Geschichte, 7./8. Schuljahr, Gymnasium
Forum Geschichte 2
Herausgegeben von | Kunz, Christoph et al. |
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Erschienen | Berlin: Cornelsen, 2007 |
Seitenanzahl | 272 |
ISBN | 978-3-464-64320-4 |
Geeignet für | Berlin |
Rezensiert von | Arkenau, Verena, Sabrina Holtemöller und Maren Luhmann (Studierende), 1. März 2010 |
Projekt | Universität Osnabrück, Sommersemester 2009, Mittelalter im Schulbuch |
Rezension von Arkenau, Verena, Sabrina Holtemöller und Maren Luhmann (Studierende)
Aufbau und Konzept
Das Lehrwerk „Forum Geschichte 2“ aus dem Cornelsen Verlag wurde für die 7. Klasse an Gymnasien entwickelt und ist in acht Kapitel aufgeteilt: „Bauern und Adlige im Mittelalter“, „Wer herrscht in Europa?“, „Der Glaube ist immer gegenwärtig“, „Leben in der mittelalterlichen Stadt“, „Machtpolitik und Konflikte in Europa“, „Neues Denken – Neue Welt“, „Mit Worten und Waffen – der Glaubensstreit in Europa“ und „Wohnen unter einem Dach – ein Längsschnitt“. Mit dieser Themenwahl erfüllt das Lehrbuch weitgehend die Vorgaben der niedersächsischen Rahmenrichtlinien (RRL) für die Klasse 7 (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (Hg.): Kerncurriculum für das Gymnasium. Schuljahrgänge 5-10. Geschichte, 2008, S. 15f.). Lediglich das letzte Kapitel, „Wohnen unter einem Dach – ein Längsschnitt“ unterliegt diesen nicht und die Einbeziehung in das Lehrbuch erscheint fragwürdig, da es in keinem Zusammenhang mit den übrigen Themengebieten des Buches steht.
In den einzelnen Kapiteln sind neben Auftakt- und Zusammenfassungsseiten auch Methoden- und Werkstattseiten zu finden. Neben einem einführenden Darstellungstext und einer Bildquelle verfügen die Auftaktseiten zum Teil über einen Zeitstrahl, der eine zeitliche Einordnung des Themas sowie einen Überblick liefert.
Eine Umfrage unter 10 SchülerInnen der siebten Klasse eines Osnabrücker Gymnasiums, welche sich zum Zeitpunkt der Befragung im Geschichtsunterricht mit dem Mittelalter beschäftigten, hat ergeben, dass fast allen die Materialien und Texte der Auftaktseiten zusagen, da sie nach Aussage der SchülerInnen „interessant“ erscheinen und sowohl einen Perspektivenwechsel als auch einen „Vergleich mit der Neuzeit“ ermöglichen. So wecken die Auftaktseiten bei der Mehrzahl der Befragten (60%) das Interesse am Thema.
Die Themenseiten selbst sind abwechslungsreich gestaltet und methodenvielfältig, wobei die Darstellungstexte eher knapp gehalten sind, da der Schwerpunkt auf der Quellenerarbeitung liegt. Verständliche und eng auf das Thema abgestimmte Aufgaben bieten die Möglichkeit der eigenständigen Erarbeitung des jeweiligen Gegenstands.
Aus dem Konzept hervorzuheben sind zahlreiche Methoden- sowie einige über das Lehrwerk verteilte Werkstattseiten, welche den SchülerInnen verschiedene Methoden des historischen Arbeitens näher bringen und Anregungen zum selbstständigen Arbeiten und Handeln bereitstellen. Diese werden unter Punkt 5 genauer analysiert. Den Abschluss eines jeden Kapitels bilden die Zusammenfassungsseiten, auf denen wichtige Inhalte etc. wiederholt werden. Auch diese finden im Abschnitt 5 zur Methodik und Didaktik nähere Betrachtung.
