Geschichte, 5./6. Schuljahr, 7./8. Schuljahr, 9./10. Schuljahr, Realschule
Geschichte kennen und verstehen 7
Herausgegeben von | Feller, Nils |
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Erschienen | München: Oldenbourg, 2001 |
Seitenanzahl | 144 |
ISBN | 978-3-637-88867-8 |
Geeignet für | Bayern |
Rezensiert von | Hesse, Mandy (Studentin), 29. December 2011 |
Projekt | Leibniz Universität Hannover, Sommersemester 2011 |
Rezension von Hesse, Mandy (Studentin)
Einleitung
‚In der Kürze liegt die Würze’, das war der erste Satz, der mir einfiel, als ich das Geschichtsbuch „Geschichte kennen und verstehen“ in der Hand hatte. 132 Seiten unterrichtsrelevanter Inhalt sind für ein Geschichtsbuch recht wenig. Dies soll keinesfalls eine Kritik am Umfang des Buches sein, vielmehr begrüße ich die Kürze, da ich den Eindruck habe, dass dieses Buch viel Raum für einen abwechslungsreichen Geschichtsunterricht lässt.
Wie schon erwähnt, trägt das Schulbuch den Titel„Geschichte kennen und verstehen“. Dabei handelt es sich um die Erstauflage, welche 2001 beim Oldenbourg Schulbuchverlag in München erschienen ist. Zugelassen ist dieses Werk für die 7. Klassen bayrischer Realschulen. Die thematischen Schwerpunkte des Geschichtsunterrichts, laut bayrischen Kerncurriculum, sind die 1000 Jahre des europäischen Mittelalters bis zur Frühen Neuzeit. Das Schulbuch sieht bei der Einteilung dieser Epoche folgende vier thematischen Schwerpunkte vor: Das Werden des mittelalterlichen Europa, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur im Mittelalter, Europa im Wandel vom Mittelalter zur Neuzeit und Reformation und Kampf um die Vorherrschaft in Europa. Neben dem Schülerband kann von Lehrkräften ein Lehrerband bestellt werden. Dieser beinhaltet unter anderem: Didaktisch-methodische Hinweise, Tafelbilder, Kopiervorlagen etc.
Autorenkonzept
Beim ersten Durchblättern wird das Konzept der Autoren schnell klar: viele Materialien und kurze, aber präzise Autorentexte. Optische Anreize durch eine große Anzahl an verschiedensten Bildmaterialien erleichtern den Schülerinnen und Schülern den Zugang zur Geschichte. Leider gibt es keinerlei Absichtserklärung der Autoren oder des Verlags zu diesem Buch. Dies ist sehr schade, da es einer Erklärung der Lehrkraft bedarf, um das Buch richtig händeln zu können. Ein Beispiel dafür ist, dass im Text oft Worte und Personen fett markiert sind. Diese Hervorhebungen sollen den Schülerinnen und Schülern wohl helfen, die richtigen Termini und Personen zu lernen und diese dann auch zu benutzen. Leider kann man den Sinn dieser Markierung nur vermuten, da es im Buch selbst keinerlei Erläuterungen gibt.
Aufbau des Buches
Das Buch ist in einem leuchtend blauen Hardcovereinband eingebunden, in der Mitte des Einbands befinden sich kleine, verschiedenfarbige Kästchen mit Abbildungen zum Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Vor dem Inhaltsverzeichnis enthält das Schulbuch eine Doppelseite mit einem farblich gestalteten Zeitstrahl und diversen Abbildungen zum Thema Mittelalter und Frühe Neuzeit. Der Zeitstrahl umfasst die Jahrhunderte von 500 n. Chr. bis 1700 n. Chr. und ist horizontal unterteilt. Er zeigt grob die Epochen, Baustile, Herrschergeschlechter, wichtige Daten und Geschehnisse und dient gut zur Orientierung.
