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Erdkunde, Oberstufe, Gymnasium

Terra Geographie 12

Terra Geographie 12
Herausgegeben von Aunkofer, Marcus
Erschienen Stuttgart: Klett, 2010
Seitenanzahl 195
ISBN 978-3-623-29120-8
Geeignet für Bayern
Rezensiert von Friderike Mettke und Claudia Kähler (Studierende), 16. Januar 2012
Projekt Universität Potsdam, Somersemester 2011

Rezension von Friderike Mettke und Claudia Kähler (Studierende)


Das neue TERRA Geographie Buch für die Oberstufe (12. Klasse) in Bayern ist ein durchaus gelungenes Schulbuch, das jedoch einige Mängel aufweist. Worin Vorzüge und Schwächen  jeweils bestehen, soll im Folgenden näher erläutert werden.

Formaler Aufbau
TERRA Geographie 12 beginnt zunächst mit der Erläuterung von Operatoren. Die Begriffserklärungen zu möglichen Aufgabenstellungen scheinen durchaus sinnvoll und erweisen sich als ein Pluspunkt, den das Buch zu bieten hat. Positiv erscheint auch die Aufteilung in Thema (rot), Methode (blau) und Fragen (grün) durch unterschiedliche Farben am Seitenrand. Somit erhält man schnell einen groben Überblick, worum es gerade geht. Die Qualität der Karten und Bilder hinterlässt ebenfalls einen guten Eindruck. Was auffällt, ist das Fehlen eines Vorwortes seitens des Autorenteams, in dem sie sich selbst und ihr Konzept vorstellen.

Thematische Gliederung
Da dieses Lehrbuch für die Oberstufe gedacht ist, beschäftigt es sich ausschließlich mit humangeographischen Fragestellungen. Das Buch ist in fünf Kapitel aufgeteilt. Jedes Kapitel beginnt zunächst mit einer Einführungsseite, die nicht nur erste Einblicke in das folgende Thema gibt, sondern mit Hilfe anregender Bilder auch viele Fragen zu dem Thema aufwirft. Das erste Kapitel behandelt Merkmale und Ursachen unterschiedlicher Entwicklung. Kapitel 2 befasst sich mit der Bevölkerungsentwicklung und der Verstädterung der Erde, Kapitel 3 mit der Globalisierung und Kapitel 4 mit der Raumstruktur und den aktuellen Entwicklungsprozessen in Deutschland. Das fünfte Kapitel ist lediglich ein Anhang mit Methodenkompendium sowie einem Glossar. Alles in allem ein gut strukturiertes Werk, das durch wenige Kapitel und Farbmarkierungen sehr übersichtlich gestaltet ist.

Konzept und Autorentext
Die Texte lesen sich äußerst angenehm und sind altersangemessen. Allerdings werden die Texte teilweise zu stark verallgemeinert und gelegentlich auch vereinfacht. Somit laufen die Autoren in einigen Kapiteln Gefahr zu pauschalisieren und Stereotypen zu kreieren. Dennoch werden oft auch verschiedene Perspektiven oder Theorien im Text vermittelt. Diese fördern eine kritische Auseinandersetzung mit dem Material, jedoch wird nicht darauf eingegangen, zu welchen Resultat man nun kommen müsste bzw. ob man überhaupt zu einem Resultat kommen kann. Ein Problem ist hier vermutlich, dass das Lehrbuch sich durch relativ viele kurze Texte auszeichnet, was zum einen angenehm für den Leser sein mag, zum anderen aber dazu führt, dass man nur einen relativ oberflächlichen Einblick erhält. Wünschenswert wären daher auch längere, zusammenhängende Texte.
Durch Erläuterungen in den Randspalten wird in der Regel in die Fachsprache gut eingeführt. Dazu gibt es allerdings Ausnahmen. Gelegentlich werden Begriffe weder hier erklärt, noch finden sie sich im Anhang im Lexikon wieder. Zum Beispiel wird den Schülerinnen und Schülern  der Begriff „Merkmalsbündelung“ auf Seite 14 nicht eindeutig klar, es sei denn er kennt ihn schon. Auch auf Seite 26 wird bei der Behandlung des Maghreb nicht deutlich, was der Maghreb überhaupt ist und aus welchen Staaten er sich zusammensetzt. Hierbei ist zu bemerken, dass in der Tabelle auf der derselben Seite lediglich von Tunesien und Ägypten als Maghreb-Staaten die Rede ist. Dies lässt für den unwissenden Leser den Anschein entstehen, dass dies die einzigen Staaten sind, die dem Maghreb angehören. Ebenfalls lässt sich auch eine falsche oder veraltete Fachsprache finden (siehe Seite 9 „Kulturkreis“). Positiv ist, dass die Erläuterungen spezieller Aspekte durch grau hinterlegten Kästen besser zur Geltung kommen, weil sie sich deutlich von den restlichen Informationen unterscheiden (Bsp. Ökumene - Anökumene).
In jedem Kapitel werden Methodenseiten eingestreut, in denen der Leser erfahren kann, wie man beispielsweise Statistiken interpretiert und bewertet, mit graphischen Darstellungen statistischer Daten arbeitet oder auch Recherchen durchführt. Abschließend zu jedem Kapitel gibt es ein sogenanntes TERRA-Training, in dem Fragen zum jeweiligen Thema gestellt werden. Nützlich erscheinen die am Rand stehenden Stichworte, die das Wichtigste aus dem Kapitel zusammenfassen.
Die Strukturierung des Inhaltes scheint recht problemorientiert zu sein. Positiv auffallend ist zum Beispiel auf Seite 20 die Betrachtung von verschiedenen Theorien und die Frage danach, was daran zutreffend ist und was nicht. Zu kritisieren wäre, dass die Fragen auf den Themenseiten oft sehr plakativ sind. Die Antworten stehen teilweise schon genauso im Text und müssen vom Leser eigentlich nur wortwörtlich wiedergegeben werden.
Zu erreichende Lernziele werden in diesem Lehrbuch nicht explizit genannt. Es wird dem Lehrenden somit selbst überlassen, was er aus den zur Verfügung gestellten Informationen macht und wie er sie vermittelt. Die Methodenseiten beschäftigen sich nur teilweise mit speziell geographischen Methoden (z. B. Exkursion). Darüber hinaus werden auch allgemein-didaktische Methoden erläutert wie zum Beispiel das Gruppenpuzzle.

