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Sozialkunde / Politik, Andere Schulstufe, Andere Schulart

Blickpunkte Politik/Sozialkunde für berufliche Schulen

Blickpunkte Politik/Sozialkunde für berufliche Schulen
Herausgegeben von Brinkmann, Klaus und Crista Penschow
Erschienen Hamburg: Handwerk und Technik, 2014
Seitenanzahl 360
ISBN 978-3-582-01831-1
Geeignet für Baden-Württemberg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein
Rezensiert von Lehmann, Rocco (Student), 29. Oktober 2014

Rezension von Lehmann, Rocco (Student)


Einleitung
Der Verlag Handwerk und Technik hat in seiner 5. Auflage des Lehrbuches „Blickpunkte Politik/Sozialkunde“ 360 prall gefüllte Seiten vorgelegt. Hier werden viele verschiedene Aspekte der thematisierten Schwerpunkte behandelt. Beispielsweise wird versucht den Themenbereich Demokratie in seiner gesamten Breite über einen historischen Abriss dem Lernenden näher zu bringen. Über die „Idee der Demokratie“, die Weimarer Zeit und das NS-Regime werden bis zur Wiedervereinigung auf mehr als 50 Seiten viele Momente der deutschen Geschichte mit der „Idee der Demokratie“ verwoben. Auf separaten Methodenseiten in diesem Kapitel sollen hierbei Methoden- und Handlungskompetenzen der Schüler aufgebaut und gefestigt werden. Diese Umfänglichkeit zeigt bereits, dass das Lehrbuch sehr hohe Ansprüche, auch an sich selbst, stellt und teilweise über das Ziel hinausschießt.

Überblick über Aufbau, Inhalt und Konzept
Das Buch ist in neun Themenschwerpunkt gegliedert:

Angekommen in der Arbeitswelt
Seinen Platz in der Gesellschaft finden
Demokratie heute – ein langer Weg
Wir in Deutschland – Staat und Gesellschaft
Tägliches Handeln – wirtschaftliche und rechtliche Grundlagen
Unsere Gesellschaft im Wandel – Wirtschafts- und Sozialpolitik
Deutschland – mitten in Europa
Für eine lebenswerte Welt – Umweltschutz
Global betrachtet – internationale Beziehungen.

Darüber hinaus ist noch ein 13-seitiges, sehr umfangreiches Sachwortverzeichnis und das übliche Bildquellenverzeichnis enthalten.
Das Inhaltsverzeichnis ist graphisch übersichtlich gestaltet, d.h. die Themenüberschriften sowie Unterüberschriften sind fett gesetzt und die Methodenseiten blau hervorgehoben. Die Kapitelüberschriften sind mit verschiedenen Farben gekennzeichnet, die sich durch das gesamt Buch ziehen und eine zusätzliche Hilfe zur Orientierung bieten. Darüber hinaus sind die Checklisten zur Selbstlernkontrolle am Ende der Kapitel unter dem Titel „Was sie wissen sollten“ ebenfalls hervorgehoben.
Beim Blättern fällt auf, dass im Lehrbuch jede freie Ecke genutzt wurde. Die Seiten wirken teilweise etwas überladen, auch wenn hier zum Teil mit farbigen Kästen u.ä. gearbeitet wird. In der Marginalspalte befinden sich Kästchen mit Zusatzinformation, aber auch grundlegenden Definitionen und Fakten, die für den Unterricht und das Verständnis der Lernenden essentiell sind.
Ergänzt werden die Textteile mit Auszügen aus Gesetzen, Grafiken und Diagrammen, Abbildungen, Fotografien und Zeichnungen. Die Qualität der Abbildungen und Fotografien ist durchgängig gut. Die Beispiele sind ebenso wie Grafiken und Diagramme weitestgehend aktuell (Bsp.: die gescheiterte Übernahme von VW durch Porsche, die Anhebung des Rentenalters auf 67 und Stuttgart21).
Positiv anzumerken ist die farbliche Gestaltung des Lehrbuches. Auch wenn hier viele verschiedene Farben eingesetzt werden, so ist doch die Gestaltung eher dezent und sticht nicht ins Auge. Die vielfältige Gestaltung macht das Lehrbuch sehr schülerorientiert. Karikaturen, Tabellen, kurze Texte und andere Elemente helfen dem Lehrenden den Unterricht methodisch abwechslungsreich zu gestalten. Die Schüler sind durch die Aufgaben stets angehalten, sich einzubringen und aktiv am Unterricht mitzuarbeiten. Die Alltagsnähe der Beispiele macht das Ganze für die Lernenden sehr gut fassbar und bietet auch dem Lehrenden die Möglichkeit, eigene Lernsituationen daraus abzuleiten. Über die Methodenseiten werden zusätzlich verschiedene Schülertypen angesprochen, da hier unterschiedliche Aktivitäten erläutert und ausprobiert werden.

