Geschichte, Realschule, Hauptschule, Gesamtschule, Gymnasium
Reise in die Vergangenheit 9/10
Herausgegeben von | Ebeling, Hans und Wolfgang Birkenfeld |
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Erschienen | Braunschweig: Westermann, 2011 |
Seitenanzahl | 256 |
ISBN | 978-3-14-140769-3 |
Geeignet für | Sachsen-Anhalt |
Rezensiert von | Dudenhöfer, Anne-Lynn (Studentin), 2. April 2012 |
Rezension von Dudenhöfer, Anne-Lynn (Studentin)
„Liebe Schülerinnen und Schüler, vor euch liegt ein neues Buch für das Fach Geschichte. Es will euch zu einer „Reise in die Vergangenheit“ einladen."
Auf diese Art und Weise wird die zukünftige Leserschaft gleich nach Aufschlagen des Buches „Die Reise in die Vergangenheit“ von den Herausgebern Hans Ebeling und Prof. Dr. Wolfgang Birkenfeld begrüßt. Tatsächlich handelt es sich um ein neues Schulbuch, erst 2011 vom Westermann-Verlag veröffentlicht. Doch nicht nur die Aktualität dieses Werkes sorgt für Aufmerksamkeit, sondern auch die Zusammenarbeit mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. So haben Studenten eben dieser an verschiedenen Kapiteln mitgearbeitet – wahrscheinlich mit dem erhofften Effekt, mehr Nähe zu Schülern und Schülerinnen herstellen zu können. Diese Rezension wird unter anderem dazu dienen, die für das Buch speziellen fachdidaktischen Positionen und auch dessen Methodik zu erschließen, sowie einen kurzen Überblick hinsichtlich der von Studenten erstellten Kapitel zu geben. Insgesamt gibt es in dem Lehrwerk vier große Themenbereiche, die sich am Lehrplan orientieren und denen eine längere Vertiefung folgt. Der erste dieser Bereiche wird hier ausführlicher beschrieben, die übrigen nur kurz. Die Bereiche folgen in ihrem Inhalt weitgehend den Vorgaben den curricularen Vorgaben des bayerischen Kultusministeriums.
Gleich am Anfang des Schulbuches, noch vor dem Inhaltsverzeichnis, werden die Schüler und Schülerinnen mit einem kurzen Einführungstext direkt angesprochen und begrüßt. Hierbei wird auf verschiedene Zeichen innerhalb des Buches verwiesen, die Aufgabenstellungen, Texte, Bildmaterial oder auch die Erklärungen neuer Begriffe kennzeichnen. Besonders heraus sticht die für die Schüler und Schülerinnen deutliche Unterscheidung zwischen Quellentexten und später verfassten Texten – so werden Quellen mit „Q1“ gekennzeichnet, Texte, in denen Forscher über ihre Ergebnisse schreiben dagegen mit „D1“ – „M1“ dagegen verweist auf alle Materialien, die der Ergänzung dienen. Somit wird den Schülern und Schülerinnen von Anfang an bewusst, wie wichtig im Geschichtsunterricht die Unterscheidung zwischen Quellen- und Autorentexten ist. Vergleicht man „Die Reise in die Vergangenheit“ mit anderen Schulbüchern, so bemerkt man sofort das ausführliche Methodenkonzept, bestehend aus den Rubriken „Methode“, „Projekt“, „Geschichtskultur“ und „Kompetenz-Check“, auch auf diese wird ebenfalls noch vor dem Inhaltverzeichnis verwiesen. So wird erklärt, dass die „Methode“ den Schülern und Schülerinnen verschiedene Methoden des Geschichtsunterrichtes näher bringen soll, wie zum Beispiel die Arbeit mit Quellentexten, Karten oder Abbildungen. Etwas ungenauer formuliert kündigt sich die Rubrik „Projekt“ an, hier geht es um „Anregungen zum (…) Selbermachen“, was genau dies bedeutet, erfährt man wohl erst, wenn man die betreffenden Seiten aufschlägt. Auf den Seiten der „Geschichtskultur“ sollen die Schüler und Schülerinnen dann die verschiedenen Formen der Geschichtskultur sowie den Umgang mit eben dieser erschließen können. Der „Kompetenz-Check“ dagegen wird ausführlicher vorgestellt und soll die Möglichkeit geben, die eigenen Lernfortschritte mit Hilfe einer Zielscheibe besser einschätzen zu können. Mit weiteren Materialien kann das Wissen dann wiederholt und gefestigt werden. Durchaus richtig erscheint auch der folgende Hinweis auf ein Register und Worterklärungen, so dass Unverständlichkeiten häufig schnell und selbstständig geklärt werden können. Das Inhaltsverzeichnis ist übersichtlich und informativ, am Ende eines jeden großen Kapitels wie zum Beispiel „Charakter und Folgen des Ersten Weltkrieges“ mit zwei Unterkapiteln befinden sich die Rubriken „Geschichtskultur“, „Kompetenz-Check“, „Projekt“ und „In Kürze“. Die „Methode“ dagegen findet man nicht regelmäßig am Ende der Kapitel, sondern direkt dort, wo sie gebraucht wird und angewendet werden kann, so beschäftigt sie sich zum Beispiel mit Karten als Darstellungsformen oder auch dem Vergleich von Textquellen. Unterbrochen wird die regelmäßige Darstellung des Inhaltsverzeichnisses nur von den beiden Methodenpraktika „Zeitgeschichte im digitalen Medium“ und „Zeitgeschichte in einer Ausstellung“, die von Studenten der Universität Magdeburg erstellt wurden.
