Ethik / Philosophie, 5./6. Schuljahr, Gymnasium, Gesamtschule
Abenteuer Ethik 1 – Ausgabe Thüringen
Herausgegeben von | Sänger, Monika |
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Erschienen | Bamberg: C. C. Buchner, 2012 |
Seitenanzahl | 191 |
ISBN | 978-3-7661-6618-0 |
Geeignet für | Thüringen |
Rezensiert von | Ehlert, Cynthia und Mona Leden (Studierende), 26. März 2014 |
Projekt | Justus-Liebig-Universität Gießen, Wintersemester 2013/14 |
Rezension von Ehlert, Cynthia und Mona Leden (Studierende)
„Abenteuer Ethik 1“, das ist der Titel des Schulbuches für den Ethikunterricht der Jahrgangsstufen 5 und 6 an Gymnasien, Gesamtschulen und Regelschulen in Thüringen. Thematisch entspricht es in hohem Maße dem Lehrplan des thüringischen Kultusministeriums. Der dunkelblaue Einband wird mit dem Titel „Abenteuer Ethik“ verziert, wobei es schlicht und unauffällig wirkt. Ist das Buch so abenteuerlich, wie es der Titel verspricht?
Überblick über Aufbau, Inhalt und Konzept
Das Schulbuch beginnt mit einem Vorwort, in welchem der Aufbau des Buches vorgestellt wird. Sowohl die Auftaktseiten als auch die Verwendung der Logos werden erläutert. Es werden weiterhin Hinweise zu Materialien, Expertenaufgaben, Glossarnutzung und Informations-, Methoden- und Projektkästen gegeben. Die Symbole und Logos dienen dabei der Veranschaulichung und erleichtern das schnelle Erkennen einzelner Methoden und das Zurechtfinden im Buch. Es wird erläutert, dass sich am Ende eines jeden Kapitels eine Zusammenfassung befindet, welche das Können der SchülerInnen nach der jeweiligen Themeneinheit testet und Übungsaufgaben bietet („Was wir können – Was wir wissen“).
Das folgende Inhaltsverzeichnis stellt die 4 Hauptkapitel übersichtlich dar:
· Abenteuer Ich: Wer bin ich?/Vom Umgang mit Erfolg und Misserfolg/Medienwelten
· Ich und Wir: Ich und die anderen/Die Suche nach dem Glück
· Wir und die anderen: Judentum und Christentum/Religiöses Leben
· Ich und die Welt: Vom Anfang der Welt/Mensch, Natur und Technik
Zusätzlich werden Unterthemen mit Seitenzahlen aufgeführt, um das Zurechtfinden innerhalb des Buches zu erleichtern und dem Leser einen Eindruck zu vermitteln, welche inhaltlichen Fragestellungen in den jeweiligen Unterkapiteln thematisiert werden. So werden die Leitperspektiven von Individuum/ Person, Gesellschaft und Ideengeschichte durch den Inhalt aufgegriffen. Die einzelnen Kapitel sind gleich aufgebaut: doppelseitige Auftakt-, Inhalts- und Abschlussseiten. Das Motiv des Kapitels bildet den Hintergrund für die jeweilige Auftaktseite. Dieses farbliche Logo taucht auf jeder Seite in der oberen Ecke auf, um auf einen Blick erkennen zu können, an welcher Stelle des Buches man sich befindet und die Orientierung zu gewährleisten.
Die Auftaktseiten dienen der Hinführung zum Thema. Um Vorwissen zu aktivieren und das neue Thema einzuleiten, werden auf der linken Seite zwei bis drei Einstiegsaufgaben angeboten, welche in Gruppenarbeit oder im Plenum bearbeitet werden. Durch Bilder und einleitende Fragestellungen werden die SchülerInnen motiviert und ein Alltagsbezug wird hergestellt (z. B. Thema „Neue Klasse – neue Schule“). Neben der Schülerorientierung auf der inhaltlichen Ebene werden die Kompetenzen, die im Laufe des Kapitels erworben werden sollen, transparent gemacht. Auf der rechten Seite befindet sich ein kurzer Text, der die SchülerInnen direkt anspricht, ihnen einen inhaltlichen Überblick über das Thema gibt und mitteilt, was sie lernen werden. Zusätzlich wird meist ein Bezug zum vorherigen Kapitel gegeben.
