Ethik / Philosophie, 5./6. Schuljahr, Realschule
Leben leben 5. Ethik. Ausgabe Bayern ab 2017
Herausgegeben von | Rösch, Anita |
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Erschienen | Stuttgart: Klett, 2017 |
Seitenanzahl | 128 |
ISBN | 978-3-12-695328-3 |
Geeignet für | Bayern |
Rezensiert von | Happel, Johannes und Eda Sahin (Studierende), 15. Juni 2018 |
Rezension von Happel, Johannes und Eda Sahin (Studierende)
1. Einleitung
Der Titel des Schulbuches „Leben leben“ ist zugleich die übergeordnete Maxime, welche sich durch das ganze Buch zieht. So hat es den allumfassenden Anspruch, sich mit den Thematiken zu beschäftigen, die essentiell für die Gestaltung des eigenen Lebens sind, für das soziale Interagieren mit seinen Mitmenschen im Kleinen sowie im Großen, sprich für das Bestreben, Teil einer Gesellschaft zu sein und in dieser selbständig und verantwortungsbewusst zu interagieren.
„Leben leben“ ist für das 5. Schuljahr konzipiert worden. Es folgt thematisch dem bayerischen Lehrplan. Die dort vorgegebenen Themenfelder sind in dem Schulbuch verzahnt mit den zu erwerbenden Kompetenzen. Die äußere Erscheinungsform, sprich Einband, Layout, Bilder etc., ist überaus hochwertig und lässt nichts zu wünschen übrig.
2. Konzept
Auffällig ist zuallererst der einheitliche Aufbau von „Leben leben“. So wartet jedes Kapitel mit einer Auftaktseite, Lernaufgabenseite, Kompetenzseite, Themenseite und Testseite auf. Der erwähnte Aufbau und deren Funktion werden anfangs auf einer übersichtlichen Doppelseite erläutert und schaffen so für Lehrer und Lernende eine hohe Transparenz. Auch ein umfangreicher Anhang fehlt nicht, welcher unter anderem Begriffserklärungen liefert. Die Kapitel und deren Themen sind, wie schon erwähnt, an den bayerischen Lehrplan gekoppelt. Außerdem ist aber noch ein weiteres Kapitel zu finden, welches den SchülerInnen zuallererst begegnet. Dieses ist besonders begrüßenswert, da es sich an den Erfahrungen eines Fünftklässlers orientiert. Eine hohe Alltagsrelevanz bzw. Schülerrelevanz ist aber auch in den anderen Kapiteln zu finden. Diese sind generell passend didaktisch reduziert und folgen einem roten Faden. Das gilt nicht nur für die Themen der Kapitel, sondern auch für die „soziale Ebene“. So liegt der Fokus zu Beginn auf dem Individuum, geht langsam über kleinere soziale Einheiten bzw. Gruppen wie der Familie hin zu größeren Gemeinschaften bzw. zu der gesellschaftlichen Perspektive. Selbiges gilt für die Kompetenzen. Dabei fußt jede Kompetenz auf der zuvor erworbenen Kompetenz. So werden schrittweise die Grundinstrumentarien des Ethikunterrichtes vermittelt. Dabei beugt die Schwerpunktsetzung auf eine Kompetenz pro Kapitel einer Überforderung der SchülerInnen vor und wirkt zudem motivationsfördernd. Zu der zu erwerbenden Kompetenz wird auf der entsprechenden Seite auch eine Methodenkompetenz aufgezeigt. Diese sind kapitelbegleitend und sinnvoll mit entsprechenden Kompetenzen und Themen verknüpft.
Innerhalb der Kapitel sind philosophische und sozialwissenschaftliche Aspekte gleichermaßen verteilt. Die religionskundliche Dimension ist zudem unter dem Themenkomplex „Feste erzählen vom Leben“ zu finden. Dabei ist zu erwähnen, dass die strenge Kopplung an den Lehrplan keinen großen Spielraum bezüglich der Verteilung dieser Dimension zulässt. Insbesondere am zuletzt genannten Kapitel sind die Bemühungen für eine große Heterogenität zu erkennen. Selbiges gilt auch für den Bereich Familie. Auch positiv hervorzuheben ist die Verknüpfung und Auswahl der Text- und Bildquellen. Vorbildlich werden hier die Erkenntnisse der Leseforschung genutzt.
Das Konzept von „Leben leben“ brilliert durch eine hohe Transparenz für Lehrkraft und SchülerInnen. Voraussetzung sollte aber sein, dass sich Lehrer und Lernende gemeinsam in das Buch und seinen Aufbau einarbeiten, könnten doch die ausgerufenen Kompetenzziele für die SchülerInnen noch etwas verwirrend sein. Durch den einheitlichen und repetitiven Aufbau können die SchülerInnen aber rasch Übung im Umgang mit dem Buch erlangen. Mit laufender Bearbeitungszeit wird sich somit die „Effizienz“ in fast allen Bereichen steigern.