Bei der genaueren Betrachtung der methodischen und didaktischen Konzepte des Schulbuches muss die altersgerechte und gut strukturierte Darstellungsweise der verschiedenen Anwendungsgebiete bemerkt werden. Nimmt man das Kapitel „Konfrontation der Systeme“ mit den Unterkapiteln „Der Eiserne Vorhang“, „Der Kalte Krieg“ und „Der Osten im Wandel“ als Beispiel, so folgt am Ende dieses Kapitels zweimal die „Methode“ und dann die restlichen Rubriken. Hierbei handelt die erste „Methode“ von dem Erstellen einer Fallanalyse. Die Schüler und Schülerinnen erfahren in einem kurzen Einleitungstext, wozu die Fallanalyse überhaupt benötigt wird, dann folgt ein übersichtlich strukturierter Kasten, in dem der Ablauf einer Fallanalyse in Stichpunkten erläutert wird. Als Übung dienen dann nach einem kurzen Einleitungstext zwei mit „Q1“ gekennzeichneten Quellentexte über das Reaktorunglück von Tschernobyl, dicht gefolgt von einem Arbeitsauftrag, der die Schüler und Schülerinnen anleitet, eine Fallanalyse zu dem vorgestellten Thema durchzuführen. Als Hilfsmittel sollen die Quellen sowie das Internet genutzt werden. In Sachen Struktur bleiben die Autoren sich treu, auch die zwei folgenden Seiten bezüglich eines weiteren „Methoden“-Abschnittes sind ebenso gegliedert. Nach der Überschrift „Kommentare zur Geschichte anfertigen“ erklärt ein kurzer Autorentext das Thema und den Gebrauch, dann folgt eine Übersicht zur „Erarbeitung eines Kommentars“. Anhand verschiedener aufgeführter Bildmaterialien soll dann ein Kommentar aus heutiger Sicht zum Ende der Systemkonfrontation verfasst werden. Zusätzlich bleibt zu sagen, dass der gewünschte Effekt der Rubrik „Methode“ erst zum Tragen kommt, wenn den Schülern und Schülerinnen von Seiten der Lehrkraft auch die Möglichkeit gegeben wird, erstellte Analysen oder Kommentare auch hin und wieder zu vergleichen – so können Fehler aufgedeckt und korrigiert werden und Fortschritt hinsichtlich des wissenschaftlichen Arbeitens wäre vorhanden. Auch sehr sinnvoll erscheint die Vorstellung verschiedener Arten der Geschichtskultur, so zum Beispiel die des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig. Hier werden mit verschiedenen Fotografien das Gebäude, Besuchergruppen, Werbeplakate sowie ein Grundriss des Forums veranschaulicht. Autorentexte erläutern altersgerecht die Entstehung, die Ausstellungen sowie das Vorhandensein eines Informationszentrums. Als darauf folgende Aufgaben werden dann unter anderem die Recherche zu weiteren Museen sowie das Erforschen der Homepage des Forums Leipzig gestellt. Die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Geschichtskultur bietet den Schülern und Schülerinnen die Möglichkeit, Geschichte im Alltag wiederzufinden, Vergangenheit und Gegenwart geistig zu verknüpfen und somit eventuell die Auswirkungen von Vergangenem auf Zukünftiges zu begreifen. Eine solche Querverbindung im Zuge des Geschichtsunterrichtes herzustellen ist wichtig, allein schon, um das Interesse der Schüler und Schülerinnen zu sichern und der Theorie selten gewordene Praxis hinzuzufügen. Auf den zwei Seiten des „Kompetenz-Checks“ wird mit einem Einleitungs- und einem Quellentext sowie zwei ausgesuchten Texten aus Internetportalen über die Wirtschaft im Nachkriegsdeutschland informiert. Auch hier stehen mehrere Aufgaben zur Übung und Festigung bereit, das Besondere jedoch ist, dass zusätzlich eine Zielscheibe dargestellt ist, auf der die Schüler