gymnasialen Sekundarstufe I konzipiert. Der zweite Band, der dieser Rezension zugrunde liegt, ist für die Klassenstufe 7/8 vorgesehen. Sämtliche Bände von „Expedition Geschichte“ verfolgen einen chronologischen Abriss der Geschichte und entsprechen damit den Lehrplanvorgaben der Länder Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Das Lehrwerk lässt sich als Lehr- und Arbeitsbuch benutzen. Bereits im Vorwort wird darauf hingewiesen, dass das Autorenteam besonderen Wert auf Multiperspektivität und Kontroversität legt. Es gibt nie die eine Geschichte. Daher ist auch der Autorentext zu einem gewissen Teil subjektiv ausgerichtet . Diese subjektive Prägung zeigt sich beispielsweise im zweiten Kapitel auf Seite 74 (Thematik: Leben im Kloster. Mit seiner Aussage „wir drehen uns um, wenn wir eine Nonne oder einen Mönch sehen“ schließt der Autor von sich auf die Allgemeinheit; er ist damit nicht mehr objektiv). Gleichzeitig wird auf größtmögliche Neutralität verwiesen, die bis auf wenige Ausnahmen, wie die eben genannte, auch eingehalten wird. Des Weiteren wird im Vorwort betont, dass ein für die Schülerinnen und Schüler leichter Umgang mit diesem Geschichtsbuch angestrebt wird. Für die Rezension des zweiten Bandes wurden exemplarisch das erste Kapitel („Herrschaft und Kirche im Mittelalter“) und das fünfte Kapitel („Die großen Revolutionen“; der Schwerpunkt lag in diesem Kapitel auf der Französischen Revolution) ausgewählt und vor allem auf didaktisch-methodische Kriterien und fachwissenschaftliche bzw. inhaltliche Gesichtspunkte untersucht.
Konzept
Den Anfang macht ein außergewöhnliches Inhaltsverzeichnis. Hier besticht einerseits die Ausführlichkeit des Buches (einigen Themen räumen die Verfasser im Buch bis zu 60 Seiten ein, die Themenkomplexe sind in bis zu acht kleinere Einheiten und diese in weitere Unterthemen gegliedert), andererseits wird bereits hier das Problem deutlich, dass eine Lehrkraft mit maximal 2-3 Stunden Geschichtsunterricht in einer Schulklasse kaum alle Themen wird behandeln können. Die Ausführlichkeit der Kapitel ist allerdings auch als Möglichkeit der Schwerpunktsetzung zu betrachten. In der anschließenden Einführung zum Aufbau des Buches erläutert das Autorenteam in Kurzform und mit persönlicher Anrede an die Schülerinnen und Schüler die Komponenten des Lehrwerks. Es folgen die sieben Themenkomplexe und abschließend ein 5-seitiges Glossar, das angesichts des gesamten Buchumfanges etwas ausführlicher hätte ausfallen können, ein ebenfalls 5-seitiges Register, ein Literaturverzeichnis und ein Abbildungsnachweis. Die schriftliche Aufmachung ist übersichtlich. Themenüberschriften sind durch Fettdruck und farbliche Unterlegung gekennzeichnet, Quellentexte durch Kursivdruck zu erkennen und die Arbeitsaufträge (durch Formulierungen wie „nenne“, „diskutiere“, „vergleiche“, „begründe“ verständlich und vielseitig gestaltet) sind mit einem „A“ schnell ausfindig zu machen. Negativ fällt auf, dass zentrale Begriffe zu wenig hervorgehoben werden und dadurch von den Schülerinnen und Schülern im ersten Moment überlesen werden könnten.
Methodisch-didaktische Aspekte
Bei den Autorentexten fällt sogleich die Einteilung in kleinere Sinnabschnitte ins Auge; eine gelungene Maßnahme, die den Text auflockert. Es gibt keine strikte Trennung von Darstellungs- und Arbeitsteil; das Quellenmaterial wurde in den Darstellungsteil integriert. Auch dies ist positiv zu bewerten, da die Quellen als direkter Anknüpfungspunkt an das vorher Dargestellte dienen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise zeigt sich im ersten Kapitel zum Beispiel an der Einheit „Investiturstreit“ auf Seite 33 (geschildert wird der Gang Heinrichs IV nach Canossa). Die Darstellung umfasst lediglich 20 Zeilen und stellt die Hintergründe dieses Ereignisses dar. Das eigentliche Ereignis wird den Schülerinnen und Schülern anhand eines Schreibens des Papstes an die deutschen Fürsten genau beschrieben. Die Integration der Quellen hat zwei Vorteile: Der praktische besteht darin, dass ihnen das Zurückblättern im Buch erspart wird, wenn sie einen Bezug zwischen dem Quellenmaterial und dem Dargestellten herstellen sollen. Der zweite Vorzug ist didaktischer Natur: Es ist für die Schülerinnen und Schüler viel interessanter und nachhaltiger, Ereignisse wie den Gang nach Canossa aus „erster Hand“ kennen zu lernen, als die Fakten vollkommen emotionslos in einer Darstellung präsentiert zu bekommen, die im Anschluss durch Quellenmaterial ergänzt werden. „Expedition Geschichte“ legt in methodischer Hinsicht besonderen Wert auf die Arbeit mit schriftlichen Quellen und ist daran interessiert, die Schülerinnen und