Auf den Inhaltsseiten befinden sich verschiedene Materialien wie Bilder und Einführungstexte. Auf der rechten Seite ist der Aufgabenteil klar abgegrenzt. Die Expertenaufgaben sind formal durch die Markierung „X Experten“ gekennzeichnet und dienen einer Leistungsdifferenzierung. Die Aufgaben bieten jedoch keine Differenzierung im Hinblick auf Interessen. Zusätzlich werden Infokästen (gelb), Methodenkästen (orange) und Projektkästen (in der jeweiligen Kapitelfarbe) präsentiert. Während die Info- und Methodenkästen einen Wiedererkennungswert besitzen, ist anzumerken, dass auch eine einheitliche Farbe bei den Projektkästen von Vorteil wäre. Dies würde das Finden erleichtern.
Teilweise entsteht der Eindruck, dass ein Unterthema auf einer Doppelseite nicht ausreichend diskutiert werden kann (z. B. Thema „Tierschutz: Artgerechte Haltung“). Gerade im Ethikunterricht sollte die Möglichkeit gegeben werden, tiefgründigere Positionen zu beleuchten und Problemlösungsansätze zu entwickeln. Es wirkt daher teilweise oberflächlich und wie eine Aneinanderreihung von Themen. Die Glossarhinweise scheinen im Hinblick auf teilweise komplexere Textauszüge sinnvoll. Jedoch sind einige Begriffe schwierig und dadurch nicht altersangemessen definiert.
Den Abschluss bildet die letzte Doppelseite des jeweiligen Kapitels, welche einen Rückbezug zur Auftaktseite herstellt. Unter der Überschrift „Was wir wissen“ befindet sich links eine Zusammenfassung der bisher behandelten Themen. Damit soll den SchülerInnen ein Überblick über die wichtigsten Inhalte verschafft werden, um diese wieder ins Gedächtnis zu rufen. Rechts werden Grundbegriffe, Fähigkeiten und Fertigkeiten unter der Überschrift „Was wir können“ aufgegriffen. So werden die Kompetenzen transparent gemacht und die SchülerInnen können ihr Wissen überprüfen. Zusätzlich wird durch weitere Übungsaufgaben die Möglichkeit gegeben, gelerntes Wissen anzuwenden und Inhalte zu vertiefen.
Charakterisierung der didaktischen Gestaltung
Die im Buch behandelten Themen sind sinnvoll ausgewählt, da sie sich am Lehrplan orientieren und einen Alltagsbezug darstellen. Indem die Themengebiete aufeinander aufbauen und Rückbezüge zu sowohl Auftaktseiten als auch bereits behandelten Themen hergestellt werden, lässt sich eine inhaltlich nachvollziehbare Gliederung feststellen. Einstiegsaufgaben sowie weitere Methoden, unter anderem eine Rollenbiographie schreiben und einen ‚heißen Stuhl‘ veranstalten, sind dem Alter der SchülerInnen angemessen und problemorientiert. Vor allem das Kapitel „Wir und die anderen“ (Judentum und Christentum) spricht die Heterogenität der SchülerInnen an, indem verschiedene Religionen gegenübergestellt werden. Ansonsten werden Menschen mit Migrationshintergrund nur oberflächlich erwähnt (z.B. Namen der Protagonisten in Autorentexten) und es wird nur wenig auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten in verschiedenen Kulturen eingegangen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass Heterogenität nicht primär auf kultureller, sondern auf individueller Ebene hervorgehoben wird. So werden thematisch verschiedene Perspektiven und Bewertungen über das Streben nach Glück vorgestellt. Außerdem wird den SchülerInnen durch unterschiedliche Aufgabenstellungen ermöglicht, ihre Meinungen zu äußern und sie mit denen ihrer MitschülerInnen zu vergleichen bzw. zu diskutieren.
Teilweise kann die Einübung der Methoden oberflächlich wirken, da sie eher auf das jeweilige Thema und die dazugehörige Doppelseite begrenzt ist (z. B.: Rollenspiel; Perspektivübernahme). Einmal eingeführt werden die Methoden nicht explizit genannt oder noch einmal kurz erläutert. Alternativ wäre ein Verweis auf die Methodenseite hilfreich, wenn diese in einer Aufgabenstellung wieder aufgegriffen wird.
