Geschichte, 5./6. Schuljahr, 7./8. Schuljahr, 9./10. Schuljahr, Gymnasium
Horizonte 3
Herausgegeben von | Brabänder, Michael und Ulrich Baumgärtner |
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Erschienen | Braunschweig: Westermann, 2009 |
Seitenanzahl | 368 |
ISBN | 978-3-14-111088-3 |
Geeignet für | Niedersachsen |
Rezensiert von | Anker, Ludmila (Studentin), 29. Dezember 2011 |
Projekt | Leibniz Universität Hannover, Sommersemester 2011 |
Rezension von Anker, Ludmila (Studentin)
Einleitung
Das hier rezensierte Schulbuch „Horizonte 3“ ist farbenfroh gestaltet und mit einer Fülle an unterschiedlichen Arten von Methoden und Quellen angereichert. Es bietet den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrerinnen und Lehrern neben einer ausführlichen Darstellung der deutschen Geschichte an, ihren „Horizont“ zu erweitern und auch mal über den „Tellerrand“ zu schauen. Mit zahlreichen ansprechenden Abbildungen, Texten und Erkenntnissen über das deutsche Kaiserreich, den zweiten Weltkrieg und die Welt nach 1945, bis hin zur Wiedervereinigung Deutschlands.
Konzept
„Horizonte 3“ ist für das Gymnasium konzipiert und in den Schuljahrgängen 9 und 10 in Niedersachsen zugelassen. Im Format ist es 3 cm kürzer und 1,5 cm schmaler als Din-A-4 und umfasst 368 Seiten. Mit einem satten, grasgrünen und stabilen Einband ist es bereits von außen recht ansprechend. Die Vielfalt an verwendeten Quellen beinhaltet Text- sowie Bildquellen (Karikaturen, Fotos, Kunstgemälde, Plakate), Statistiken, Grafiken sowie zahlreiche Landkarten.
Der Inhalt beschränkt sich auf zehn Kapitel, wobei Kapitel sechs und zehn einen Längsschnitt darstellen. Die Hauptthemen sind „Das deutsche Kaiserreich“, „Imperialismus und erster Weltkrieg“, „Neue weltpolitische Koordinaten“, „Die Weimarer Republik“, „Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg“, „Ost-West Konflikt und doppelte deutsche Staatsgründung“, „Die Welt nach 1945“ und „Deutschland - Von der Teilung zur Wiedervereinigung“. Nach den Hauptthemen findet man ein Minilexikon, das viele wichtige Begriffe und Fremdwörter näher erläutert. Dem folgt das alphabetisch angeordnete Stichwortregister. Die letzte Seite listet die Bildnachweise des Buches auf. Am Anfang findet sich keine Benutzeranleitung, jedoch ist das nicht gravierend, da das Inhaltsverzeichnis gut strukturiert ist und die Besonderheiten in den einzelnen Kapiteln farblich hervorgehoben sind.
Die Struktur des Buches ist übersichtlich gestaltet. Jedes Kapitel beginnt mit einer Doppelseite, die mit Hilfe von Abbildungen, Bildern und Karikaturen den Schülerinnen und Schülern einen anregenden Einstieg ins Thema bietet. Desweiteren gibt es über das gesamte Buch verteilt acht unterschiedliche Methoden-Doppelseiten, die blau hinterlegt sind und die jeweilige Methode verständlich mit Hilfe von Text- und Bildquellen erläutern. Außerdem sind Fragen zu jeder Methode abgedruckt, die ihrer Einübung dienen. Im gesamten Buch verläuft auf den Seiten oben ein Zeitstrahl, der anzeigt, in welcher Zeitperiode man sich gerade befindet.
Die Aufgaben zu jeder Thematik befinden sich am Ende eines jeden Abschnitts in einem orange- umrandeten Kasten und umfassen, je nach Länge des Unterkapitels, zwei bis sechs Aufgaben aus unterschiedlichen Anforderungsbereichen. Die Länge der Texte erstreckt sich von ganz kurz bis zu einer ganzen Doppelseite. Doch im Durchschnitt halten sich die Texte in einem eher kurzen und verständlichen Rahmen, sind dafür aber zahlreich vorhanden.
Am Ende eines jeden Kapitels gibt es eine Doppelseite mit einem kurzen zusammenfassenden Text. Außerdem werden wichtige Daten, Begriffe und Personen erläutert. Ein ausführlicher Zeitstrahl mit den wichtigsten Ereignissen des Kapitels verläuft oben auf der Doppelseite. Des Weiteren werden „Tipps zum Thema“ gegeben, die aus Film-, Lese- und Museumstipps bestehen. Ganz unten rechts wird immer ein Internetlink abgedruckt, der zu einer kommentierten Linkliste zu dem Thema führt.
