Ethik / Philosophie, Oberstufe, Gesamtschule, Gymnasium
philo – Einführungsphase
Herausgegeben von | Gillissen, Matthias et al. |
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Erschienen | Bamberg: C. C. Buchner, 2014 |
Seitenanzahl | 222 |
ISBN | 978-3-7661-6649-4 |
Geeignet für | Nordrhein-Westfalen |
Rezensiert von | Koprek, Andrea und Liwan Emre Gül (Studierende), 6. June 2018 |
Rezension von Koprek, Andrea und Liwan Emre Gül (Studierende)
1. Einleitung
„Beurteile ein Buch nie nach seinem Umschlag!“ Dieses Prinzip der inneren Werte gilt nicht nur für Romane, sondern in diesem Fall auch für Schulbücher. Das Titelbild des Hardcovers von „philo Einführungsphase“ ist in rot, grau und weiß gehalten. Ein roter Bogen, der einen Torbogen nachempfinden soll und etwas leicht Kommunistisches an sich hat, umrahmt das Fresko Die Schule von Athen des Künstlers Raffael von 1510/11. Statt bei dem farblichen Original zu bleiben, wird es in Grau- und Weißtönen abgebildet und mit einem Filter überzogen, durch den es kaum wiederzuerkennen ist. Der Versuch, es schlicht und jugendlich wirken zu lassen, ist leider missglückt, was sich jedoch nicht für den Inhalt sagen lässt. Strukturiert und inhaltlich auf einander aufbauend werden sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrkräfte durch die verschiedenen Inhaltsfelder der Philosophie geführt. Die viele Arbeit mit differenzierten Texten entspricht ebenfalls dem Anspruch der Oberstufe.
2. Das Konzept
In das Konzept des Schulbuches wird in Form eines Vorwortes eingeführt. Hier stellen die Autorinnen und Autoren die Struktur ihres Buches vor und machen auf einzelne Besonderheiten aufmerksam. So steht das Eulensymbol beispielsweise für etwas anspruchsvollere Expertentexte. Schon beim Inhaltsverzeichnis wird deutlich: Dieses Schulbuch arbeitet mit Farben. Sowohl im Inhaltsverzeichnis als auch innerhalb der Kapitel dienen Farben der Strukturierung und Abwechslung. Die Inhaltsfelder des Philosophieunterrichts für die Einführungsphase werden ebenfalls abgedeckt. Von Der Mensch und sein Handeln über Werte und Normen des Handelns bis hin zu Geltungsansprüchen der Wissenschaften ist alles wiederzufinden. Das erste Kapitel widmet sich ganz der Eigenart philosophischen Fragens und Denkens, was das letzte Kapitel nochmals aufgreift und somit einen Bogen schlägt. Jedes der sieben Kapitel weist denselben Aufbau auf. Sie beginnen mit einer frei angeordneten Doppelseite auf schwarzem Hintergrund. Hier finden sich Bilder, Zeichnungen, Karikaturen, Zitate, Textausschnitte, etc. wieder, die einen kleinen inhaltlichen Vorgeschmack auf das folgende Thema bieten. Ein kurzes Durchblättern reicht, um festzustellen, dass als bevorzugtes Medium der Text verwendet wird. Häufig werden diese in Zusammenhang mit Bildern bearbeitet. Jedoch bekommt man schnell den Eindruck, dass die Hauptfunktion der Bilder diejenige ist, den Text nicht ganz so erschlagend wirken zu lassen, anstatt didaktisch sinnvoll mit dem Text verknüpft zu werden. Jedes Kapitel weist zudem mindestens eine (ebenfalls farblich hervorgehobene) Doppelseite zur Methodenkompetenz auf. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten auch hier meist mit Texten, jedoch werden die Aufgabenstellungen in bestimmte Kompetenzen eingebettet und die Schülerinnen und Schüler an das methodische Arbeiten herangeführt. Die letzten beiden Seiten eines jeden Kapitels geben die wichtigsten Aspekte noch einmal in Form von Stichpunkten oder Mindmaps wieder.
Der Fokus dieses Schulbuchs liegt eindeutig auf der Methodenkompetenz, da dieser ganze Doppelseiten gewidmet werden. Dennoch geraten auch die Sach-, Urteils- und Handlungskompetenz nicht in Vergessenheit, sondern finden innerhalb der Kapitel und ihrer Aufgabenstellungen Gebrauch. Leider wird beim Thema Moral und Ethik nicht genügend differenziert. Nahezu jedes Negativbeispiel für unmoralisches oder unethisches Verhalten bezieht sich auf die islamische Kultur. Hier ist die Rede von der Steinigung eines Liebespaars oder einer Pakistanin, der es verboten wird, auf die Geburtstagsfeier eines Mitschülers zu gehen. Warum solche Themen im Kapitel Moral und Ethik behandelt werden, scheint einleuchtend, die einseitige und stereotypische Beleuchtung der nahöstlichen Kultur ist jedoch alles andere als heterogen und in dieser Form nicht angebracht.
