Geschichte, 9./10. Schuljahr, Realschule
Zeitreise 9
Herausgegeben von | Robl, Johann Wolfgang und Jürgen Böhm |
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Erschienen | Stuttgart: Klett, 2010 |
Seitenanzahl | 199 |
ISBN | 978-3-12-420090-7 |
Geeignet für | Bayern |
Rezensiert von | Hammer, Katrina und Jana Krebs (Studierende), 27. Februar 2012 |
Projekt | Universität Regensburg, Wintersemester 2011/12 |
Rezension von Hammer, Katrina und Jana Krebs (Studierende)
Einleitung
Zeitreise 9 ist ein Schulbuch mit Lese-und Arbeitsbuchcharakter für den Geschichtsunterricht der Jahrgangsstufe 9 an Realschulen im Bundesland Bayern. Das Schulbuch behandelt den Zeitraum von der Industrialisierung bis zum Zweiten Weltkrieg und vermittelt dabei den Schülerinnen und Schülern nicht nur bloßes Faktenwissen, sondern führt auch an die Arbeitsweisen eines Historikers heran. Der Arbeitsbuchcharakter wird durch zahlreiche Materialien und Quellen betont. Darüber hinaus fördern Auszüge aus aktuellen Kinder- und Jugendbüchern und Romanen das Interesse des oder der Lernenden am historischen Gegenstand.
Aufbau
Die Coverabbildung des Schulbuches „Zeitreise 9“ fällt sofort durch die kräftige Farbgebung auf. Im Mittelpunkt des Bildes findet sich ein Hochofen, der an das Thema Industrialisierung anknüpfen soll. Es ist jedoch fraglich, ob der Zusammenhang zum geschichtlichen Ereignis für die Schülerinnen und Schüler erkennbar wird. Zu Beginn des Buches findet sich ein kurzer Wegweiser durch das Buch. Die Schülerinnen und Schüler werden in die Abkürzungen, Methoden und Arbeitsweisen des Buches eingeführt. Außerdem wird der oder die Lernende darüber informiert, dass das Buch neben den Methodenseiten auch Projektseiten und Leseecken beinhaltet. Zu bemängeln ist hierbei, dass die Schülerinnen und Schüler nicht persönlich angesprochen werden und somit der persönliche Bezug zu ihnen fehlt.
Um den Schülerinnen und Schülern einen Überblick über das Wissen der Jahrgangsstufe 9 zu vermitteln, ist das Inhaltsverzeichnis sinnvoll und übersichtlich gegliedert. Für jedes Kapitel wird eine andere Farbe verwendet, die in den einzelnen Kapiteln wieder aufgegriffen wird und somit Wiedererkennungswert besitzt. Außerdem wurden die Materialseiten farbig hervorgehoben. Um das Interesse der Schülerinnen und Schüler noch weiter zu wecken, wären eventuell kleine Bildausschnitte sinnvoll gewesen.
Um den Einstieg in die neue Jahrgangsstufe zu erleichtern, stellen die Autoren sechs Seiten zur Wiederholung des Grundwissens aus der vorhergehenden Jahrgangsstufe zur Verfügung (S. 6-11). Spielerisch soll der oder die Lernende durch Fragekärtchen zur Festigung bereits erworbenen Wissens motiviert werden. Die Fragekärtchen sind gegliedert nach Begriffen, Daten und Namen. Des Weiteren wird auf jedem Kärtchen der Schwierigkeitsgrad angegeben und es werden Lösungen angeboten, die den Schülerinnen und Schülern eine selbstständige Überprüfung ermöglichen. Diese Methode fördert das selbstständige Arbeiten des Schülers oder der Schülerin. Obwohl die Methode zur Wiederholung des Wissens sinnvoll ist, sind vereinzelt Fragen zu schwierig und zu umfangreich. Des Weiteren sind die Fragen sehr spezifisch und es könnte den Schülerinnen und Schülern schwer fallen, sich an Details zu erinnern. Ein Beispiel wäre hierfür „Wer erfand die Gewaltenteilung“ oder „ Gib das Gründungsjahr der USA an“.
Jeder Themenbereich wird durch eine Auftaktdoppelseite (ADS) eingeleitet. Die ADS überzeugt durch zeitgenössische Bilder, Karikaturen, Fotografien mit jeweils kurzen Erläuterungen und Angaben der Quellen. Sie dient als motivierender Einstieg ins Thema und regt zur kritischen Auseinandersetzung an. Unter anderem wird den Schülerinnen und Schülern bewusst gemacht, zu welchem Zeitpunkt – nämlich um 1900 (S. 13) man bereits die Fotografie verwendete.
In jedem Einzelkapitel befindet sich links der Verfassertext und rechts die Materialienseite. Der Verfassertext ist schülerfreundlich in kurzen, verständlichen Sätzen gehalten und in überschaubare Absätze gegliedert. Am linken Rand des Verfassertextes finden die Schülerinnen und Schüler die wichtigsten Schlagwörter aus dem Text erklärt, wobei die wichtigsten mit der jeweiligen Farbe des Kapitels hervorgehoben sind.
Die Materialienseite auf der rechten Seite bietet dem oder der Lernenden sowohl Quellen als auch ausgewählte Darstellungstexte und weitere Materialien wie z. B. zeitgenössische Landkarten und Statistiken.
Am Ende jedes Großkapitels wird der Themenbereich unter der Rubrik „Auf einen Blick“ noch einmal in einem kurzen Text mit den wichtigsten Informationen zusammengefasst. Den Schülerinnen und Schülern werden in einer farbigen Zeitleiste am linken Rand die wichtigsten historischen Ereignisse anhand von Jahreszahlen noch einmal vor Augen geführt.
