Geschichte, 5./6. Schuljahr, 7./8. Schuljahr, Gymnasium
Das waren Zeiten 1
Herausgegeben von | Brückner, Dieter et al. |
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Erschienen | Bamberg: C. C. Buchner, 2009 |
Seitenanzahl | 244 |
ISBN | 978-3-7661-4481-2 |
Geeignet für | Schleswig-Holstein |
Rezensiert von | Andresen, Martina, Gesche Lembke und Birte Schwien (Studierende), 9. Juni 2010 |
Projekt | Christian-Albretchts-Universität Kiel, Wintersemester 2009/10 |
Rezension von Andresen, Martina, Gesche Lembke und Birte Schwien (Studierende)
Einleitung
Das Geschichtsbuch „Das waren Zeiten 1 – Von den ersten Menschen bis zum Mittelalter“ aus dem C.C. Buchner-Verlag ist ein Lehrwerk, das sowohl für die 5. und 6. Jahrgangsstufe (G8-Abitur), als auch für die 6. und 7. Jahrgangsstufe (G9-Abitur) an Gymnasien in Schleswig-Holstein verwendet werden kann. Es ist im Jahr 2009 erschienen und für die Sekundarstufe I auf vier Bände angelegt. Wir untersuchen im Folgenden nur den ersten Band und hierbei im Speziellen das Kapitel „Das antike Griechenland“, das sich über 37 von insgesamt 244 reich bebilderten Seiten erstreckt. Für Lehrerinnen und Lehrer sind zahlreiche Begleitmaterialien erhältlich, z.B. „Arbeitsblätter für den kompetenzorientierten Geschichtsunterricht“, sowie passende Lehrerhefte zu allen Bänden. Außerdem stehen eine „kommentierte Linkliste“ sowie eine „Zusammenstellung der Regionalbezüge“ des Bandes als kostenlose pdf-Dateien auf der Homepage des Verlages zum Herunterladen zur Verfügung.
Format, Gestaltung und Regionalbezug
Positiv fallen sowohl Größe, als auch Gewicht des Buches auf. Es ist in einem handlichen DIN A4-Format gehalten und mit seinem stabilen Hardcover ist das Buch gerade für junge Unterstufenschüler und -schülerinnen sehr zu empfehlen. Die Einbandgestaltung fällt durch ihre schlichte Aufmachung ins Auge: vor einem leuchtend blauen Hintergrund ist ein Nydam-Boot abgebildet und stellt hier bereits, bevor man das Buch aufgeschlagen hat, den regionalen Bezug zu Schleswig-Holstein her, der laut Verlag auch durch die Verfassertexte, die Bild- und Textquellen – sofern inhaltlich möglich und sinnvoll – innerhalb aller „Das waren Zeiten“-Bände herausgestellt werden soll. Im ersten Band gelingt dies vor allem im Eingangskapitel „Wir begegnen der Vergangenheit“ und in den Kapiteln „Von der Antike zum frühen Mittelalter“ (z.B. Exkursionstipp zum Archäologischen Landesmuseum in Schloss Gottorf, S. 170) und „Leben und Herrschen im Mittelalter“ (z.B. Aufgabe in der eigenen Heimatregion nach Ortschaften zu suchen, die auf mittelalterlichen Landesausbau hinweisen, S. 201). In dem von uns untersuchten Kapitel über Griechenland findet sich nur ein einziger regionalgeschichtlicher Bezug, in Form eines Exkursionstipps zur Antikensammlung der Kunsthalle Kiel (S. 109).
Im Folgenden sollen vor allem anhand des Kapitels „Das antike Griechenland“ fachwissenschaftliche, methodisch-pädagogische sowie fachdidaktische Aspekte überprüft und bewertet werden.
Fachwissenschaftliche Aspekte
Das Schulbuch ist weitestgehend chronologisch aufgebaut. Es beginnt mit dem Thema „Wir begegnen der Vergangenheit“, das den Schülerinnen und Schülern einen guten Einstieg in den Geschichtsunterricht gibt. Dabei werden interessante und geschichtsträchtige Orte und Ereignisse Schleswig-Holsteins gezeigt und thematisiert. Die Heimat der Schülerinnen und Schüler weckt die Neugierde auf Geschichte und soll Lust auf den zukünftigen Geschichtsunterricht machen. Die weitere Einteilung beginnt dann mit der „Ur- und Frühgeschichte“, danach folgen „Das antike Griechenland“ und „Die römische Antike“. Das Buch schließt mit dem Thema „Mittelalter“ ab.