Auftaktdoppelseiten und Autorentexte am Beispiel: „Ost- West Konflikt und doppelte deutsche Staatsgründung“
Zu jedem der zehn großen Kapitel im Schulbuch wird eine Doppelseite als Auftakt vorgestellt. Auf dieser befinden sich meistens ein großes Foto oder eine große Abbildung und mehrere kleine Fotos, Plakate oder Karikaturen. Dies hat den Zweck, dass die Schülerinnen und Schüler zum Nachdenken über die folgende Thematik angeregt werden, oder überhaupt erstmal einen ersten Eindruck bekommen und eigene Ideen zum Thema entwickeln können.
Im erwähnten Beispielkapitel lässt sich auf der linken Seite ein über die ganze Seite gehendes Foto vom Luftbrückendenkmal in Berlin-Tempelhof erkennen. Auf der rechten Seite befinden sich vier Fotos und zwei Plakate. Es wird chronologisch vorgegangen: Die beiden oberen Fotos zeigen zum einen Churchill, Truman und Stalin nebeneinander bei der Potsdamer Konferenz und zum anderen Flüchtlingswagen bei Danzig. Beide Ereignisse fanden 1945 statt. Danach folgt ein Plakat zum Marshallplan und ein weiteres macht Werbung für die SED im Jahre 1946. Unten rechts befinden sich zwei Fotos von zwei unterschiedlichen Flaggen: die Flagge der Bundesrepublik vor dem Landtagsgebäude und die Flagge der DDR mit Hammer und Sichel, wehend im Wind. Durch diese Abbildungen werden die Jahre 1945-1949 abgedeckt und präsentieren so den Verlauf des Kapitels. In etwa dem gleichen Schema sind alle Auftaktdoppelseiten gestaltet.
Der Autorentext, der gleich eine Seite nach der Auftaktdoppelseite erscheint, hat die Überschrift „Allgemeine Not in Deutschland“ und bezieht sich auf die Zeit nach dem Ende des 2. Weltkrieges in Deutschland. Der Text ist altersangemessen und verständlich verfasst. Es gibt keine direkte Fremdworterklärung, jedoch werden die Wörter aus dem Zusammenhang heraus verständlich. Außerdem wird der hier wichtigste Begriff „Trümmerfrauen“ auf der nebenliegenden Seite anhand einer Fotoquelle erläutert. Der Autor geht problemorientiert vor, indem er das Problem der Wohnungsnot und des Hungers in der Nachkriegszeit erläutert, die Ursachen verdeutlicht und die Folgen, wie z.B. die Entstehung von Schwarzmärkten und „Hamsterkäufe“ aufzeigt.
Selbstverständlich ist es bei so einem emotionalen Aspekt für einen Autor schwierig keine Wertung vorzunehmen, dennoch gelingt es in dem Beispieltext gut, die Situation zu beschreiben und nur ein paar ausschmückende und die Dramatik der Lage unterstützende Substantive miteinzubeziehen. Es sind z.B. solche wie Zerstörung, Chaos und Hunger, die Emotionen im Leser wecken sollen und Mitgefühl entwickeln lassen.
Der einzige negativ auffallende Aspekt betrifft hier die fehlenden Fremdworterklärungen, die im gesamten Buch nicht direkt unter dem Text erläutert, sondern erst im Minilexikon am Ende des Buches aufgezeigt werden. Oder diejenigen Wörter, die gar nicht im Minilexikon vorhanden sind, und deren Bedeutung nur aus dem Zusammenhang heraus ersichtlich werden soll. Es ist an dieser Stelle jedoch fraglich, ob auch jeder Schüler die unbekannten Begriffe aus dem Zusammenhang erschließen kann.
Quellengattungen und Arbeit mit Textquellen
Wie in der Einleitung bereits erwähnt, gibt es im gesamten Schulbuch verteilt viele unterschiedliche Arten von Quellen, die das Arbeiten und Lernen für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler abwechslungsreicher gestalten sollen. Eine in „Horizonte 3“ fast schon dominierende Quellenart sind die Fotografien. Sie sind im Durchschnitt auf jeder zweiten Seite zahlreich vorhanden. Einerseits ist dies von Vorteil, da sie einen Eindruck von der jeweiligen vergangenen Situation vermitteln. Andererseits sind es teilweise so viele, dass man gar nicht mehr einordnen kann, welches Foto von der Bedeutung her wichtiger ist. Wenige haben eine minderwertige Qualität und sind etwas zu klein abgedruckt.
Auf 368 Seiten lassen sich 27 Landkarten finden, das ist eine akzeptable Zahl für ein Geschichtsbuch, schließlich verdeutlichen die Karten die strategischen und militärischen Verläufe. Somit werden die militärischen Entwicklungen und Veränderungen für die Schülerinnen und Schüler visuell verdeutlicht und sind leichter zu behalten als mithilfe einer Textquelle.
Eine weitere in diesem Buch zahlreich vorhandene Quellenart sind Plakate. Besonders im Kapitel zum Nationalsozialismus lassen sich viele politisch motivierte Plakate finden. Unter anderem wird die NSDAP verherrlicht oder es wird Werbung für die „Hitlerjugend“ und den „Bund Deutscher Mädel“ gemacht. Karikaturen tauchen in jedem Kapitel auf, sodass man in einem langen Kapitel ungefähr fünf bis acht an der Zahl findet. Sie sind meist sehr polarisierend und regen die Diskussionsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler sehr gut an, deshalb sollte es mehr Karikaturen, als Fotos in dem Schulbuch geben.
