Geschichte, 7./8. Schuljahr, Gesamtschule, Gymnasium
Expedition Geschichte G2
Herausgegeben von | Barceló, Pedro A., Florian Osburg und Dagmar Klose |
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Erschienen | Braunschweig: Diesterweg, 2004 |
Seitenanzahl | 356 |
ISBN | 978-3-425-03262-7 |
Geeignet für | Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Thüringen |
Rezensiert von | Boese, Laura (Studentin), 1. März 2010 |
Reihe | Expedition Geschichte G |
Projekt | Universität Osnabrück, Sommersemester 2009, Mittelalter im Schulbuch |
Rezension von Boese, Laura (Studentin)
Einstieg
Expedition Geschichte G2 ist für die Klassen 7 und 8 der Bundesländer Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen konzipiert. Das Buch ist an den Schulformen Gesamtschule, Gymnasium und Grundschule verwendbar.
Erste Orientierung
Expedition Geschichte G2 ist ein auf Chronologie bedachtes Lernbuch, das zu Selbstständigkeit anregt und seine Schwerpunkte im Bereich Methodenschulung, Multiperspektivität und Mehrdimensionalität hat. Ein weiteres Augenmerk liegt auf dem Aufgreifen spezifischer Themen wie Regional- und Geschlechtergeschichte. Expedition Geschichte G2 entspricht den Lehrplänen der oben genannten Bundesländer, wenngleich für das Land Thüringen darauf hinzuweisen ist, dass das 20. Jahrhundert nicht mehr im Buch enthalten ist, sodass es der in den Rahmenrichtlinien Thüringens enthaltenden Anforderung, „das Deutsche Kaiserreich und die Zeit des Imperialismus bis zum Ersten Weltkrieg“ zu vermitteln, nicht gerecht wird.
Das Lehrwerk weist eine durchgehend hohe Druckqualität auf. Der solide Einband ist übersichtlich gestaltet mit nur zwei Bildern, die sich überlappen. Zum Buch ist ein begleitendes Arbeitsheft erhältlich.
Das Layout weist jedoch erhebliche Mängel auf: Die interaktive Seite „Expedition Geschichte“ ist im Gegensatz zu den übrigen interaktiven Teilen nicht farbig im Inhaltsverzeichnis gekennzeichnet. Die interaktiven Teile sind teilweise derart klein, dass sie im Text beinahe verschwinden (S. 25 / 148). Die Auftaktseite des 2. Kapitels zieht sich über drei Seiten, was sie unübersichtlich werden lässt. Die Bilder verlaufen oftmals und ohne ersichtlichen Grund über zwei Seiten, sodass Details in der Buchnaht verschwinden (z.B. S. 26). Bilder überlappen sich (S. 199), und der Text überlappt gelegentlich die Bilder (S. 3).
Konzept des Autorenteams
Es findet sich kein Vorwort zu Expedition Geschichte G2, das das Konzept des Autorenteams vorstellen würde. Auf der Homepage des Verlags lassen sich hierzu jedoch einige Angaben finden. Das Konzept basiert vor allem auf Methodenschulung, Erlernung eines qualifizierten Quellenumgangs, Multiperspektivität und Mehrdimensionalität.
Die Kapitel bauen in chronologischer, thematischer und methodischer Art aufeinander auf. Sie werden durch Auftaktseiten eingeleitet und durch Überblicksseiten abgeschlossen. Zudem enthalten sie Archiv-Seiten (zusätzliche Quellensammlungen), Geschichte kontovers-Seiten, Gewusst wie!-Seiten (methodische Schulungen), Expedition Geschichte-Seiten und einen Kulturspiegel. Die Kapitel und Unterkapitel sind durchnummeriert und daher sehr übersichtlich. Zusätzlich gibt es im Anhang neben dem Glossar noch einen Worterklärungsanhang, in welchem wichtige Begriffe nachgeschlagen werden können.
Gerade im Bereich der Methodik ist Expedition Geschichte G2 logisch aufgebaut, sodass der Umgang mit einer spezifischen Quellenart dann in einem Gewusst wie!-Teil erläutert wird, sobald jene Quellenart zum ersten Mal auftaucht. Eine Beurteilung der Geschichte wird den SchülerInnen überlassen; Aufgaben fordern mehrfach zur Bildung einer eigenen Meinung und deren Diskussion in der Klasse auf. Text und Bilder weisen eine logische Verknüpfung auf, ohne dass es zu Dopplungen kommt.
Autorentexte
Die sprachliche Darstellung ist dem Alter angemessen. Sie ist durchgängig leicht zu begreifen, unterfordert die SchülerInnen dabei jedoch nicht und weist gelegentlich auch syntaktisch anspruchsvollere Sätze auf. Begriffe werden erklärt und sind im Worterklärungsbereich nachschlagbar. Direkte Fragen in den Auftaktseiten sorgen für erhöhte Aufmerksamkeit, erleichtern den Einstieg in die Thematik und bieten die Möglichkeit, sich eigenständige Gedanken zu machen. Zudem bemüht sich Expedition Geschichte G2 erfolgreich um Alltags- und Gegenwartsbezogenheit.