Im Schulbuch und insbesondere im Kapitel „Das antike Griechenland“ werden kulturwissenschaftliche Aspekte von Geschichte thematisiert. Mit den Göttern beschäftigen sich gleich mehrere Doppelseiten in den Unterkapiteln „Mythen und Menschen“ und „Feste für die Götter“. So wird den Schülerinnen und Schülern schon früh ein anderes Bild von Religion und Götterkult gezeigt, als sie es heutzutage kennen. Das erweitert das Geschichtsverständnis der Schülerinnen und Schüler und gibt ihnen die Möglichkeit, offener an Themen heranzugehen. Es werden moderne Forschungsstandards und Gender-Aspekte, soweit es in diesem Alter möglich ist, berücksichtigt, z.B. auf den Seiten 92 bis 95, wenn die „ungleiche Gesellschaft“ der Antike im Mittelpunkt steht. Dort werden unterschiedliche Lebensweisen vorgestellt und beschrieben. Dabei wird Wert darauf gelegt, dass den Schülerinnen und Schülern nicht von Anfang an eine Meinung aufgedrückt und vorgeschrieben wird. Die Autoren versuchen durch Teilüberschriften die Schülerinnen und Schülern schon vor Beginn des Lesens eines Abschnittes zum Nachdenken anzuregen. Das erreichen sie, indem sie einige Überschriften als Fragen formulieren wie z. B.: „Frauen ohne Rechte?“ oder „Wofür wurden Sklaven gebraucht?“.
Methodisch-pädagogische Aspekte
Das Schulbuch ist insgesamt sehr übersichtlich und strukturiert gestaltet. Jedes Kapitel ist klar gegliedert und beginnt mit der Kategorie „Geschichte erzählt“. Dabei dient entweder eine kurze Geschichte, eine Fabel oder auch ein Mythos als Einstieg für das dann folgende Kapitel und soll die Schüler auf die Thematik vorbereiten.
Allgemein wurde durch das Einfügen von Zwischenüberschriften darauf geachtet, die Texte nicht zu lang werden zu lassen und sie dadurch aufzulockern. Außerdem erleichtert diese Gestaltung den Schülerinnen und Schüler das Wiederauffinden eines bestimmten Themas. Um schwierigere Themen oder auch Techniken und Arbeitsweisen im Geschichtsunterricht gesondert zu erklären, wird die Rubrik „Lerntipps“ eingeführt. Im Kapitel „Das antike Griechenland“ gibt es z.B. einen Lerntipp zu „Wie werte ich Karten aus?“. Eine weitere Rubrik ist das „Projekt“. Es soll den Schülern interessante Angebote machen, sich mit Themen auseinander zu setzen, die über den Schulstoff hinaus gehen. Ein Projekt ist z.B. „Griechisch in unserem Alltag“. Dabei soll besonders der Bezug zur Gegenwart die Schüler anregen, sich mit Geschichte und den heutigen Überresten zu beschäftigen. Jedes Kapitel wird mit „Was war wichtig“ abgeschlossen. Dort werden noch einmal die wichtigsten Daten, Ereignisse und Namen genannt und in einer Zusammenfassung das Thema für die Schülerinnen und Schüler kurz und übersichtlich in Erinnerung gerufen. Besonders anschaulich und daher ebenso zielgruppengerecht ist es, dass schwierige und unbekannte Wörter wie z.B. Polis, Demokratie und Kolonisation schon in den Texten farbig markiert sind und bei Bedarf in der Rubrik „Was war wichtig“ nachgeschlagen werden können.
Fachdidaktische Aspekte
Jedes Großkapitel wird durch eine Doppelseite eingeleitet und unter der Überschrift „Geschichte erzählt“ mittels eines kurzen, narrativen Textes sowie einem dazu passenden, eineinhalb Seiten einnehmenden Bild vorgestellt. In dem zu untersuchenden Kapitel werden die Schülerinnen und Schüler mit einem Text über den Mythos der Europa auf das Thema eingestimmt. Zum einen wird die Bedeutung der Mythen bei den Griechen sowie bei der vermeintlichen Entstehung des Kontinents Europa deutlich. Die darauffolgenden Teilkapitel setzen sich aus darstellenden Seiten (Verfassertexte) und Materialienseiten zusammen. Der Themenkomplex „Das antike Griechenland“ wird dabei in übersichtliche Einheiten gegliedert. Wichtige Begriffe oder Namen sind farblich gekennzeichnet und werden am Ende eines jeden Kapitels nochmals kurz erläutert. Unter der Rubrik „Lerntipps“ sind Hilfen und Anleitungen zur Auswertung von Karten oder Textquellen angegeben. Die Schülerinnen und Schüler werden dabei zwar an die Hand genommen, allerdings berücksichtigen die Fragestellungen zu den Materialien teilweise nicht ihr vorhandenes (Vor-)wissen. Positiv ist der Abschluss der Großkapitel durch Begriffserklärungen, Zeitstrahl und Zusammenfassung des Themas zu bewerten.