Materialien
Das im Buch verwendete Material ist an sich sehr vielfältig. Neben Karten, Tabellen und Diagrammen gibt es auch Kartenskizzen, zahlreiche Bilder und auch Verweise zu Links im Internet. Alle Materialien können dank der Methodenseiten, die die dazu benötigten Kompetenzen vermitteln, vom Leser selbstständig ausgewertet und für den Unterricht fruchtbar gemacht werden. Ein kleiner Kritikpunkt hierbei wäre, dass die Karten und Abbildungen an manchen Stellen zu wenig mit dem Text in Beziehung gesetzt werden. Besonders positiv fallen die verwendeten Karikaturen auf, weil sie die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema fördern, wie etwa die Karikatur auf Seite 26, die einen hungernden Menschen zeigt, mit dem Untertitel: „Typisches Afrika-Bild?“.Leider lässt das Buch eine Methode für die Interpretation von Karikaturen, die doch recht häufig verwendet werden, vermissen. Hinzu kommt, dass sich die Methodenseiten auch mit Klimadiagrammen beschäftigen, obwohl in dem Buch gar keine vorhanden sind. Das Gleiche gilt auch für Höhenprofile.
Im Bezug auf die Internetverweise  spielt das Buch seinen großen Trumpf aus. Die Internetquellen sind sehr gut recherchiert, sehr umfassend und methodisch vielfältig. Es finden sich weiterführende und fachwissenschaftlich fundierte Informationen. Es wäre schön, wenn sich von der Sorgfältigkeit, mit der die Internet-Links ausgesucht wurden, auch in der gedruckten Version mehr wiederfinden ließe. Leider ist das Material an sich zwar solide, aber nicht besonders innovativ. Material, das sich für alternative, schülerorientierte Unterrichtsmethoden nutzen ließe, wie zum Beispiel  Gruppenpuzzle-Materialien, fehlen.

Fachwissenschaftlicher Ansatz und Aktualität
Ein positiver Punkt ist, dass in dem Schulbuch Themen wie Nachhaltigkeit behandelt werden und auch versucht wird, eine mehrperspektivische Sicht von Räumen und Problemen zu erhalten. Dadurch macht der Leser die Erfahrung eines vielfältigen und differenzierten Weltbildes. Es wird versucht, dem Leser auch andere Sichtweisen näher zu bringen, jedoch bleibt die Frage, inwiefern dies immer erfolgreich umgesetzt wurde und inwiefern der Leser am Ende doch in die „richtige Richtung“ gelenkt wird, indem ihm z. B. nahegelegt wird, wie man sich weltoffener und verantwortungsbewusster verhält.
Weiterhin positiv zu erwähnen ist, dass sowohl globale, als auch nationale sowie regionale Betrachtungsebenen berücksichtigt werden. Dadurch, dass erst in Kapitel 4 speziell auf Deutschland eingegangen wird, bekommt das Buch eine durchaus sinnvolle Struktur, die sozusagen vom Überblick ins Detail, bzw. in den persönlichen Lebensraum der Schülerinnen und Schüler, geht.
Insgesamt liegt der Schwerpunkt auf dem Gebiet der Anthropogeographie. Neben den fachwissenschaftlichen Aspekten werden nur zum geringen Teil auch historische und gesellschaftlich politische Aspekte berücksichtigt. Die verwendeten Darstellungen entsprechen  dem aktuellen Forschungsstand.

Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass TERRA Geographie 12 ein gut strukturiertes Buch ist. Einen besonderen Pluspunkt erhält es für seine Unterscheidungen durch verschiedene Farbmarkierungen. Auch die Methodenseiten sind äußerst nützlich. Die Internetquellen sind sehr umfassend und bieten einen reichen Schatz an Materialien. Die Texte im Buch sind dagegen relativ kurz und tendieren an manchen Stellen zur Oberflächlichkeit. Auch weisen sie einige Mängel bezüglich mancher  Begriffserklärungen auf. Ebenfalls wurden Begriffe zum Teil fachlich falsch wiedergegeben. Zwar ist der Text altersangemessen verfasst worden, jedoch sind die Verweise auf die zu gebenden Antworten zu deutlich. Der Lerner muss im Prinzip den Abschnitt im Text lediglich wortwörtlich wiedergeben. Alles in allem ist TERRA Geographie Bayern 12 ein solides Schulbuch, wer aber innovativen Unterricht betreiben will, sollte besser auch zu anderen Materialien greifen.




Lizenz: CC BY-ND 4.0 Lizenz „Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International“ (CC BY-ND 4.0)


Info Zitation Friderike Mettke und Claudia Kähler. Rezension zu: Terra Geographie 12 von Aunkofer, Marcus (Hg.). Stuttgart: Klett 2010, ISBN 978-3-623-29120-8, Edumeres 2012, https://edu-reviews.edumeres.net/rezensionen/rezension/friderike-mettke-und-claudia-kaehler/, zuletzt geprüft am 26.03.2024.