Explizite Wertungen lassen sich im Text nicht ausmachen, da, wie bereits ausgeführt, sehr viel Wert auf die Meinungsbildung der SchülerInnen gelegt wird. Allerdings lassen sich Formulierungen wie „[d]as ist nicht erstaunlich“ (S.80) oder „Rückfall in die heidnischen Bräuche“ (S.10) finden. Letztere Formulierung wird der Tatsache nicht gerecht, dass die so genannten heidnischen Religionen in eben dieser ihrer Eigenschaft als Religionen qualitativ nicht schlechter beurteilt werden dürfen als das Christentum. Die Formulierung „Rückfall“ ist daher problematisch. Ansonsten finden sich jedoch keine drastischen Wertungen.
Quellen
Es lassen sich auf jeder Seite Quellen unterschiedlicher Art finden. Sie bieten in vielfältiger Weise Informationen an und können methodisch sehr unterschiedlich bearbeitet werden. Die SchülerInnen werden zu einem kritischen Umgang und Hinterfragen der Quellen angeregt, was gerade durch die Geschichte kontrovers-Seiten untermauert wird.
Leider ist die Länge der Quellentexte teilweise unglücklich gewählt. Einige Quellen außerhalb der Archivseiten scheinen übermäßig lang (Q1, S. 24f.), während andere wiederum recht kurz sind (Q1, S. 45). Zudem sind ausschließlich Textquellen mit einem Q gekennzeichnet, Bilder und Kartenmaterial werden nicht als Q ausgewiesen. Das ist ein Problem, da es die SchülerInnen nicht darin unterstützt, im Rahmen eines kritischen Quellenumgangs Bild- und Kartenquellen überhaupt als solche einzuschätzen – ein Umstand, der dadurch verhärtet wird, dass auch auf den Archivseiten nur Textquellen aufgeführt sind.
Medien
Es lassen zwar gelegentlich Aufforderungen finden, die zum Heranziehen von Lexika anleiten (S.36), jedoch werden modernere Medien (wie Recherche im Internet) nicht eingebunden. Dies mag im nicht vorliegenden Begleitheft der Fall sein.
Aufgaben
Die Aufgaben beziehen sich zumeist auf die verschiedenen Quellen und dienen als Wiederholung des bereits Gelernten. So verlangen sie, nochmals aufzuschreiben, was im letzten Kapitel gelernt wurde und neue Erkenntnisse selbstständig in diesen Horizont einzuordnen. Zudem regen sie dazu an, sich in die Zeit und die damals lebenden Menschen hineinzuversetzen und ein Verständnis für deren Lebensumstände zu entwickeln.
Fachdidaktik
Expedition Geschichte G2 regt vielfach zum eigenen Hinterfragen und Analysieren sowie zu offenen Diskussionsrunden im Unterricht an. Abwechslungsreiche Projektvorschläge tragen zu einer Auflockerung bei, bei der spielerisch gelernt werden kann. Der Projektvorschlag zum Rollenspiel, in dem die Krönung Ottos I nachgespielt werden soll (S. 25), wird gerade in Mecklenburg-Vorpommern auf Beifall stoßen, wo jene Idee in der Erprobungsfassung des Rahmenplans 2002 unter dem Stichpunkt Projektvorschläge explizit verlangt wird.
Im Bereich der Multiperspektivität lässt sich feststellen, dass zwar der Islam und im Rahmen der Geschlechtergeschichte die Frauen verstärkt im Mittelpunkt stehen, doch gehen indianische und afrikanische Perspektiven auf die Besiedlung Amerikas oder Kolonialisierung sowie Versklavung vollkommen unter. Diese Themen werden nur sehr oberflächlich angerissen und lassen so auch inhaltliche Lücken entstehen.
Fachliche Aktualität
Fachlich ist Expedition Geschichte G2 aktuell. Es lassen sich Kleinigkeiten festhalten, etwa dass die Abbildung des Grundrisses des Klosters St. Gallen auf S. 74 um 90° verdreht wurde, sodass der Norden des Klosters nunmehr in Richtung Westen weist.
Bibliographische Angaben
Die bibliographischen Angaben zu Expedition Geschichte G2 sind fast vollständig. Man findet Copyright-Nachweise für die verschiedenen Quellen, Genehmigungen, Verlage, ISBN und AutorInnen finden. Jedoch kann man nicht erschließen, welcher Autor/welche Autorin welches Kapitel geschrieben hat, auch der Preis und der Verweis auf die entsprechenden Schulformen, Klassenjahrgänge und Bundesländer fehlen. Dafür ist die Internetadresse des Verlages angegeben, wo sich diese Fragen weitgehend klären lassen. Zudem wird im Buch auf den für den Unterricht sehr nützlichen Umstand verwiesen, dass alle Bände A parallel verwendbar sind.
Fazit
Inhaltlich und fachdidaktisch ist das Lernbuch Expedition Geschichte G2 als Unterrichtsbuch durchaus gelungen. Es vermittelt erfolgreich eigenständiges, kritisches Analysieren, Multiperspektivität und Methodik im Umgang mit verschiedenen Quellen. Hier muss allerdings auf das ganz wesentliche Problem der fehlenden Kennzeichnung von Bild- und Kartenmaterial als Quellen aufmerksam gemacht werden. An einigen Stellen ist Expedition Geschichte G2 inhaltlich von der Lehrkraft noch zu ergänzen.