Das Projekt „Schulbuchrezensionen“ wurde zum 1. Januar 2019 nach fast 15 Jahren Laufzeit abgeschlossen.
Bisher verfasste Rezensionen bleiben weiterhin auf edu.reviews einsehbar. Ein Verfassen neuer Rezensionen ist leider nicht mehr möglich.

Zurück zur Übersicht

Geschichte, 9./10. Schuljahr, Gymnasium

Das waren Zeiten 5

Das waren Zeiten 5
Herausgegeben von Brückner, Dieter und Harald Focke
Erschienen Bamberg: C. C. Buchner, 2008
Seitenanzahl 167
ISBN 978-37661-4786-8
Geeignet für Niedersachsen
Rezensiert von Böder, Sina (Studentin), 1. April 2010

Rezension von Böder, Sina (Studentin)


Einleitung
„Damals...das waren noch Zeiten!“ - Wer kennt ihn nicht, diesen Satz, den wohl jeder schon in dieser oder ähnlicher Form und meist mit einem wehmütigen Unterton von den Großeltern, den Eltern oder anderen älteren Bekannten und Verwandten vernommen hat. Meist weckt dies eine Neugier an zurückliegende Zeiten und Ereignissen – die Zeitzeugen werden ausführlich befragt. Der C.C. Buchner Verlag greift mit der Geschichtsbuchreihe „Das waren Zeiten“für das Gymnasium  diese Neugier  wörtlich auf.
Das Lehrbuch wirkt zunächst wie eine Zeitschrift, die optisch den Blick auf die Vielzahl an Bildern und Grafiken lenkt und zum näheren Betrachten einlädt. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass es sich um ein Schulbuch mit allen wesentlichen Lehr- und Lernelementen handelt. Das Geschichtslehrbuch ist hochwertig gebunden und kartoniert. Es wirkt sehr stabil, so dass es auch dem täglichen Einsatz im Schulalltag standhalten sollte.

Aufbau und Konzept
Hier wird wirklich kein Platz verschwendet. Selbst die Umschlaginnenseiten werden genutzt, um die SchülerInnen mit Lerntipps zu versorgen. Bei diesen Lerntipps handelt es sich allerdings eher um  Methodenschulungen, wie beispielsweise die Auswertung von Karten oder die Beurteilung von Statistiken als um Lernstrategien. Soweit Beispiele im Lehrbuch vorhanden sind, werden sie angegeben. Die gleichzeitige Anwendung und Beherrschung der Methoden fördert die Kompetenz der SchülerInnen.Das Lehrbuch zeichnet sich zunächst durch eine übersichtliche Struktur aus. Jeder Einheit ist eine Farbe zugeordnet, die sich durch das gesamte Lehrwerk zieht. Bereits im Inhaltsverzeichnis werden so die „Lerntipps“ und die „Projekte“ farblich markiert hervorgehoben. Die unterschiedlichen Materialien sind  leider nicht differenziert sondern allesamt mit nur einer Farbe gekennzeichnet, nämlich gelb. Der farbliche Kontrast wäre zumindest für die Kennzeichnung von Bildmaterial sinnvoll, denn besonders auf Seiten mit vielfältigen Quellengattungen ist es zum Teil schwierig die Quellenbezeichnung richtig zuzuordnen.Zu Beginn des Lehrwerks wenden sich die AutorInnen mit einem Vorwort direkt an die SchülerInnen, um ihr Konzept Schritt für Schritt und  leicht verständlich zu erläutern. Gleichzeitig werden auch Hilfestellungen für den  Umgang mit dem Buch gegeben. Die Auftaktseiten der Kapitel, die sogenannten ‚Positionen’, bestehen aus einem großen Bild versehen mit Zitaten.Die Großkapitel des Lehrbuchs sind in mehrere Unterkapitel gegliedert, die sich jeweils aus dem Autorentext und zugehörigen Materialseiten mit Aufgabenvorschlägen zusammensetzen. Nach einigen Teilkapiteln folgen entweder Seiten mit Lerntipps  oder Projektseiten. Die Lerntipps dienen der Vertiefung der auf den Umschlaginnenseiten erläuterten Methoden. Die Projektseiten sollen dazu anregen, das gelernte Wissen über den Kontext hinaus kreativ anzuwenden und aktuell zu nutzen. Hier geht es zum Beispiel darum, die Freizeit in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts kennen zu lernen (S.51). Mit „Micky Maus“ und „Jukebox“ wird der Einfluss der USA auf Westdeutschland erläutert und dazu angeregt, in Fotoalben der Großeltern zu stöbern oder auch Museen zu besuchen. Gerade Themen wie Musik oder  Comics sind besonders für Jugendliche interessant. Die „Projekte“ gehen beispielsweise auch auf regionale Aspekte ein, wie die Entstehung des Landes Niedersachsen (S.33).Jedes Großkapitel schließt mit einer Zusammenfassung, welche die Überschrift „Was war wichtig?“ trägt. Zusätzlich werden gelernte Daten und Begriffe auf einen Blick dargestellt und die chronologische Orientierung mit einem Zeitstrahl veranschaulicht. Durch den Kasten „Spurensuche“ erhalten die SchülerInnen weiterführende Lektüretipps und werden darüber hinaus zu Projekten angeregt.  Natürlich ersetzt der Überblick nicht die Arbeit mit den Materialien oder die Autorentexte. Er dient lediglich der Sicherung und Wiederholung der im Kapitel erlernten Kenntnisse. Um eine eigenverantwortliche Kompetenzüberprüfung zu gewährleisten und das selbstständige Lernen der SchülerInnen zu fördern sollte man eher eine Art ‚Selbsttest’ anbieten anstatt alle wichtigen Informationen direkt zu liefern. Die wichtigsten Punkte könnten so selbstständig rekonstruiert werden.Die letzten Seiten des Lehrwerks schließen mit dem Grundwissen der Jahrgangsstufen 9 und 10, einem Sach- und Personenregister und Lesetipps. Fraglich bleibt, ob das Grundwissen der Jahrgangsstufe 9 nicht besser am Beginn des Lehrwerks platziert wäre, um das Erlernte des vergangenen Jahres chronologisch sinnvoll vor die in Klasse 10 neu zu erlernenden Inhalte zu stellen.