Der Buchaufbau folgt den oben genannten thematischen Vorgaben des Kerncurriculums. Das Inhaltsverzeichnis ist klar strukturiert, die vier thematischen Schwerpunkte sind auf einer Doppelseite präsentiert. Im fünften Kapitel findet sich das ebenfalls vom Kerncurriculum geforderte „Wiederholen, Verknüpfen und Vertiefen“. Im letzten ‚Kapitel’ ist der Anhang untergebracht. Er enthält sowohl Namen- und Sachregister, Erläuterung der Grundbegriffe, Impressum und das Literatur- und Bildquellenverzeichnis. Am Ende des Inhaltsverzeichnisses werden die verwendeten Bildfiguren erläutert: ein „rotes Buch auf einer Wolke“, verweist auf Geschichtserzählungen und Sachbuchauszüge, die dazugehörigen Texte (je Hauptkapitel eine Doppelseite) sind rosa hinterlegt. Der “kleine schwarze Rabe, der ein Buch liest“, gibt Anregungen zum Basteln, Spielen und Kochen. Zu guter Letzt gibt es noch eine farblose Schriftrolle, diese markiert das vorangegangene Wort als Grundbegriff und verweist damit auf die Erläuterung im Anhang.
Es folgen die vier oben genannten Hauptthemen, die alle einen ähnlichen Umfang (ca. 25 – 33 Seiten) haben. Kapitel fünf, „Wiederholen, Vertiefen, Verknüpfen“ umfasst neun Seiten mit verschiedenen Materialien, Projektideen und einer Doppelseite „Auf den Spuren der Geschichte des Heimatraumes“. Letztgenannte soll den Schülerinnen und Schülern Anregung geben, historische Orte in Bayern zu besuchen.
Didaktisches Konzept
Jedes Kapitel beginnt mit einer Auftaktseite, diese visualisiert das folgende Thema, welches. danach auf Doppelseiten mit Hilfe verschiedener Materialien (Quellenauszüge, Karten, Abbildungen und Schaubilder) abgehandelt wird. Jeder Teilaspekt wird auf einer Doppelseite dargestellt, eine Seite besteht aus diversen Materialien und Aufgabenstellungen, die andere Seite enthält wissenschaftlich aktuelle Autorentexte und zusätzliche Materialien mit Aufgaben. Die Autorentexte sind altersgerecht und kurz gehalten, aber enthalten trotzdem alle wichtigen Informationen und bieten den Schülerinnen und Schülern einen ausreichenden Einblick in die Thematik. Hin und wieder werden zwei Doppelseiten verwendet, dann beginnt das Teilthema mit einer Doppelseite Materialien und hat im Anschluss eine Doppelseite Autorentext. Auch hier werden die Autorentexte von zusätzlichen Abbildungen aufgelockert.
Die Seiten 12 und 13 enthalten einen Auszug aus einer Erzählung (Gertrud Ott: Widukind. Eine Geschichte aus der Zeit Karls des Großen. Stuttgart 1992.) über einen kleinen sächsischen Jungen, der sich mit einem Boten Widukinds über den Krieg zwischen Franken und Sachsen unterhält. Diese Geschichte ermöglicht den Schülerinnen und Schülern eine multiperspektivische Sicht auf das vorangegangen Teilthema Karl der Große und dessen Vergrößerung des Frankenreiches. Es werden nicht nur die ‚glorreichen’ Eroberungen Karls des Großen dargestellt, sondern auch die Seite der Sachsen in Form der Geschichte eines sächsischen Bauernjungens.
Die grünen Seiten des Spiel-Raums Geschichte schlagen, den Schülerinnen und Schülern z.B. ein Theaterspiel über die Vorgänge des Investiturstreits vor. Die Szenen und benötigten Schauspieler werden beschrieben, die verbale Kommunikation im Stück muss aber improvisiert werden. Die letzte Seite jedes Kapitels wird zur Überprüfung des Gelernten genutzt. Hier gibt es diverse kleine Aufgaben, welche den Schülerinnen und Schülern helfen sollen, das Vorangegangene zu rekapitulieren und ihr Wissen zu festigen, beispielsweise Silbenrätsel, Aussagen, die einer bestimmten Person zugeordnet werden müssen, Rätsel etc. Ein kleiner Zeitstahl visualisiert die wichtigsten Ereignisse des zuvor erarbeiteten Themas.