Darstellende Texte sowie die Materialien werden getrennt aufgeführt. Die Verfassertexte sind zwar inhaltlich für die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I geeignet, dennoch lassen sich zumindest einige von ihnen nicht sehr flüssig lesen. Beispielsweise wird das Unterkapitel „Herrschte in Athen das Volk?“ mit einem längeren Text und zu dem Thema allen wichtigen Persönlichkeiten wie Solon, Kleisthenes, Ephialtes und Perikles angeführt, wobei die SchülerInnen hier schnell den Überblick zur Chronologie und zum Einfluss der einzelnen Personen verlieren können. Als problematisch sind auch die jeweiligen Arbeitsaufträge zu betrachten. Diese sind teils umständlich formuliert, beziehungsweise schwer zu lösen, so dass die Schülerinnen und Schüler dieser Altersgruppe zu manchen Themenbereichen wie z.B. das Klima zu damaliger Zeit nicht über ausreichend Wissen verfügen, da kein dazugehöriger Fließtext aufgeführt ist (S. 76). Auch für die Frage, auf welches Wort „Alphabet“ zurückgehe, wird im Text kein Hinweis gegeben. Des Weiteren stellt sich die Frage der Umsetzbarkeit und Sinnhaftigkeit mancher Aufgaben. Beispielsweise soll die Auswanderung in einem Rollenspiel dargestellt werden. Zwar ist die Methode für die abwechselungsreiche Gestaltung des Unterrichts förderlich, dennoch sollte aus der Aufgabe der Lerneffekt deutlich ersichtlich werden. Somit sind zwar die Grundideen als gut zu bewerten, weil auch z.B. im Unterkapitel „Feste für die Götter“ auf heutige Bedeutungen eingegangen und daher der Gegenwartsbezug berücksichtigt wird. Die Anforderungsbereiche der Sachanalyse (Erklären, Bestimmen, Nennen...) sowie des Sachurteils (Diskutieren, Vergleichen, Erörtern...) werden abgedeckt, aber die Aufgaben bedürfen teils einer Um- oder Neuformulierung durch die Lehrkraft.
Bezüglich des Aspekts der Kontroversität und Multiperspektivität lässt sich sagen, dass vermutlich auch durch das Alter der Schülerinnen und Schüler diese Bereiche im Buch noch nicht so stark ausgeprägt sind. Dennoch wird bei dem Projekt „Monarchie-Aristokratie-Demokratie“ auf die Frage eingegangen, ob „in Athen tatsächlich das Volk [herrschte]“. Gerade in Bezug auf das heutige Demokratieverständnis verdeutlicht es den Schülerinnen und Schüler, dass die damalige Demokratie noch in einem Entwicklungsprozess stand und noch nicht so vollendet und tatsächlich so demokratisch war wie die heutige. Bei der Aufgabenstellung haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit zu diskutieren und merken, dass es darauf ankam, welche Position man in der damaligen Gesellschaft innehaben musste, um politisches Mitspracherecht zu haben.
Textquellen
Das Schulbuch verfügt über ein breites Spektrum an Textquellen wie z.B. Sagen, Tatenberichte, Reden sowie eine Festschrift zu den Olympischen Spielen. Diese werden kurz vorgestellt und somit bezüglich Zeit und Autor eingeordnet. Sie weisen ebenso auf den subjektiven Charakter der damaligen Geschichtsschreibung hin, welche dementsprechend stark von der Gesinnung der jeweiligen Autoren abhing. So z.B. im Auszug aus Sallusts „Die Verschwörung des Catilina“ (S. 91): „die Tüchtigkeit der Handelnden wird so hoch eingestuft, wie glänzende Begabungen sie durch Worte hervorzuheben vermochten“. Mit den „glänzenden Begabungen“ sind die Schriftsteller gemeint. Sallust stellt diese insofern in Frage, da der Ruhm von hochrangigen Politikern oder Bürgern davon abhing, wie jene in der Geschichtsschreibung dargestellt und ihre Taten verzerrt wurden.
