Ethik / Philosophie, 5./6. Schuljahr, Gymnasium
Ethikos 5 - Gymnasium Bayern
Herausgegeben von | Applis , Stefan |
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Erschienen | München: Oldenbourg, 2017 |
Seitenanzahl | 144 |
ISBN | 978-3-637-01637-8 |
Geeignet für | Bayern |
Rezensiert von | Eser, Dilan und Hazal Toraman (Studierende), 30. Mai 2018 |
Rezension von Eser, Dilan und Hazal Toraman (Studierende)
Einleitung
,,Ethikos 5“ ist ein für den gymnasialen Schulzweig des Bundeslandes Bayern geeignetes und vom Oldenbourg Schulverlag in München im Jahre 2017 veröffentlichtes Arbeitsbuch für den Ethikunterricht der fünften Klasse. Das Schulbuch beginnt mit einer Ansprache, die den Schülerinnen und Schülern gewidmet ist. Diese ,,Wegbeschreibung’’, wie die Autorinnen und Autoren sie bezeichnen, soll der Orientierung der Schülerschaft dienen. ,,Wie finde ich meinen Weg im Leben?’’, ,,Wie kann ich gut mit anderen zusammenleben?’’, ,,Wie treffe ich die richtigen Entscheidungen, wenn es darauf ankommt?’’ – im Laufe des Buches werden diese und weitere Fragen näher betrachtet und beantwortet. Die Schülerinnen und Schüler werden in die Thematik involviert, indem sie lernen, eigenständige Fragen zum jeweiligen Thema zu formulieren und dabei auch von den eigenen Erfahrungen zu berichten. ,,Ethikos 5’’ übernimmt an dieser Stelle die Rolle eines Begleiters in einem Fach, in dem es um ethische Orientierung geht.
Konzept
In der ,,Wegbeschreibung’’, die vor das Inhaltsverzeichnis gestellt wurde, haben die Autorinnen und Autoren die ,,Du-Anrede’’ verwendet und sprechen die Schüler direkt und persönlich an. So wird die Distanz zwischen den Autorinnen und Autoren und den Schülerinnen und Schülern abgebaut.
Das darauffolgende Doppelseitenformat ist nach einem klaren und verständlichen Konzept aufgebaut. Passend zum neuen LehrplanPLUS in Bayern sind die Kapitel des Lehrwerkes in folgende vier Themenkomplexe aufgeteilt:
1. Wahrnehmungen und Bedürfnisse
2. Familie
3. Spielen und Lernen
4. Feste
Diese mit dem Lehrplan identische Einteilung dient einer guten Orientierung. Alle diese vier Themenkomplexe beginnen mit einer sogenannten ,,Themen-Startseite’’ zur Einführung in das Thema. An dieser Stelle tauchen auf der einleitenden Doppelseite die ersten Texte, Fragen und Bilder zum Thema auf. Dies verschafft den Schülerinnen und Schülern einen ersten Einblick in die bevorstehende Thematik.
Die ersten drei Themenbereiche sind jeweils in drei Kapitel gegliedert, das Thema ,,Feste’’ hingegen ist in zwei Kapitel unterteilt. Weiterhin sind diese Kapitel mit einer impulsgebenden ,,Kapitel-Startseite’’ versehen. Dadurch werden die Inhalte der Kapitel an dieser Stelle verdeutlicht und die Fragen zum Thema konkretisiert. Eigene Erfahrungen, Mind-Maps und Begriffsnetze zum E?nstieg werden auf diesen Kapitel-Startseiten oft angeregt. Die Kapitel-Startseiten stellen somit eine sehr gelungene Einleitung dar, da die Schülerinnen und Schüler von ihren subjektiven Wahrnehmungen berichten und verdeutlichen können, was sie mit dem jeweiligen Thema in Verbindung bringen. Sie werden also von Anfang an in die Thematik involviert.
Die Kapitel enden alle mit einer Schlussseite. Auf dieser letzten Seite können die Schülerinnen und Schüler durch unterschiedliche Aufgaben das Gelernte festigen und es auch im Hinblick auf weitere kniffligere Gedankenexperimente anwenden. Ferner beinhalten diese Seiten ,,Rückblicke’’, die eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte der Themen darstellen.