Materialien
Die verwendeten Materialien sind vielfältig. Es gibt verschiedene Arten von schriftlichen Quellen: Urkunden, Briefe, Chroniken etc. Die Länge der Quellen ist altersangemessen und variiert, allerdings ist keine länger als eine halbe Seite. Inhaltlich orientieren sich die Quellen an den Autorentexten. Dies soll aber nicht als Dopplung des Inhalts verstanden werden, sondern als Ergänzung um einen Sachverhalt zu verdeutlichen. Ein gutes Beispiel findet sich beim Thema Herrscherwahl durch die Kurfürsten (Seite 36/ 37): Die Quelle ist ein Auszug des Vertrages (1356), der die Wahl des deutschen Königs und Kaisers regelt. Im Autorentext wird auf die Wahl selbst kaum noch eingegangen, sondern die Problematiken in der Praxis aufgezeigt. Bei allen Quellen (schriftlich oder bildlich) sind die Angaben der Herkunft, des Autors, des Entstehungsdatums oder die Legenden meist vorhanden. Zu den schriftlichen Quellen kommen diverse Bildquellen aus Büchern oder Handschriften, geographische Karten und Schaubilder. Die Auswahl der Abbildungen ist vielfältig und dient nicht nur als Material, sondern auch der Visualisierung und dem Verständnis für zeitgenössische Kunst. Die Aufgabenstellungen zu den Bildquellen decken alle Anforderungsbereiche ab und trainieren somit die Methodenkompetenzen. Meist beginnen die Aufgaben mit der Wiedergabe des Abgebildeten, danach werden Zusammenhänge hergestellt und zuletzt wird durch eine Transferaufgabe eine Reflexion des Themas erreicht. Schaubilder ermöglichen den Schülern ein leichteres Verständnis für komplexe Zusammenhänge, beispielsweise die unterschiedliche Stellung der Bauern, Freie oder Unfreie, in der Grundherrschaft (Seite 15) oder die Lehnspyramide (Seite 14). Bildquellen erleichtern Schülerinnen und Schülern, genau wie die Schaubilder, das Erkennen von Thematiken, durch die Visualisierung können die Lerneinheiten besser abgespeichert werden.
Aufgaben
Die Aufgabenstellungen sind sehr unterschiedlich und decken die drei Anforderungsbereiche ab. Die Schülerinnen und Schüler lernen verschiedene Methoden kennen und erlangen dadurch eine höhere Fachkompetenz. Leider fehlt ein ausgewiesenes Methodenkonzept vollständig. Daher ist es Aufgabe des Lehrers, die verschiedenen Methoden den Schülerinnen und Schülern näher zu bringen. Die verwendeten Aufgaben pro Material variieren zwischen zwei bis vier. In jedem Falle bauen sie aufeinander auf und ermöglichen den Schülerinnen und Schülern selbständig Probleme zu erkennen, sich eine Meinung zu bilden und eigene Lösungsansätze zu finden. Es fällt auf, dass die Aufgaben sehr oft mit W-Fragen eingeleitet werden. Die gängigen Operatoren, beispielsweise nenne, erläutere, beschreibe etc. finden nicht durchgängig Verwendung. Neben den ‚normalen’ Aufgaben finden sich auch kreative Bearbeitungsmöglichkeiten, beispielsweise „Spiele die Einsetzung eines Bischofs vor bzw. nach dem Investiturstreit nach! Verteile dabei die Rollen und erarbeite passende Texte!“ (Seite 29). Solche Arbeitsaufträge motivieren die Schülerinnen und Schüler und bringen Abwechslung in den ‚Alltag’ des Geschichtsunterrichts.
Neue Medien
Die Fähigkeit, das Medium Internet als Arbeitsinstrument zu nutzen, findet leider kaum Berücksichtigung. An der einen oder anderen Stelle wird kurz drauf verwiesen, mit dem Internet zu arbeiten. Dies ist allerdings zu wenig, wenn man die herausragende Stellung des Internets in der heutigen Zeit beachtet.
Fazit
Die Kürze des Geschichtsbuches ist kein Problem. Es erfüllt alle Anforderungen, die das bayrische Kerncurriculum stellt. Die kreativen Aufgaben sowohl auf den Extraseiten, als auch in den normalen Aufgabenstellungen schaffen Raum für einen abwechslungsreichen Unterricht. Die Schülerinnen und Schüler erlernen wichtige Fachkompetenzen und festigen die Methoden der Geschichtswissenschaft. Die oben geäußerten Kritikpunkte fallen nicht allzu schwer ins Gewicht. Allerdings wäre es wünschenswert, in Zukunft das Internet mehr einzubinden.