Das Lehrbuch verfügt außerdem über ein übersichtlich angeordnetes Register, ein Methodenglossar und ein Lexikon. Die Wörter, die in Letzterem erklärt werden, entstammen den Darstellungstexten und sind dort eindeutig markiert. So ist das Arbeiten mit dem Lexikon für die SchülerInnen leicht handhabbar. Mithilfe des Methodenglossars sind alle ausführlich behandelten Methoden auf einen Blick abzurufen und können hier noch einmal wiederholt werden.
Layout
Das Lehrbuch ist ansprechend gestaltet. Kapiteleinführungsseiten werden in der Farbe blau gehalten, während die restlichen Abschnitte in gelb grundiert sind, was für eine bessere Abgrenzung sorgt. Jedoch wäre die Gestaltung der einzelnen Kapitel übersichtlicher, wenn jedes eine eigene Farbe erhalten würde. Des Weiteren erscheint auf jeder Seite in der Kopfzeile das Thema des jeweiligen Abschnittes, was ebenfalls den Überblick und den Umgang mit dem Buch erleichtert. Die Textquellen werden durch verschiedenfarbige Markierungen gekennzeichnet. So steht gelb für „Quellen aus vergangener Zeit und für Äußerungen von heutigen Zeitzeugen“, rot für „Darstellungen von heutigen Wissenschaftlern“, grün für „Texte, die aufgrund von historischen Quellen erfunden wurden“ und blau für alle übrigen Materialien (S. 6). Die Bildmaterialien sind ausnahmslos in einer sehr guten Druckqualität abgebildet, was auch positiv von den SchülerInnen der 7. Klasse bemerkt wurde.
Einige Seiten des Werkes wirken durch zu viele verschiedene Materialien überladen, allerdings wird häufig ein ausgeglichenes Maß an Kombinationen zwischen Abbildungen und Inhalten gefunden.
Autorentexte
Wie bereits angemerkt, handelt es sich bei den Autorentexten um eher kurze Einführungen in das jeweilige Thema der Seite, da der Schwerpunkt des Lehrbuchs auf der selbstständigen Erarbeitung des Inhalts anhand von Materialien liegt. Die Texte sind altersangemessen, verständlich und informativ geschrieben und motivieren durch offene Fragestellungen zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema. Die SchülerInnen bewerten die Darstellungstexte als „interessant“ und hilfreich.
In den meisten Fällen erlauben sich die Autoren keine Werturteile. Lediglich einmal findet sich eine Wertung in einem Darstellungstext, hier ist es allerdings die Aufgabe der SchülerInnen, diese Wertungen gezielt zu erkennen (S. 213, Aufg. 16). Weiterhin führen die Darstellungstexte in die Fachsprache ein, besonders unter Einbeziehung des Lexikons. Die Autoren bemühen sich außerdem um eine problemorientierte Aufgabenstellung. Negativ anzumerken ist jedoch, dass die Darstellungstexte nur selten Kontroversen aufgreifen.
Materialien
Die in diesem Buch verwendeten Text- und Bildmaterialien weisen eine sehr gute Qualität und Vielfalt auf. Es gibt verschiedene Textgattungen, Bilder, Originale, aktuelle Fotos, Tabellen, Diagramme, Karten uvm. Die Abbildungen wirken unterstützend zu den Autorentexten, was die Thematik verdeutlicht und das Interesse der SchülerInnen anregt.
Außerdem wird häufig auf Begleitmaterial oder die Verwendung neuerer Medien verwiesen, zum Beispiel in Form von Lese-, CD- und Spieletipps, Internetlinks und Rechercheaufgaben; diese Tendenz könnte durchaus noch verstärkt werden. Die Worterklärungen, die hellgelb unterlegt sind, stoßen bei den befragten SchülerInnen auf Zustimmung, da sie diese „sehr verständlich“ finden und das Wichtigste „gut auf den Punkt gebracht“ wird.