Durch eine „Leseecke“ wird der oder die Lernende zum selbstständigen Weiterlesen angeregt.
Diese Seite beinhaltet altergerechte Texte, wie zum Beispiel Kinder- und Jugendromane, die den Schülerinnen und Schülern eine gute Möglichkeit geben, noch tiefer in den Inhalt einzusteigen.
Der Hauptakzent dieses Lehrwerks liegt auf politikgeschichtlichen Aspekten. So steht z. B. auf S. 106f. „Der Untergang der demokratischen Republik“ im Mittelpunkt; dieser Themenbereich beschreibt vor allem die Aushöhlung der Demokratie während der Weimarer Republik und den Aufstieg der NSDAP. Des Weiteren werden aber auch vereinzelt die Alltags-, Gesellschafts- und Kulturgeschichte beleuchtet. Besonders im Kapitel „Kunst, Kultur, Technik und Gesellschaft im Wandel“ ab Seite 112 wird der Wandel der Kultur von den Goldenen Zwanzigern bis hin zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 beschrieben. Der geschichtliche Fokus des Buches liegt nicht nur auf dem europäischen Raum, sondern geht auch weit über diesen hinaus, so wird beispielsweise im Kapitel über den Imperialismus (vgl. S.46ff.) ein Exkurs über Afrika geboten. Da die europäischen Mächte vor allem um Kolonien in Afrika buhlten, wird auf Land, Leute und Kultur eingegangen.
Das didaktisch bedeutende Prinzip der Multiperspektivität wird in diesem Buch eher selten verwirklicht, allerdings blitzt es in einzelnen Kapiteln auf. Auf Seite 69 beispielsweise werden in zwei kontroversen Quellen die Kriegsziele der Kriegsgegner Deutschland und Frankreich dargestellt. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit erhalten, ein Thema aus verschiedenen zeitgenössischen Perspektiven zu betrachten.
Aufgabenstellung und Quellenmaterial
Die Aufgabenstellung der Materialienseiten überzeugt durch die vielfältige Verwendung der einzelnen Operatoren (zum Beispiel: beschreibe, erläutere, nenne, vergleiche...). Als Hilfestellung werden den Schülerinnen und Schülern in Klammern die zu bearbeitenden Materialien angegeben.
Der oder die Lernende soll sich mit den Materialien kritisch auseinander setzen, wobei hierzu wenig Hilfestellung geboten wird. Unter anderem auf die jeder schriftlichen Quelle eigene Subjektivität hätte deutlicher hingewiesen werden können, um die Interpretation zu erleichtern. Das kritische Hinterfragen der politischen Stellung des Verfassers und die Entstehungsumstände müssen zu Standardoperationen der Schülerinnen und Schüler beim Bearbeiten von Textquellen werden.
Im Arbeitsteil wird leider nicht zwischen Quelle und Darstellung unterschieden, sondern die Materialien werden undifferenziert mit Zahlen versehen. Es fällt auf, dass im Arbeitsteil (vgl. S. 49) die Quellen gegenüber den Darstellungen dominieren.
Positiv ist zu vermerken, dass etliche Karikaturen als Quellen angeboten werden. Hierdurch kann das kritische Bewusstsein von Schülerinnen und Schülern vertieft werden. Der Schüler wird hier des Öfteren angeregt, die jeweilige Meinung des Karikaturisten zu analysieren (vgl. S.14).
Um den manchmal trockenen historischen Inhalt für die Schülerinnen und Schüler interessanter zu gestalten und Gegenwartsbezüge einzubeziehen, bieten die Autoren meist am Ende des Fragenkatalogs Aufgaben, die den Alltag des oder der Lernenden mit dem historischen Gegenstand verknüpfen. Zum Thema Industrialisierung (S.15) soll sich der oder die Jugendliche in seiner Heimat erkundigen, wann dort die erste Eisenbahn gebaut wurde und wie sich die Bahnlinien bis heute entwickelt haben. Allerdings könnte sich die Durchführung dieser Aufgabe für die Schülerinnen und Schüler schwierig gestalten, da keinerlei Recherchehilfe gegeben wird und eine vernünftige Lösung einen enormen Zeitaufwand erforderte.
Die vielfältige Gestaltung der Materialienseite unterstreicht den Charakter des Arbeitsbuches und fördert die Argumentations- und Diskussionsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Das heißt, die Lernenden werden dazu angeregt, mit Statistiken (vgl.S.15), Landkarten (vgl. S.15) und Zeitzeugenberichten zu arbeiten und die Werkzeuge eines Historikers sinnvoll anzuwenden. Die Lerngruppe muss also nicht nur Informationen aus Quellen entnehmen, sondern zum Beispiel auch zeitgenössische Landkarten analysieren und Diagramme auswerten.
Fazit
Das Schulbuch Zeitreise 9 kann insgesamt als gelungenes Lehrbuch bewertet werden, mit dem der zu vermittelnde Stoff den Schülerinnen und Schülern abwechslungsreich nahe gebracht werden kann. Die didaktische Intention der Verfasser ist erkennbar. Durch Methodenseiten, Zusammenfassungen und der Leseecke am Ende des Kapitels wird der Schüler oder die Schülerin zum selbstständigen Arbeiten und zum Schmökern angeregt; durch die vielfältigen Materialien und Aufgabenstellungen lässt sich das Buch gut in den Unterricht einbinden.
Allerdings reicht es nicht aus, sich auf das Buch zu stützen, es sollten auch zusätzliche Quellen und Aufgabenstellungen durch die Lehrkraft in den Unterricht integriert werden.