Autorentext
Die Autorentexte sind grundsätzlich verständlich geschrieben und klar strukturiert. Die einzelnen Unterkapitel sind noch einmal sinnvoll in kleinere, inhaltlich abgeschlossene Abschnitte unterteilt, die jeweils mit einer Zwischenüberschrift versehen sind. Diese Überschriften sind zum Teil als Fragen formuliert oder auch Teile von Zitaten.  Dies soll die SchülerInnen zu eigenständigen Überlegungen  auffordern.  Ein gelungenes Beispiel hierfür ist die Frage als Zwischenüberschrift auf Seite 56 im Unterkapitel „Aussöhnung mit Israel“. Der Abschnitt „Wiedergutmachung?“ erläutert sowohl die Maßnahmen zur ‚Wiedergutmachung’ als auch die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit zwischen Israel, der Bundesrepublik und den hier lebenden Juden. Dabei werden die SchülerInnen weder darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um einen fraglichen Begriff handelt, noch erfahren sie inwiefern diese ‚Wiedergutmachungen’ zu werten oder zu behandeln sind.  Durch die Quellen auf der nachfolgenden Seite soll dies selbstständig erarbeitet werden.
Auch wenn die Autoren auf den  Umschlaginnenseiten unter dem Punkt „Forschungstexte bearbeiten“ darauf eingehen, dass trotz der Bemühung um Objektivität die persönliche und besondere Perspektive des Verfassers immer in den Texten enthalten ist, findet sich hierzu nichts im Vorwort. Es wird lediglich erwähnt, dass die Autorentexte die Forschungen und Erarbeitungen zu einem bestimmten Thema zusammenfassen. An dieser Stelle wäre es sicherlich sinnvoll gewesen, noch einmal die Subjektivität der Autorentexte und ebenso die Multiperspektivität von Geschichte zu erläutern. 
Sämtliche im Kerncurriculum genannten Begriffe, Personen und Daten sind im Autorentext farblich markiert. Übersichtlich aus dem Text hervorgehoben werden diese Leitthemen noch einmal in der Kapitelzusammenfassung „Was war wichtig“ aufgegriffen und einzeln näher beleuchtet und erklärt. Diese Übersichtlichkeit geht leider durch weitere kursiv gesetzte Begriffe, Personenbezeichnungen und Daten verloren. Einige dieser Begriffe, wie beispielsweise der ‚Völkerbund’ (S.8) gehören zum Grundwissen der Jahrgangsstufen 9 und 10 und werden daher im letzten Kapitel noch einmal  erklärt. Ein Großteil der Begriffe, wie der ‚Briand-Kellogg-Pakt’ (S.8) oder auch die ‚Atlantik-Charta’ (S.8), werden überhaupt nicht weiter erläutert. Es darf bezweifelt werden, dass diese Begriffe so selbsterklärend sind, dass es keiner weiteren Erläuterung für die SchülerInnen bedarf. Weiterhin bleibt ungeklärt, warum die Begriffe überhaupt kursiv hervorgehoben sind.
Die einzelnen Kapitel sind logisch verknüpft, Probleme werden aufgegriffen und erläutert und unterschiedliche Standpunkte dargestellt. So werden beispielsweise auf Seite 96 und 97 im Unterkapitel „Zwei deutsche Konsumgesellschaften“ zunächst die gegensätzlichen Wirtschaftssysteme der BRD und DDR behandelt. Nachdem die Ursachen und Zusammenhänge hierfür bereits in den vorherigen Unterkapiteln ausgiebig erläutert wurden, werden nun beide Modelle  kritisch durchleuchtet und die jeweiligen Vor- und Nachteile gegenübergestellt.