Charakterisierung der didaktischen Gestaltung
Sehr gut gelungen ist die Einbettung in allgemeine und berufliche Handlungssituationen, die stets der Teilüberschrift folgt. Darüber hinaus werden auch Aufgaben mit weiteren praxis- und schülernahen Situationen anschaulich gestaltet. Die Selbstlernkontrolle am Ende eines jeden Kapitels ist sehr umfangreich. Allerdings differenziert sie nicht nach Berufsschule, Fachschule oder beruflicher Fachschule. In welchem Umfang hier die Schüler wirklich informiert sein sollten, muss in diesem Moment der Lehrer vorgeben, um es den Lernenden so zu ermöglichen eine Lernstandserhebung selbst durchzuführen. Bei dieser Tabelle wäre es sinnvoll gewesen, noch eine kleine zusätzliche Spalte zum Abhaken hinzufügen, obwohl dies natürlich problematisch bei der Verwendung als Klassensatz gewesen wäre.
Die Methoden-Doppelseiten „Handeln – aktiv sein“, von denen 15 im Lehrbuch vorkommen, sind sehr gelungen. Hier werden unterschiedliche Kompetenzen der Schüler trainiert und vor allem auch sehr gut erklärt. Stets wird anhand von kleinschrittig erläuterten Beispielen wie Textauszügen oder Abbildungen eine Kompetenz verständlich erläutert und am Ende in einer Aufgabe angewendet. Kritisch zu beurteilen ist hier jedoch z.B. eine Abbildung einer Wordversion von Office XP (S. 40), die die verschiedenen Typen von Diagrammen veranschaulichen soll. Obwohl es auf dieser Methodenseite um das Erstellen von Flussdiagrammen geht, zeigt dieses Bild auch Kreisdiagramme, Hierarchiepyramiden und Schnittmengenvisualisierungen. Ggf. könnte dies die Lernenden verwirren, da die Bezeichnung „Flussdiagramm“ nicht vorkommt. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umgang mit der Methode des Konfliktgesprächs, die nicht auf den Methodenseite, sondern in einem Kapitel vermittelt wird. Weshalb die Methode des Konfliktgesprächs separat geführt wird und auf den beiden nachfolgenden Seiten über Mediation gesprochen wird, ist leider nicht nachvollziehbar. Eventuell wollten die Autoren nicht von der Doppelseitengestaltung abweichen.
Über die Methodenseiten werden die Lernenden sehr gut angehalten ihre fachspezifischen Kompetenzen auszubauen, sei es das Lesen und Verstehen von Gesetzestexten, die Durchführung einer Debatte (leider erst am Ende des Lehrbuches) oder eines Planspiels, die Erarbeitung einer Zeitleiste oder das Suchen, Aus- und Bewerten von Nachrichten. An dieser Stelle wird das Portfolio der Fachdidaktik sehr gut aufgefächert. Selbstständiges Denken und Handeln der Lernenden wird hier hervorragend gefördert.
Die Aufgaben, die das Lehrbuch darüber hinaus enthält, reichen von einfachen „Nennen“-Aufgaben bis hin zu Erläuterungen und dem selbstständigen Zusammentragen von Argumenten, der Gestaltung von Plakaten und umfassenden verschiedene Sozialformen wie Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit. Die Aufgaben sind klar und schülergerecht formuliert. Dies zeichnet die sehr gute Differenzierung der Aufgaben nach Leistungsstufen aus.