Methodenvielfalt wird in diesem Schulbuch groß geschrieben. Gedankenexperimente, Rollenspiele, Diskussionen und auch Denkfreiräume werden in allen vier Themenbereichen angeboten. In jedem Themenbereich tauchen Methoden zum Üben und Anwenden in Form von grünen,,Methodenboxen’’ auf, die durchaus eine komplette Buchseite umfassen können. Sie enthalten anschauliche Erklärungen und Vertiefungen einer Methode. Die Schülerinnen und Schüler lernen somit verschiedene Arbeitsverfahren und Methoden kennen, die ihnen dabei helfen können, selbstständig zu lernen und zu arbeiten. Die Lehrkraft erhält die Möglichkeit, verschiedene Methoden, die zu dem Thema und der Zielsetzung der Unterrichtsstunde passen, auszusuchen und durchzuführen. Obwohl dies eine sehr gute Option zur Schüleraktivierung ist, ist hier zu erwähnen, dass einige Methoden, beispielsweise das Führen eines sokratischen Gesprächs, nicht unbedingt für eine fünfte Klasse geeignet sind. Nichtsdestotrotz sind die ,,Methodenboxen’’ eine sehr gute und gelungene Idee der Autorinnen und Autoren, um sowohl der Schülerschaft als auch den Lehrkräften die unterschiedlichsten Methoden nahezubringen und abwechslungsreiche Stunden gestalten zu können.
Darüber hinaus sind ,,Infoboxen“ in den Kapiteln enthalten, welche sich durch gelbe Farbgebung optisch von den „Methodenboxen“ unterscheiden, um den Umgang mit dem Material zu erleichtern. Die Infoboxen haben die Aufgabe, den Erklärungsbedarf wichtiger Begriffe der jeweiligen Thematik zu decken und Überblickswissen zu verschaffen. Hierbei ist kritisch zu erwähnen, dass diese Infoboxen teils nicht an geeigneter Stelle platziert sind. Als Beispiel ist hier das Thema ,,Urteil und Vorurteil’’ anzuführen. Zu Beginn des Themas werden bestimmte Vorurteile und Urteile (,,Bsp.: Italiener mögen Pizza’’) vorgestellt, anschließend folgen die Aufgaben und die Unterscheidung der Begrifflichkeiten. Die Thematik endet mit einer Infobox, welche eine Definition von Urteil und Vorurteil beinhaltet. An dieser Stelle wäre es sinnvoller gewesen, diese Infobox in die Einführung zu verlagern. Eine andere Alternative wäre gewesen, dass sie nur eine Zusammenfassung beinhaltet, die als ergänzendes Überblickswissen dient.
Materialien und Aufgaben
Die Arbeitsanweisungen sind überwiegend direkt an die Schülerschaft gerichtet. Dafür haben die Autorinnen und Autoren bestimmte Verben präzise als Operatoren eingesetzt (suche, erkläre, nenne, trage zusammen, entwickle, erzähle etc.). Trotz der Info- und Methodenboxen, die bei der Bewältigung der Aufgaben eine Stütze sein sollen, sind die Aufgabenstellungen teilweise allerdings nicht für das Niveau einer fünften Klasse geeignet. Das Führen eines sokratischen Gesprächs oder das Lesen verschiedener philosophischer Texte von Autoren wie Descartes oder Aristoteles helfen eventuell dabei, kleine Genies zu schaffen, allerdings fördern sie nicht zwangsläufig den Lernerfolg von zehn- oder elfjährigen Kindern. Ebenso setzen z.B. Aufgaben, die die Schülerinnen und Schüler dazu animieren, in die darwinsche Perspektive zu schlüpfen und sich Gedanken über evolutionäre Fragen zu machen, zu viel Vorwissen voraus, ohne die eine befriedigende Bewältigung der Aufgabenstellung aber kaum möglich ist. Ohne zu wissen, wie Darwin gedacht hat, kann die Aufgabe nicht gelöst werden. Die ,,darwinsche Perspektive’’ sollte daher, wenn überhaupt, zunächst erklärt werden. Die Erklärung könnte visuell hervorgehoben und in einen farbigen Merkkasten gestellt werden. Damit wird den Schülerinnen und Schülern signalisiert, dass es sich hier um etwas Wichtiges handelt. Grundsätzlich kann aber darüber gestritten werden, wie sinnvoll es ist, solch ein Thema im Ethikunterricht einer fünften Klasse zu behandeln.