Arbeit mit Bildmaterial
Bereits beim ersten Durchblättern des Lehrbuches fällt die Vielzahl an Bildern und Grafiken auf. Das Lehrwerk unterscheidet zwischen Bildern, die als „Material“ durch Aufgabenstellungen bearbeitet werden sollen und daher gelb hinterlegt und mit einem „M“ gekennzeichnet sind und Bildern, die auf den ersten Blick lediglich dazu dienen sollen, die in den Autorentexten vermittelten Sachinformationen visuell zu unterstützen. Leider wird diese Unterscheidung nicht konsequent verfolgt und wirkt insgesamt sehr unübersichtlich. Hier sollte ein einheitlicheres Konzept angedacht werden.
Gerade die Visualisierungsbilder, die oft lediglich als ‚Eyecatcher’ dienen, scheinen sich  teilweise besonders gut für kritische Analysen zu eignen.  Als Beispiel seien hier  die Karikaturen angeführt. Gerade diese zeigen und kritisieren oft in einer satirischen und überzeichneten Art und Weise politische Verhältnisse und gesellschaftliche Werte. Dabei haben sie immer einen sehr aktuellen Bezug und sollen zum Nachdenken anregen. Sicherlich eignen sich Karikaturen im ersten Augenblick dazu eine interessierte Grundhaltung der SchülerInnen zu wecken, der  didaktische Nutzen einer Karikatur ohne jegliche Anregungen oder Aufgabenstellung bleibt jedoch fraglich. Die Karikatur auf Seite 11, die den ‚One-World-Gedanken’ karikiert, ist eine leicht zu entschlüsselnde Karikatur die überwiegend selbsterklärend ist. Anders sieht dies beispielsweise auf Seite 49 aus. Hier wird eine komplexere Karikatur von Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard dargestellt, die besser zur abschließenden Diskussion der gelernten und erarbeiteten Sachverhalte geeignet scheint.
Auch bei den „Positionen“ wird  auf Anregungen durch Fragen oder auch kurze Aufgabenstellungen verzichtet, obwohl an dieser Stelle Themen und Probleme des folgenden Oberkapitels angesprochen werden sollen, die laut Konzeptbeschreibung die SchülerInnen zu einer kritischen Auseinandersetzung einladen wollen. Die Bilder und Quellen hätten an dieser Stelle zum Beispiel sehr gut dazu genutzt werden können, die SchülerInnen auf ihre Erwartungen oder auch bereits vorhandene Kenntnisse bezüglich des Kapitels anzusprechen und zu ersten Diskussionen anzuregen.
Insgesamt findet sich in dem Lehrbuch eine Fülle an unterschiedlichem Bildmaterial wie Fotos, Plakate, Karten, Karikaturen oder auch Tabellen. Leider wirken die Seiten dadurch zum Teil überladen. Einige Bilder sind sehr klein und wirken „dazwischen gequetscht“, wie beispielsweise das Titelblatt der New York Times vom 12. September 2001 auf Seite 146. Hier können die Fotos erst bei genauem Betrachten erschlossen werden.