Pro Doppelseite können zwischen fünf und acht Aufgaben im Unterricht behandelt werden. Insgesamt werden die Aufgaben durch zahlreiche Operatoren präzisiert (z. B. nenne, erläutere etc.). Die wenigen W-Fragen werden konkretisiert (bspw. „Welche Motive haben die Kinder vermutlich zu ihrer Entscheidung bewegt? Ordnet passende „Motive von der Leine“ zu und besprecht eure Ergebnisse.“). Durch verschiedene Aufgabentypen, Operatoren und Textsorten wird versucht, Leseförderung anzustreben. Dazu dient im Besonderen die Methode „Texte lesen und verstehen“ mit dem Ziel, kritisches Lesen zu fördern. Dabei soll der zu behandelnde Text in Abschnitte gegliedert und nicht verstandene Textstellen markiert werden. In einem häufig vorhandenen Dreischritt bieten die Aufgaben die Möglichkeit zur Aktivierung von Vorwissen, Texterarbeitung (der Hauptaugenmerk liegt hier in Textzusammenfassungen) und einer Anschlusskommunikation. Während nur teilweise an Vorwissen angeknüpft wird, ist letztere manchmal zu oberflächlich, indem lediglich ein Meinungsaustausch stattfindet. Einzelne Aufgaben bieten hier jedoch auch ein hohes philosophisches Potenzial: beispielsweise Gedankenexperimente, kreative Aufgaben, anschließende Diskussionen zur kritischen Urteilsbildung oder Begründung der eigenen Meinung und Aufgaben, die behandelte Inhalte in den Alltag integrieren und kritisch beleuchten. In Kapitel 4 werden die SchülerInnen dazu ermutigt, sich in die Situation eines Zootierarztes zu versetzen. Damit wird das selbständige und problemlösende Denken angeregt und Lösungswege sollen im Verlauf einer Einzel- und Gruppenarbeit oder im Plenum gefunden werden. Somit ist meist ein deutlicher Problematisierungszusammenhang erkennbar, der durch die genannte Dreischritt-Leseförderung erarbeitet werden kann.
Weiterhin stehen Text- und Bildquellen in einem logischen Zusammenhang. Aktuelle und unterschiedliche Bildquellen (realistische, gezeichnete Bilder, Illustrationen von Philosophen etc.) motivieren damit die SchülerInnen und veranschaulichen Themen.
Materialien
Bezogen auf die Auswahl der Materialien wird eine Vielzahl an Textsorten eingesetzt. So bieten informierende (z.B. Infokästen und Sachtexte), argumentierende (z.B. Tierschutzbund), journalistische (Spiegel, Süddeutsche Zeitung), philosophische, literarische (z.B. Romanauszüge) und religiöse Texte (Bibelauszüge und Lieder) sowie Filmskripte oder Musiktexte (Jan Delay, Fußballlied) die Möglichkeit für einen abwechslungsreichen Unterricht. Feststellen lässt sich, dass die Materialien sowohl ältere Texte, z .B: der Brüder Grimm als auch zeitgenössische Auszüge, beispielsweise aus „Harry Potter“, einschließen. Außerdem ist positiv zu vermerken, dass die möglichen geschlechterspezifischen Interessen in der Auswahl der Materialien berücksichtigt werden. So enthält das Werk beispielsweise nicht nur Filmskripte von „Die Wilden Hühner“, sondern auch von „Die Wilden Kerle“. Je nach Themengebiet variiert die Anzahl der verschiedenen Textsorten. Diese Schwerpunktsetzung scheint sinnvoll zu sein, wenn beispielsweise das Thema „Medien“ behandelt wird und dort relativ viele journalistische Texte verwendet werden.
Insgesamt gesehen ist die Auswahl und Präsentation der Materialien sinnvoll und schülergerecht. Es wird versucht an die Alltagswelt der SchülerInnen anzuknüpfen. Beiträge über z.B. „Deutschland sucht den Superstar“ zeigen, dass eine Aktualität der Themen bzw. Materialien zur Veranschaulichung dieser gegeben ist. Die Länge der Texte ist ebenso angemessen wie das Sprachniveau und die Verständlichkeit (vor allem durch den Alltagsbezug). Somit lässt sich sagen, dass ein gewisses Potential in den Aufgaben und Spielen vorhanden ist. Jedoch ist die inhaltliche Bearbeitung oftmals doch eher weniger abenteuerlich (vgl. Lesen von Texten und Textarbeit). Dazu können auch die Autorentexte herangezogen werden, welche teilweise nicht außerordentlich originell sind, insgesamt aber einen Alltags- und passenden Themenbezug geben und verständlich formuliert sind.