Negativ fällt hingegen die mangelnde Verständlichkeit der Historientexte auf. Auf S. 157 wird zum Beispiel das Wort „Algorithmus“ verwendet, das allen befragten SchülerInnen der Zielgruppe unbekannt ist. Des Weiteren fehlen häufig angemessene Sachinformationen zu den Bildquellen, wie beispielsweise Originalgröße, Maler, Herkunft oder der heutige Verbleib. Manches davon wird zwar teilweise direkt als Bildunterschrift oder auch im Bildquellenverzeichnis angegeben, doch ist dies leider nicht einheitlich für alle Abbildungen geregelt. Zudem ist das Bildquellenverzeichnis nach Meinung der befragten SiebtklässlerInnen „sehr unübersichtlich“, „unordentlich“ und das Druckbild ist „zu klein“ gestaltet, daher ist es für die SchülerInnen der Jahrgangsstufe 7 nur schwer zugänglich und nicht altersangemessen gestaltet.
Methodik und Didaktik
Das Methodenkonzept des Lehrbuches ist insgesamt sehr ansprechend, da es stark auf die Bedürfnisse und Interessen der SchülerInnen abgestimmt ist. Auf zwölf über die einzelnen Kapitel verteilten Methodenseiten können die SchülerInnen nicht nur die in den RRL geforderten grundlegenden fachspezifischen Fertigkeiten, wie das Deuten von Schrift- oder Bildquellen, erlernen (vgl. Kerncurriculum Geschichte, 2008, S. 10.), sondern sich zum Beispiel auch sinnvoll auf einen Museumsbesuch vorbereiten. Die Methoden sind gut strukturiert, übersichtlich in einzelnen Arbeitsschritten erklärt und für die SchülerInnen gut nachvollziehbar. Thematisch passende Materialien liefern zusätzliche Informationen zum historischen Hintergrund oder Übungsmöglichkeiten für den Benutzer. Darüber hinaus sind die wichtigsten Fertigkeiten nochmals knapp umrissen, als Klappentexte des Unterrichtswerks aufgeführt und damit immer schnell greifbar. In einem Methodenregister am Ende des Buches werden alle im Lehrwerk vorgestellten Methoden übersichtlich zusammengefasst, so dass sie sich leicht nachschlagen lassen. Zudem werden an dieser Stelle noch einige Fertigkeiten aus dem ersten Band der Reihe mit aufgenommen.
Neben den Methodenseiten enthält das Unterrichtswerk sehr praxisorientierte Werkstattseiten, die die SchülerInnen dazu anleiten, ein Mittelalterfest zu organisieren, ein Brettspiel herzustellen oder Ähnliches. Dieser Praxisbezug wird von den hier befragten SchülerInnen als besonders positiv angemerkt, wie sich bei einer Umfrage in einer 7. Klasse herausstellte. Neben Darstellungstexten, Bildern und anderen Materialien, enthalten diese Seiten ferner Aktionskästen mit Rezepten oder Spielanregungen. Sie ermöglichen es den SchülerInnen, Geschichte praktisch und spielerisch zu erleben und bieten eine motivierende und spannende Abwechslung zum gewöhnlichen Unterrichtsgeschehen.
Ebenfalls positiv zu bewerten sind die Zusammenfassungsseiten zum Abschluss eines jeden Kapitels. Sie bestehen aus kurzen Darstellungstexten, die die im Kapitel vermittelten Inhalte kompakt zusammenfassen, Zeitleisten, die die wichtigsten Ereignisse in eine chronologische Reihenfolge bringen, knappen Methoden- und Begriffswiederholungen sowie Übungsaufgaben. Sie geben den SchülerInnen einen guten Überblick über den behandelten Stoff und bieten eine strukturierte Grundlage zur Wiederholung der jeweiligen Themen. Des Weiteren sind Literatur- und Internettipps über das Unterrichtswerk verteilt, die die SchülerInnen dazu anregen und motivieren sollen, sich über den Unterricht und die Vorbereitung auf Klassenarbeiten hinaus mit historischen Themen zu beschäftigen.