Schüler in das historische Arbeiten einzuführen. Rubriken wie „Archiv“ (eine Sammlung bedeutender Quellentexte), „Geschichte kontrovers“ (Quellenmaterial zu umstrittenen Themen wie zum Beispiel der Bewertung des Investiturstreits) und „Gewusst wie“ (eine Aktualitätsbezug herstellende Methodenschulung, mit der die Schülerinnen und Schüler unter anderem lernen sollen, was ein Siegel ist, wie Anlass und Ursachen eines Krieges zu unterscheiden sind oder welche Bedeutung die Kleidung der Revolutionäre zur Zeit der Französischen Revolution hatte und welche Bedeutung Kleidung heute hat) verdeutlichen dieses Anliegen. Vor allem die Rubrik „Geschichte kontrovers“ fördert durch die in den Texten vertretenen unterschiedlichen Standpunkte (z.B. im Urteil moderner Historiker zur Französischen Revolution) den Umgang mit Kontroversität. Der zweite Band der Lehrwerkreihe bietet unter der Rubrik „Expedition Geschichte“ insgesamt sechsmal die Möglichkeit für Projektarbeiten, Experimente oder Spiele. Es herrscht ein ausgewogenes Verhältnis von Text- und Bildmaterial. Lässt man die einführenden Auftaktdoppelseiten der einzelnen Kapitel, die zu mehr als 50% aus Bildmaterial bestehen (z.B. S.64/65, S.172/173, S.294/295), unberücksichtigt, ergibt sich für die übrigen Seiten in etwa ein Verhältnis von 1/3 Bildmaterial zu 2/3 Text (z.B. S.12, 86, 130, 254). Diese Verteilung ist natürlich nicht auf allen Seiten vorzufinden. Es gibt auch Seiten, die nur aus Textmaterial bestehen (z.B. S.34/35): Zu dieser Doppelseite, die sich mit schriftlichen Quellen zum Investiturstreit bzw. Historikermeinungen zu den Siegern des Investiturstreits befasst, würden allerdings auch keine Bilder passen, da sie von den Inhalten der Texte ablenken könnten. Auf einigen Seiten (z.B. S.78/79), auf denen das Bildmaterial mehr als ein Drittel des Platzes beansprucht, wird der positive Effekt erzielt, die Schülerinnen und Schüler jedes Detail der Darstellung erkennen zu lassen. Im Falle einer Verkleinerung des Bildes auf Seite 78/79 hätten diese wahrscheinlich Schwierigkeiten, alle Details der Darstellungen zu erfassen. Die Bilder sind überwiegend mit einem Arbeitsauftrag verbunden und dienen dementsprechend nicht der bloßen Illustration. Positiv muss angemerkt werden, dass das gesamte Bildmaterial von sehr hoher Qualität ist. Das gilt etwa für Seite 150, wo die Lage der Bauern während der Bauernkriege für die Lernenden graphisch verständlich aufgearbeitet wird. Gleiches gilt für die Ergebnisse des Augsburger Religionsfriedens (S.156) und des Westfälischen Friedens (S.166). Auch die Graphiken zuden verschiedenen Verfassungen (S.216, 230, 234, 283) sind sowohl farblich als auch inhaltlich sehr gut gelungen.
Fachwissenschaftliche und inhaltliche Anmerkungen
Die Darstellung der historischen Ereignisse weist keine Fehler auf. Allerdings zeigt sich auch in diesem Lehrwerk die Problematik bezüglich der Darstellung des Lehnswesens. Auf Seite 12/13 findet sich die Bemerkung: „Du findest oft den Ausdruck Feudalismus. Er steht für das Lehnswesen.(....)“ Diese Aussage ist in dieser Form nicht zutreffend, da der Begriff „Feudalismus“ eine im weiteren Sinn von adligen Grundherren bestimmte Gesellschaftsordnung meint. „Lehnswesen“ meint dagegen den engeren Sinn von Feudalismus, d.h. die Gesamtheit der rechtlichen Bestimmungen für das Verhältnis zwischen Lehnsherr und Vasall (nach: Karl Heinz Spieß: Das Lehnswesen). Eine ähnliche Problematik ergibt sich bei der Darstellung der Lehnshierarchie. Im Lehrwerk findet sich zweimal die Lehnspyramide (S.14/S.41), die erneut eine missverständliche Darstellung der Heerschildordnung bietet. In der Darstellung auf Seite 14 wird nicht deutlich, welche Personenstände unter „Königsvasallen“ und „Untervasallen“ zusammengefasst werden. Die Abbildung auf Seite 41 ist in dieser Hinsicht besser, macht aber auch nicht deutlich, dass jeder Vasall entsprechend seiner Heerschildstufe aktiv Lehen verleihen konnte, auch wenn er direkt vom König belehnt war.
Fazit
Insgesamt ist dem Autorenteam mit dem zweiten Band der Reihe „Expedition Geschichte“ ein ansprechendes Unterrichtswerk gelungen. Es besticht vor allem durch informative Darstellungstexte und überwiegend gutes Bildmaterial (auf die Problematik der Lehnspyramide wurde hingewiesen). Die unterschiedlichen Methoden für den Umgang mit Geschichte, die durch die Rubriken „Archiv“, „Geschichte kontrovers“ und „Gewusst wie“ eingeübt werden, bieten den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich eigenständig mit den historischen Ereignissen auseinander zu setzen. Wünschenswert wäre es, die jeweils für die einzelnen Kapitel zentralen Begriffe kenntlich zu machen.