Multiperspektivität
Des Weiteren wird keine Einheitsmeinung vermittelt. Durch die Vorstellung verschiedener Sichtweisen (z.B. Weltbilder im Wandel – philosophische, naturwissenschaftliche und religiöse Sicht) und Perspektiven (z.B. DSDS – berühmt werden vs. sich blamieren), können die Themen von den SchülerInnen kritisch hinterfragt und ihre ethische Relevanz bewertet werden. So bietet auch die Methode des Perspektivwechsels die Möglichkeit, verschiedene Positionen aufzuzeigen und sich in bestimmte Rollen hineinzuversetzen, um dadurch tiefgründigere Argumentationen zu erzeugen.
Die angebotenen Materialien ermöglichen es, ethische Fragen zu erkennen, zu erkunden und zu verstehen. Es werden ebenfalls Problemlösungsansätze gegeben, dennoch sind teilweise keine ausreichenden und klaren Lösungen vorgegeben. Der Fokus der Bearbeitung scheint folglich eher auf den Diskussionen und einer eigenen Meinungsbildung zu liegen.
Dem fachdidaktischen Konzept entsprechend enthält das Buch sowohl Gedankenexperimente (Umgang mit Gefühlen) als auch Methoden, die zum Perspektivenwechsel (z.B. Rollenspiel) oder dem Beobachten von sich selbst anregen sollen. Um diese Methoden im Unterricht durchführen zu können, werden sie eingeführt, um sich beispielsweise in die Position eines anderen hineinversetzen zu können (z.B. Gefühle darstellen). Insgesamt betrachtet orientiert sich das Werk am Fachkonzept Ethik. Positiv anzumerken ist, dass es auch das Konzept des Religionsunterrichts miteinbezieht, vor allem im Kapitel „Wir und die anderen“, indem Religion als Teil des ethischen Konzepts begriffen wird. Hier findet man dann auch Methoden wie die des Nachschlagens von Bibelstellen.
Innerhalb des Werkes werden fachwissenschaftliche Aktualität gewährleistet und zentrale Dimensionen des Faches berücksichtigt: Philosophie (z. B. Aristoteles, Thales), Religionswissenschaften (besonders im Kapitel über Judentum und Christentum und in der Analyse von Bibelstellen), Sozialwissenschaften (Verantwortung des Menschen) und Naturwissenschaften (im Kapitel „Vom Anfang der Welt“). Positiv ist festzuhalten, dass der kritische Umgang mit neuen Medien geschult wird, indem im Internet über Aspekte und Themen recherchiert werden soll. Der Versuch, neue Medien im Buch einzubeziehen, gelingt jedoch nur teilweise und könnte öfter angewandt werden.
Beurteilung
Abschließend kann festgehalten werden, dass das Lehrbuch „Abenteuer Ethik 1“ eine gute Struktur aufweist. Die angebotenen Themen, die sich am thüringischen Lehrplan orientieren, sind abwechslungsreich und schülernah gestaltet und bieten einen Überblick über relevante ethische Themengebiete. Die Inhalte sind dem Niveau von SchülerInnen der 5. und 6. Klassen angemessen und bieten die Möglichkeit sich weiterführend mit unterschiedlichen Themen zu befassen. Bilder und zusätzliche Materialien orientieren sich an der Alltagswelt der SchülerInnen und wecken Interesse. Die vielfältigen Materialien sprechen dabei Jungen und Mädchen gleichermaßen an (vgl. Textauszüge zu „Die Wilden Hühner“ und „Die Wilden Kerle“). Auf den Abschlussseiten können die SchülerInnen ihr Wissen überprüfen und vertiefen sowie ihre Lern- und Kompetenzentwicklung reflektieren.
Ist das Buch so abenteuerlich, wie es der Titel des schlicht gestalteten Buches verspricht? Einerseits wird versucht, neue Blickwinkel aufzuzeigen, indem beispielsweise auch nicht alltägliche Aufgaben wie der Besuch eines Tierheims integriert werden. Andererseits ist ein Großteil der Aufgaben eher gewöhnlich und weniger überraschend oder abenteuerlich. Auch der Aufbau des Buches in den jeweiligen Kapiteln ist gleich und zeigt damit wenig abenteuerliches Potenzial auf.
Dennoch ist das Lehrbuch „Abenteuer Ethik 1“ für den Ethikunterricht der 5. und 6. Klasse angemessen und durch seine Übersichtlichkeit, den Alltagsbezug und Material- und Themenvielfalt empfehlenswert.