Zeitzeugenberichte lassen sich vermehrt zu den Themen während und nach dem zweiten Weltkrieg entdecken, da sie den Themen eine gewisse Realität und Authentizität verleihen und spannender sind als ein normaler Bericht über die Zeit. Zur neueren Geschichte sind Interviewauszüge oder auch Auszüge aus Reden wichtiger Persönlichkeiten und Politiker wie z.B. Marshall oder Truman eingefügt und erfüllen denselben Zweck wie die Zeitzeugenberichte.
Die Textquellen sind gut verständlich und sinnvoll aufgebaut, sodass die Schüler nach dem Lesen der Texte, die darauf bezogenen Aufgabenstellungen erwartungsgemäß beantworten können sollten.
Aufgaben
Nach jeweils zwei Doppelseiten tauchen vier bis sechs Arbeitsaufträge zu den Quellen auf, die die Schülerinnen und Schüler bearbeiten können. Diese kommen aus unterschiedlichen Anforderungsbereichen des Faches Geschichte. Mal sollen die Schülerinnen und Schüler schildern, nennen oder skizzieren, ein anderes Mal analysieren oder erläutern. Es kann auch vorkommen, dass Beurteilen oder Vergleichen als Kompetenz verlangt werden, die schon zum Anforderungsbereich drei zu zählen sind.
Ein negativ auffallender Aspekt betrifft den Problematisierungszusammenhang, denn es besteht nicht immer eine Abfolge der Aufgaben, wie sie sinnvoll wäre: Erschließung, Sachurteil und eine kritische Urteilsbildung. Oft folgen die Aufgaben einfach additiv aufeinander, ohne einer bestimmten Struktur zu folgen.
Methoden
Eine Besonderheit in diesem Schulbuch sind die Vorstellungen hilfreicher Methoden, die insbesondere für das Fach Geschichte notwendig sind. Bei diesen Methoden wird der Umgang mit folgenden thematischen Aspekten vorgestellt: Historiengemälde, Geschichtskarten, Statistiken, Fotografien, Berichte von Zeitzeugen, schriftliche Quellen, Zeugnisse der Geschichtskultur und die Durchführung eines Rollenspiels. Der Aufbau jeder Methodendoppelseite ist in etwa gleich. Es werden zwei bis vier Beispiele in Form von Abbildungen, Statistiken oder Fotos präsentiert und eine kurze erklärende Beschreibung befindet sich gleich daneben. Anschließend werden Leitfragen und Arbeitsaufträge formuliert, die die Anwendung der Methode erleichtern sollen. Nach gründlichem Durchsehen der einzelnen Methoden fällt auf, dass sie zwar hilfreich für die Schülerinnen und Schüler sein können, jedoch erschließt sich vieles dem Adressaten von selbst und die beschriebenen Schritte und Vorgänge werden meist automatisch von den Jugendlichen ausgeführt. Dennoch ist es empfehlenswert die Methoden mit den Schülerinnen und Schülern durchzugehen, auch wenn es nur der Auffrischung von Fähigkeiten und Fertigkeiten dient.
Fachdidaktik und fachwissenschaftliche Aktualität
Die fachdidaktischen Positionen werden in diesem Buch sehr abwechslungsreich und vielfältig gestaltet. Die Schülerinnen und Schüler werden nicht nur aufgefordert, fragenorientiert zu denken, sondern auch handlungs- und problemorientiert zu agieren. Die gängigen von einem Geschichtslehrwerk erwarteten fachdidaktischen Konzepte werden realisiert, z.B. werden bei Themen wie dem zweiten Weltkrieg und der Welt nach 1945 besonders Emotionen geweckt und die Empathiefähigkeit herausgearbeitet.
Bezüglich der Dimensionen, die für die Geschichtswissenschaft wichtig sind, herrscht in diesem Buch eine bunte Auswahl an angemessenen Themen. Nicht nur Politik und Wirtschaft werden behandelt sondern auch Gesellschaft, Alltag und Umwelt nehmen einen großen Stellenwert ein.
Fazit
„Horizonte 3“ ist ein abwechslungsreich gestaltetes Lern- und Arbeitsbuch, das nicht nur ansprechend für Lehrer und hilfreich für ihre Unterrichtsgestaltung ist, es ist außerdem interesseweckend und altersangemessen für Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klasse verfasst. Eine gut durchdachte Strukturierung und Präsentation der einzelnen Themengebiete lässt die wenigen Mängel vergessen, die die Arbeits- und Lernfähigkeit nicht beschränken. Den Lehrkräften und besonders den Geschichtsschülerinnen und -schülern ist die angegebene Linkseite für den Internetauftritt sehr zu empfehlen, denn sie bietet viele nützliche und interessante Zusatzinformationen, die im Buch nicht berücksichtigt wurden.