Aufgabenstellung
Im gesamten Lehrbuch finden sich abwechslungsreiche und vielfältige, zumeist offene Aufgabenstellungen. Diese sind für das 7. Schuljahr unserer sowie der Auffassung der befragten SchülerInnen nach weitgehend angemessen und überwiegend problemorientiert sowie aufeinander aufbauend und immer weiter abstrahierend gestaltet. Es finden sich nicht nur in Einzelarbeit zu lösende Arbeitsaufträge, sondern häufig auch Partner- oder Gruppenarbeiten sowie viele handlungs- und produktionsorientierte Aufgaben, die sowohl an die Lebenswelt der SchülerInnen anknüpfen und ihrem Bedürfnis nach Interaktion Rechnung tragen als auch ihre Empathiefähigkeit schulen. Leider wird der Bezug zu den eingeübten Methoden, insbesondere zum kritischen Reflektieren von Quellen in den Aufgabenstellungen, nur selten hergestellt. Es wäre wünschenswert, dass die SchülerInnen hier direkter und kontinuierlicher zur Anwendung gelernter Methoden angeleitet werden.
Es lassen sich außerdem in den Aufgabenstellungen falsche Verweise finden: So wird bei der Aufgabenstellung „Bildinterpretation“ (S. 62, Aufg. 2) auf ein Foto der Reichsinsignien (M4, S. 68) verwiesen, welches sich an dieser Stelle kaum zur Interpretation eignet, da es sich nicht um eine typische mittelalterliche Bildquelle, sondern um eine aktuelle Fotografie handelt.
Neben der bereits angesprochenen weitgehend gewahrten Objektivität bemühen sich die Verfasser dieses Lehrwerks um Multiperspektivität. Sie setzen eine Vielfalt von Materialien ein, welche unterschiedliche Sichtweisen auf ein Themengebiet wiedergeben (vgl. hierzu das Unterkapitel „Beginn einer neuen Zeit“, S. 174-181, in dem die technischen und wissenschaftlichen Errungenschaften der Renaissance und des Humanismus von verschiedenen Standpunkten aus beleuchtet werden). In den Darstellungstexten wird dieser Ansatz leider nicht immer umgesetzt. Außerdem dominiert eine eurozentrische Sichtweise. So wird beispielsweise im Abschnitt „Muslime, Juden und Christen: Miteinander leben“ die Situation von Muslimen und Christen im mittelalterlichen Spanien thematisiert (S. 94 f.) sowie im Kapitel „Machtpolitik und Konflikte in Europa“ die Herrschaftsverhältnisse in den Königreichen England und Frankreich beleuchtet (S. 166 ff.).
Zu loben ist das durchgehende Bestreben, das Geschichtsbewusstsein der SchülerInnen zu stärken. Sowohl durch Materialen, wie beispielsweise aktuelle Fotos (z.B. ein Foto vom Deutschen Bundestag, S. 135) und Texte („Internet – Ersatz für Bücher?“, S. 181), als auch durch Aufgabenstellungen, die einen Transfer auf die Gegenwart der SchülerInnen zum Ziel haben („Frage in deiner Klasse nach, wessen Eltern oder Großeltern in Gebieten geboren sind, die im Mittelalter von Deutschen neu besiedelt wurden.“, S. 165), werden immer wieder Aktualitätsbezüge hergestellt. Auf diese Weise lernen die SchülerInnen, die Bedeutung der Geschichte für und den Zusammenhang mit ihrer eigenen Lebenswelt zu erkennen.
Fazit
Abgesehen von einigen kleineren Mängeln ist das Lehrwerk „Forum Geschichte 2“ insgesamt sehr positiv zu bewerten. Es ist sowohl schülerorientiert und im Unterricht gut verwendbar, als auch im Hinblick auf Aufbau und Layout sehr gelungen. Das Konzept entspricht den Vorgaben der Rahmenrichtlinien und berücksichtigt neben geforderter Multiperspektivität auch den Bezug zur Lebenswelt der SchülerInnen. Aus diesen Gründen trifft das Lehrwerk sowohl bei SchülerInnen als auch bei Lehrkräften auf Zustimmung und ist für den Geschichtsunterricht durchaus empfehlenswert.