Gut gelungen ist ebenfalls die Einbindung der Erläuterung von Fachbegriffen in der Marginalspalte. Die Schüler müssen nicht erst nachschlagen, sondern können die Definitionen direkt im Kontext lesen. Dabei wird auch auf andere Abschnitte im Lehrbuch verwiesen.
Der Umfang der Textauswahl und der Beispiele könnte jedoch die Lernenden überfordern bzw. die Freude am Unterricht trüben. Beispielsweise ist die Gestaltung des Themas „Seinen Platz in der Gesellschaft finden“ sehr ambitioniert. Die Texte, Grafiken, Abbildungen und Randnotizen sind voller wichtiger und richtiger Informationen, aber eine Vorauswahl durch die Autoren hätte den Zugang für die Schüler an dieser Stelle vielleicht vereinfacht. Auf der anderen Seite liegt so die Auswahl beim Lehrenden selbst, der so den Interessen seiner Schüler folgen kann.
Im Großen und Ganzen lässt sich mit dem Material sehr gut arbeiten, allerdings gibt es einige Ausnahmen. Im oben genannten Kapitel, in dem unter anderem das Freizeitverhalten von Jugendlichen thematisiert wird,  wird auf eine Umfrage Bezug genommen, die das Freizeitverhalten der Deutschen ab 14 Jahre wiederspiegeln soll. Dabei kommen Zweifel an der Aussagekraft dieser Umfrage auf. Einerseits stellt sich hier die grundlegende Frage, ob hier nur Jugendliche ab 14 Jahren oder alle Deutschen ab 14 Jahren befragt worden. Zum anderen deuten die aufgeführten Beispiele wie „Radio hören“, „Spazieren gehen“ und „im Garten arbeiten“ darauf hin, dass  übliche Freizeitaktivitäten Jugendlicher, wie „Freunde treffen“ und „Shoppen gehen“ nicht erfasst wurden.
Ohne alle Lernenden über einen Kamm scheren zu wollen, sind die Texte für manche Berufsgruppen etwas zu umfangreich und detailliert. Exemplarisch sei hier Kapitel 3 „Demokratie heute - ein langer Weg“ genannt. Hier wird ein Bogen von der Antike bis in die Gegenwart gespannt. Die Fülle an Informationen könnte den einen oder anderen Lernenden überfordern, auch weil es leider fast zu einer reinen Institutionenkunde verkommt.

Fazit
Das Buch bietet eine Fülle an Materialien, die im Unterricht an einer Berufsschule aufgrund des geringen Zeitumfangs unseres Faches nur in Auszügen verwendet werden können. Es kann und sollte dem Lehrenden an der Berufsschule vor allem für die Vorbereitung dienen und nur in Auszügen im Unterricht eingesetzt werden. Besonders die Erklärungen der Methodenseiten können dem Lehrenden als Anregung dienen, einmal etwas Neues in den Unterricht einzubauen.


Lizenz: CC BY-ND 4.0 Lizenz „Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International“ (CC BY-ND 4.0)


Info Zitation Lehmann, Rocco. Rezension zu: Blickpunkte Politik/Sozialkunde für berufliche Schulen von Brinkmann, Klaus und Crista Penschow (Hg.). Hamburg: Handwerk und Technik 2014, ISBN 978-3-582-01831-1, Edumeres 2014, https://edu-reviews.edumeres.net/rezensionen/rezension/lehmann-rocco-24/, zuletzt geprüft am 26.03.2024.