Fachdidaktische und fachwissenschaftliche Aspekte am Beispiel der Textquellen
Auch die Textquellen setzen sich aus vielfältigen Quellengattungen wie Reden, Autobiographien, Interviews, Tagebucheinträgen oder auch Gesetzesauszügen zusammen. Es wird deutlich, dass die AutorInnen um eine multiperspektivische und kontroverse Darstellung der Sachverhalte bemüht sind. Sie sind bestrebt unterschiedliche Standpunkte und Sichtweisen anhand von vielfältigen Quellen darzustellen. Im Unterkapitel „Schuld und Verantwortung“ werden im Autorentext die ‚Kollektivschuldthese’ und die ‚Entnazifierung’ thematisiert. Die folgenden Quellen setzen sich aus dem Augenzeugenbericht einer amerikanischen Journalistin, den Schuldbekenntnissen der Kirchen sowie der Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts zusammen und werden durch eine Karikatur ergänzt (S.25-27). Die Quelle der amerikanischen Journalistin gibt Auskunft darüber, wie die Reaktion der meisten Deutschen auf die ‚Kollektivschuldthese’ ausfiel und zeigt, wie dieses Verhalten im Ausland gewertet wurde. Den Gegenpol zu der hier geschilderten Verdrängung und Abweisung der Schuld durch die Mehrheit der Deutschen bilden auf den ersten Blick die Schuldbekenntnisse der Kirchen. Durch die komplexe Aufgabenstellung werden jedoch auch diese Bekenntnisse kritisch analysiert und durchleuchtet. Die Wirkung der Schuldbekenntnisse und der ‚Entnazifizierung’ schließlich sollen anhand der Antworten auf die Frage eines Meinungsforschungsinstituts erarbeitet werden. Die SchülerInnen erfahren jedoch weder die Anzahl und Zusammensetzung der befragten Personengruppe, noch in welchem Zusammenhang die Frage gestellt wurde. Diese wichtigen Informationen für die Interpretation der Quelle werden nicht genannt, stattdessen wird verallgemeinernd auf die Kollektivmeinung der Deutschen geschlossen.

Leider gelingt es nicht durchgehend, die Themen anhand von Quellen ausreichend kontrovers darzustellen. So finden sich auf der Doppelseite „Positionen“ des Oberkapitels „Die Höhepunkte des Ost-West Konflikts und die beiden deutschen Staaten“ zwar Zitate, welche die Perspektiven der USA und Westdeutschlands widerspiegeln– konkurrierende Meinungen der Sowjetunion oder auch der DDR sucht man vergeblich.
Die „Lerntipps“ erklären die Methode der fremdsprachlichen Quellenanalyse auf der Umschlaginnenseite. Durch Globalisierung und Interkulturalität sind Fremdsprachen, vor allem das Englische, heutzutage fast unumgänglich. Daher ist es schade, dass sich lediglich zwei fremdsprachliche Quellen in diesem Lehrbuch befinden. Positiv ist allerdings, dass die angebotenen fremdsprachlichen Quellen durch die SchülerInnen übersetzt werden müssen, da das Lehrwerk keine Übersetzung stellt. Dies fördert den eigenständigen Umgang mit englischen Quellen und Texten im Original.

Fazit
Auf den ersten Blick wirkt das Lehrbuch einladend und erweckt durch die Dominanz des Bildmaterials sicherlich bei vielen SchülerInnen eine motivierte und interessierte Lernbereitschaft. Obwohl die Bilder ein lebendiges Geschichtsbild fördern und einen erfrischenden Gegensatz zu den Autorentexten bilden, hätte man  auf einige Abbildungen verzichten können. Die Menge an teilweise kleinen Bildern und die Tatsache, dass Bilder lediglich als Dekoration  genutzt werden, lässt das Lehrwerk überladen und unübersichtlich erscheinen.
Auch wenn das Schulbuch um eine altersgemäße Sprache und Vermittlung von Geschichte bemüht ist, könnte gerade das Layout an einigen Stellen übersichtlicher und das Konzept einheitlicher ausfallen. Das selbstständige Arbeiten der SchülerInnen mit dem Buch wird beispielsweise durch die „Projekte“ sehr gut gefördert, könnte jedoch noch ausgeweitet werden.
Multiperspektivische Ansätze sind vorhanden und die SchülerInnen werden zu einem kritischen Umgang mit den Materialien angeregt. Alle im Kerncurriculum geforderten Inhalte werden umgesetzt und die SchülerInnen erhalten darüber hinaus Internetquellen, Bücher- und auch Filmtipps, die eine Vertiefung für jedes Thema gewährleisten.
Trotz der in der Rezension aufgezeigten Unstimmigkeit eignet sich  „Das waren Zeiten“ gut als Unterrichtsmaterial für den Geschichtsunterricht.