Negativ zu bemerken ist, dass alle Textquellen einheitlich mit „M“ bezeichnet werden, ohne zwischen Primär- und Sekundärquellen (z.B. S.84) zu unterscheiden. Die Schülerinnen und Schüler sollten von vornherein lernen, zwischen Quelle und Sekundärliteratur, einer originalen Münze oder Büste und einer Rekonstruktion zu differenzieren.
Abbildungen
Die Abbildungen in dem Kapitel „Das Antike Griechenland“ sind vielfältig. Es werden mit Malereien verzierte Vasen, ein Trinkgefäß in Form eines Stierkopfes, Mosaiks oder auch ein Terrakottarelief von 460 v.Chr. als originale Abbildung aufgeführt. Das Thema „politische Ordnung“ wird in übersichtlichen Schaubildern veranschaulicht. Der Aspekt der Merkmale und Unterschiede von Herrschaftsformen ist im Projekt „Monarchie-Aristokratie-Demokratie“ sinnvoll eingebettet, da dieses Thema von entscheidender Wichtigkeit hinsichtlich des Verständnisses zur Entstehung der Demokratie ist.
Die Legenden zu den Abbildungen bieten die wichtigsten Informationen und bringen den Schülerinnen und Schülern durch ihre vielfältige Verwendung politische Strukturen oder sozialgeschichtliche Aspekte näher. Durch die vorhandenen Materialien ist die Möglichkeit gegeben, kompetenzorientiert und problematisierend zu arbeiten sowie Perspektivenwechsel aufzuzeigen.
Medien und weiterführende Angebote
Die vielfältigen Hinweise zu Medien fallen in dem Schulbuch sehr positiv auf. Somit wird zu verschiedenen Themen auf das Internet, Sach- und Kinderbücher sowie auf CD-Roms verwiesen. Die Exkursionstipps (S.109) verweisen auf die Kunsthalle in Kiel sowie auf das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. So besteht die Möglichkeit, den Themenkomplex auch museumspädagogisch und außerschulisch zu behandeln und den Unterricht daher für die Schülerinnen abwechselungsreich und interessant zu gestalten.
Förderlich für den Unterricht ist die Übersichtlichkeit und Vielfältigkeit der Materialien sowie die Lern- und Medientipps. Allerdings sind die Aufgabenstellungen teils umständlich formuliert und schwerlich umzusetzen sowie eine zusätzliche Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärquellen im Unterricht - im Gegensatz zum Schulbuch - angebracht.
Fazit
Das Geschichtsbuch „Das waren Zeiten 1 – Von den ersten Menschen bis zum Mittelalter“ besticht vor allem durch seine Übersichtlichkeit, sowohl im Gesamtaufbau als auch in der Gestaltung der einzelnen Kapitel. Für die Schülerinnen und Schüler wird durch das praktische Einseiten- bzw. Doppelseitenprinzip (neue Seite – neuer Stoff) die Arbeit mit dem Buch erleichtert und eine schnelle Orientierung innerhalb des Lehrwerks ermöglicht. Weiterhin ist der Abschluss eines jeden Kapitels positiv zu bewerten, da er den Schülerinnen und Schülern kurz und knapp die wichtigsten Inhalte der vergangenen Einheit zusammenfasst und mit Exkursions- und Lesetipps aufwartet.
Weniger gut gelungen ist die Unterscheidung der Quellen in Primär- bzw. Sekundärquellen, die unserer Meinung nach auch schon Unterstufenschülern vermittelt werden sollte. Allerdings sind die Quellenangaben als positiv herauszustellen, da sie vollständig sind und somit die einzelnen Abbildungen und Texte für die Schülerinnen und Schüler gut in die Historie einzuordnen sind.
Die für die Altersgruppe meist gut geeigneten Verfassertexte werden leider teilweise von recht komplizierten und manchmal aus der Luft gegriffenen Aufgabenstellungen begleitet. Diese müssten im Unterricht möglicherweise von den Lehrpersonen umgeändert werden.
Insgesamt wird ein offenes Geschichtsbild vermittelt, den Schülerinnen und Schülern wird also keine Meinung aufgezwungen. Als Fragen gestellte Überschriften bringen die Kinder schon von Beginn an zum Nachdenken.
Das von uns untersuchte Kapitel, in dem weniger die Ereignisgeschichte im Vordergrund steht, sondern eher sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte, fördert bei den Schülerinnen und Schülern ein kompetenzorientiertes Lernen mit verschiedenen Materialien und regt die Schülerschaft auch außerhalb des Unterrichts zur Beschäftigung mit dem Thema Griechenland an. Auch werden, wenn auch in geringem Maße, die fachdidaktischen Prinzipien Multiperspektivität und Kontroversität berücksichtigt.