und Schülerinnen ihren Lernzuwachs selbst einschätzen können. Diese Art der Selbstkontrolle mit Hilfe der angebotenen Rubriken „1 – muss ich noch üben“, „2 – kann ich noch nicht so gut“, „3 – kann ich mit Unterstützung“, „4 – kann ich gut“ und „5 – kann ich sehr gut“ kann zu einer besseren und genaueren Einschätzung des eigenen Wissen führen. Jedoch sollte die Möglichkeit nicht außer Acht gelassen werden, dass die Selbsteinschätzung der Schüler und Schülerinnen eventuell von der Realität abweicht. Auf einer Seite tritt dann schließlich die Rubrik „Projekt“ in Erscheinung, die sich mit dem Thema „Friedensbewegung heute“ beschäftigt und dazu mehrere Fotografien sowie Quellentexte anbietet. Die Arbeitsaufträge erfordern Eigeninitiative der Schüler und Schülerinnen; so sollen sie sich in Zeitungen und im Internet über Aktionen der Friedensbewegung informieren, Hintergrundmaterial sammeln und sich einen eigenen Standpunkt suchen sowie Pro- und Kontra-Diskussionen zu bestimmten Themen durchführen. Sicherlich ist eine solche Aufgabenstellung interessant und regt zu eigenem Nachdenken an, allerdings kostet sie auch viel Zeit und wird im Rahmen des Geschichtsunterrichtes nicht immer zu realisieren sein. Die das Kapitel abschließende Seite „In Kürze“ fasst das Gelernte in einem kurzen Text, den wichtigsten Begriffen und auch einem Zeitstrahl zusammen. Vor allen Dingen der Zeitstrahl bietet einen guten und schnellen Überblick über die Chronologie der Ereignisse.
Die von den Studenten erstellten Methodenpraktika beinhalten eine gelungene Exkursion in verschiedene Bereiche der Geschichte und Geschichtsdarstellung. Während das erste Methodenpraktikum von Geschichte in modernen Medien handelt, die Schüler und Schülerinnen hier also lernen sollen, wie man digitale Medien vergleicht oder eine Rezension verfasst, konzentriert sich das zweite Methodenpraktikum ganz auf Präsentationen von Geschichte, beispielsweise Ausstellungen oder Gedenkstätten, mit einem kurzen Überblick bezüglich der Erstellung einer Ausstellungstafel. Obwohl abwechslungsreich und informativ gestaltet, ist nicht klar erkennbar, inwiefern sich die Methodenpraktika von den anderen, bereits erwähnten Rubriken unterscheiden, eher wirkt es, als würden die Elemente von „Methode“, „Geschichtskultur“ und „Projekt“ hier verbunden werden. Es finden sich sowohl der klassische Kasten mit hilfreichen Stichpunkten zum wissenschaftlichen Arbeiten, zum Beispiel über das Analysieren einer Ausstellung, als auch kreative und interaktive Aufgabenstellungen, die zu Diskussionen innerhalb der Klasse einladen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit der „Reise in die Vergangenheit“ ein vielseitiges und aktuelles Schulbuch erschienen ist, das Interesse wecken und den Schülern und Schülerinnen durch Struktur und Gegenwartsbezüge das Lernen erleichtern kann. Selten finden sich innerhalb eines Werkes derart viele Hilfestellungen zum wissenschaftlichen Arbeiten und selbstständigen Lernen. Als kleiner Wermutstropfen bleibt, dass man die Mitarbeit der Studenten nur in sehr kleiner Schrift auf der ersten Seite erwähnt hat, weswegen dem größten Teil der Leserschaft wohl gar nicht bewusst sein wird, wer genau an dem Schulbuch mitwirkte. Auch bleibt fraglich, ob derart viele kreative Arbeitsaufträge und Exkurse tatsächlich zu bewerkstelligen sind – Anregungen und Möglichkeiten bietet „Die Reise in die Vergangenheit“ jedenfalls genug.