Die gut gefüllten Seiten wirken auch angesichts der Marginalspalten, welche verschiedene kurze Worterklärungen, Tipps, Verweise auf andere Seiten und Internet-Links beinhalten, oft erdrückend. Insgesamt gibt es sehr viele vollgeschriebene Seiten, die nicht nur die Schülermotivation beeinträchtigen, sondern auch die Gefahr von Überlastung und Reizüberflutung der Schüler mit sich bringen.
Bei der Textauswahl haben sich die Autorinnen und Autoren der Vielfalt der unterschiedlichen Textgattungen bedient, wie beispielsweise Interviews, Berichte, Zeitungsartikel und Kurzgeschichten. Allerdings sehen wir in dieser Vielfalt ebenfalls die Gefahr einer Reizüberflutung für die Schülerinnen und Schüler. Es tauchen häufig Seiten auf, die überfüllt sind mit Aufgabenstellungen oder aufeinander folgenden Texten. Es wäre wünschenswert gewesen, wichtige Wörter bzw. Informationen visuell hervorzuheben (z. B. durch Überschriften, Fett-/Kursivdruck, Randbemerkungen etc.) und den Schülerinnen und Schülern den Unterschied zwischen Wichtigem und Unwichtigem somit zu erleichtern.
Im gesamten Werk tauchen viele unterschiedliche, bunte Bilder auf, die jeweils auch zum behandelten Thema passen. Trotz der gelungenen Bebilderung wurde der Eindruck der Textfülle jedoch nicht gemildert.
Im Ethikunterricht sollte es besonders viel Raum für Gesprächs- und Diskussionsrunden geben. Die Klassen an den Schulen sind heutzutage eher heterogen zusammengesetzt. Positiv anzumerken ist, dass in den Texten auf diese Heterogenität und Pluralität der Gesellschaft eingegangen wird. Themenbereiche wie die Inklusion oder die kulturelle Vielfalt im Land finden viel Beachtung. Beispielsweise werden unterschiedliche Bekenntnisse, Feste und Feiertage beleuchtet und genauer unter die Lupe genommen. Außerdem tauchen Vornamen unterschiedlicher Nationalitäten auf. Es wird sogar auf die damit verbundene Problematik (Rassismus) eingegangen.
Ein weiterer positiver Aspekt ist das Ethik-Lexikon und das Methoden-Glossar im Anhang. Die Schülerinnen und Schüler haben somit die Möglichkeit, die wichtigsten Begriffe zum behandelten Thema nachzuschlagen, und haben außerdem einen Überblick über alle verwendeten Methoden, die dort nochmal zusammengefasst sind.
Fazit
,,Ethikos 5’’ ist sowohl für die Schülerschaft als auch für das Lehrpersonal ein Fachbegleiter. Die Kompaktheit des Lehrwerkes soll dabei nicht täuschen. Verteilt auf 144 Seiten wartet ein umfassendes Informationsangebot auf die Leserschaft, das angesichts seiner dichten Präsentation und seines hohen Niveaus allerdings überfordernd wirken kann. Als Begleitlektüre ist das Werk durchaus geeignet, jedoch könnte das wöchentliche Arbeiten damit schwer werden, da Vor- und Nachbereitungen seitens der Schülerschaft und der Lehrkraft unabdingbar sind.
Durch die Vielzahl an Methoden haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich im Plenum, in Gruppen- oder Einzelarbeit mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Dies dient nicht nur der Erarbeitung von Inhalten auf unterschiedliche Weise, sondern auch der Förderung unterschiedlicher Kompetenzen wie der Kommunikations-, Kooperations- und Sprachfähigkeitskompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Insgesamt würde sich das Schulbuch besser als Begleitlektüre eignen, da sich die Lehrkraft bei dieser Verwendungsweise das passende Material oder die passende Methode entsprechend dem Niveau der Schulklasse aussuchen und eventuell die Aufgabenstellungen umformulieren und somit sowohl didaktisch reduzieren als auch differenzieren kann.