3. Materialien
Wie bereits erwähnt, ist das bevorzugte Medium des Schulbuches der Text. Die Texte gehen selten über eine Seite hinaus und es wird mit differenzierten Textsorten gearbeitet, was bei der Masse an Textarbeit jedoch auch ein absolutes Muss ist. Im weiteren Verlauf der einzelnen Kapitel dominiert das Doppelseitenprinzip. Die Texte sind meist vierspaltig und in Blocksatz angeordnet. Einige davon sind relativ anspruchsvoll (bspw. kantianische Textauszüge), allerdings weiß man durch das Eulensymbol immer, was auf einen zukommt. Bis auf den bereits erwähnten Kritikpunkt bezüglich der Einbettung der islamischen Kultur in das Thema Moral und Ethik weisen die Texte inhaltlich selten einen einseitigen Blick auf ein bestimmtes Thema auf. Häufig wird innerhalb eines Textes kontrovers diskutiert. Lediglich bei Themen wie dem Gottes- und Seelenbeweis, werden einseitige Darstellungen sinnvoll eingesetzt. Natürlich arbeitet das Schulbuch nicht ausschließlich mit Texten. Häufig werden neben den Texten Bilder der Autoren abgebildet. Auch Comics, Schaubilder, Karikaturen, Wahlplakate, Karten und Gemälde werden eingesetzt. Vereinzelt wird auch mit Tabellen gearbeitet. Die Schülerinnen und Schülern sollen diese meistens ausfüllen oder ergänzen, was bei einem Schulbuch jedoch relativ unvorteilhaft ist. Geeigneter wäre es, die Tabellen in Form von Kopiervorlagen für zusätzliches Lehrermaterial abzudrucken, um sie kopieren und direkt ausfüllen zu können.
4. Begleitmaterial
In den meisten Kapiteln des Schulbuches lassen sich an mehreren Stellen Medienhinweise in Form von Informationsboxen finden. Diese beinhalten Film- und Videobeispiele sowie Internetlinks, jedoch keine weiteren Literaturtipps für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler. Obwohl sie gut gewählt sind, ist dieser Fokus auf digitale Medien fragwürdig und leider unbegründet. Allerdings bieten die Materialien trotzdem sowohl Abwechslung als auch eine Vertiefung der jeweiligen Thematik. Der Verlag bietet neben den Hinweisen im Buch außerdem eine separat erwerbbare CD mit weiterem Lehrmaterial wie Lösungen, Arbeitsblättern und Klausurvorschlägen an. In dieser sind auch weitere Literaturangaben enthalten.
5. Aufgabenstellung
Der Großteil der in diesem Schulbuch angewandten Aufgabenstellungen deckt lediglich Anforderungsbereich II & III ab. Nur vereinzelt wird spezifisch Wert darauf gelegt, Operatoren aus Anforderungsbereich I anzuwenden. Allerdings ist dies aufgrund der überwiegend engen Textarbeit zumindest der Effizienz halber von Vorteil und trotz dieser Fokussierung auf Anforderungsbereich II & III bieten die Aufgabenstellungen eine sinnvolle und nachvollziehbare Bearbeitungsstruktur, die sich in ihrer Komplexität steigert. Durch die am Ende des Schulbuches platzierte Operatorenliste werden selbst unklar oder ungünstig formulierte Aufgabenstellungen und die geforderten Kompetenzen verständlich. Abgesehen von den regelmäßigen Medienhinweisen findet durch die Aufgabenstellungen hauptsächlich eine Arbeit am Text statt, die zwar in ihrer Textauswahl, jedoch nicht in ihrer Methodik Abwechslung bietet.
6. Fachwissenschaftliche Aktualität
Genau wie die große Vielfalt der Textsorten ist auch die Aktualität der im Buch behandelten Themen und Positionen mehr als nur ausreichend. Besonders gut ist, dass im Verlauf des Buches in keinem Kapitel traditionelle oder modernere Positionen überwiegen. Es findet nicht nur eine chronologische Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen statt, sondern die Textauswahl deckt gleichzeitig auch diverse inhaltliche Aspekte ab. Dieser Ansatz stellt sich als sehr effektiv heraus. Ebenfalls positiv anzumerken ist, dass das Buch mehr Wissenschaftsfelder als nur die der Philosophie behandelt und sie verknüpft: Psychologie, Soziologie, Naturwissenschaften und Biologie sowie politische Themenbereiche wie die Staatswissenschaften finden genügend Platz für eine sinnvolle Bearbeitung. Diese Vielfalt an Feldern und Positionen passt zu der thematischen Aktualität.
7. Fazit
„philo Einführungsphase“ bietet das, was der Titel verspricht: Einen Wegbegleiter durch die Einführungsphase der Sekundarstufe II. Eine klare und nachvollziehbare Struktur lässt sich auf den ersten Blick erkennen und auch allgemein ist das Buch visuell ansprechend. Bei einer Anzahl von 220 Seiten findet das Buch erfolgreich für alle Themen der Einführungsphase Platz und bietet durch eine große Textvielfalt abwechslungsreiche klassische und moderne Positionen. Hierbei wird allerdings durch die schiere Menge eine gewisse Grundkompetenz im Umgang mit Texten vorausgesetzt und von Lehrkraft und Schülerschaft erwartet. Zu anspruchsvoll wird das Buch allerdings nicht, lediglich fehlt trotz der Medienhinweise ein wenig methodische und mediale Abwechslung, was teils durch die Aufgabenstellungen bedingt ist. Obwohl mehreren Methodenkompetenzabschnitte Platz und Zeit eingeräumt wird, sind die Aufgaben in ihrer Struktur und in der Nutzung von Operatoren weitestgehend homogen. Hier sind Lehrkräfte, sofern sie diesem Problem entgegenwirken wollen, gezwungen, selbst eine Methodenvielfalt einzuführen oder das Buch lediglich als Basis zu benutzen. Diese Herangehensweise für die Arbeit mit dem Gesamtwerk ist keine Notwendigkeit, jedoch würde die Lehrkraft hierdurch die Nachteile der Struktur des Buches umgehen. Aufgrund der großen Textvielfalt bietet es sich gerade für solch eine Nutzung an. Ein Muss ist es aber nicht, da „philo Einführungsphase“ viele Charakteristika besitzt, die es gegenüber anderen Schulbüchern auszeichnet.