3. Materialien, Begleitmaterialien und Medien
Die Materialien orientieren sich an der Schulsituation der Jahrgangsstufe 5. Dementsprechend ist eine vielfältige und kinderfreundliche Bebilderung vorzufinden. Die Aufgabenstellungen stellen häufig einen Bezug zu den Bildern her. Somit dienen die Bilder nicht nur der Verschönerung des Buches, sondern können als Unterrichtsmedium eingesetzt werden. Vor allem auf den Auftaktseiten werden immer wieder Bezüge zu den Bildern hergestellt. Ebenso wie die Bilder sind auch die Textsorten sehr vielfältig. Neben informierenden Texten sind philosophische und religiöse Texte, Regeln, Spielinstruktionen, Begriffserklärungen, Gesetzestexte etc. zu finden. Die Texte umfassen nicht mehr als eine Seite und die Kürzungen wurden angemessen vorgenommen. Das Material wird durch verschiedene zusätzliche Angebote erweitert, die es den Lernenden ermöglichen, mit Hilfe eines Codes online auf der Seite des Verlages zu arbeiten. Im Anhang ist eine Übersicht zum Online-Zusatzmaterial zu finden. Dazu gehören die Lösungen der Testseiten, die Begriffserklärungen, die Operatoren und Anforderungsbereiche und die Text-und Bildquellen.
Das Schulbuch unterstützt die Lernenden, Inhalte aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Dafür werden Materialien genutzt, die den Lernenden ermöglichen, unterschiedliche Lebenssituationen den eigenen oder anderen gegenüberzustellen. Das geschieht über Dialoge, über die Aufgabenstellungen und über Bilder. Die unterschiedlichen Perspektiven und Interessen werden kenntlich gemacht und die Quellenangaben sind immer vorzufinden. Des Weiteren bieten die Texte einen Zugang zu ethischen Fragen. Diese sind sehr verständlich, da die Kinder sich größtenteils mit den dargestellten Situationen identifizieren können. Die Aufgaben ermöglichen eine Perspektivenübernahme, sodass die Handlungsmotive aller Beteiligten nachvollzogen werden können und eine Hinführung zu einer Lösung folgt.
4. Aufgaben
Auch an den Aufgabenstellungen ist wenig auszusetzen. Diese arbeiten ohne Ausnahme mit präzisen Operatoren und verzichten auf unspezifische W-Fragen. Man erkennt zudem meist eine entsprechende Problemorientierung. Dabei sind die Aufgaben in doppelter Hinsicht aufeinander aufbauend. So werden einerseits die zu vermittelnde Kompetenz und Methodenkompetenz zunächst eingeführt und durch Aufgaben in ihrer Komplexität weiter ausgebaut. Dabei folgen die Aufgaben einem nachvollziehbaren Schwierigkeitsgrad. Andererseits erweitern die Aufgaben auch den Inhalt bzw. die Thematik um eine Vielzahl von Facetten. So gut wie nie wirkt eine Aufgabe aus dem Kontext gerissen oder erscheint als eine bloße additive Aneinanderreihung.
Auch selbstständiges und problemlösendes Denken wird ausreichend durch die Aufgaben gefördert. Besonders lobenswert sind die abschließenden „Teste Dich“-Einheiten jedes Kapitels, bei welchen die SchülerInnen nochmals ihr Wissen manifestieren und prüfen können. In Bezug auf Leistungsdifferenzierung sind Vertiefungsaufgaben zu finden. Aufgaben für eine explizite Interessendifferenzierung sind nicht konkret vorhanden. Durch eine hohe Anzahl von Aufgaben kann diese durch die Lehrkraft aber geschaffen werden.
5. Fachdidaktische Positionen, Fragestellungen und fachwissenschaftliche Aktualität
Das Schulbuch arbeitet problemorientiert. Hierfür werden häufig alltagsnahe Situationen ausgewählt, in die sich die Lernenden hineinversetzen können. Die Aufgabenstellungen fordern dazu auf, über bestimmte Themen zu diskutieren und sich eine eigene Meinung zu bilden. Auch ermöglicht das Schulbuch ein handlungsorientiertes Arbeiten. Dies geschieht unter anderem in Partner-, Einzel- oder Gruppenarbeit.
In den Texten werden fachdidaktische Konzepte berücksichtigt. Dilemma-Situationen werden bspw. in alltagsnahen Situationen dargestellt, die von Aufgaben begleitet werden. Diese Aufgaben sollen die Lernenden dazu anregen, alternative Lösungswege zu formulieren.
Die fachspezifischen Kompetenzen werden im Inhaltsverzeichnis für jedes Kapitel formuliert. Hierbei wird der Perspektivenwechsel in den Aufgaben häufig angewandt, wodurch die Kompetenz des Einfühlens gefördert wird. Ebenso wichtiger Bestandteil des Buches sind die Kompetenzen „überlegen und urteilen“. Die Aufgaben erfordern konstruktives Urteilen und auch hier kann der Perspektivenwechsel ein differenziertes Urteil ermöglichen.
Des Weiteren bemüht sich „Leben leben“ darum, aktuelle ethische Diskussionen aufzugreifen. Dabei stehen vor allem Rollen und Formen von Familien, Fair Play im Alltag und Sport oder auch Konflikte lösen im Vordergrund.
6. Resümee
"Leben leben 5" ist alles in allem ein sehr überzeugendes und empfehlenswertes Schulbuch. Es punktet zum einen mit einem überaus durchdachten Konzept und zum anderen mit einer lobenswerten praktischen Umsetzung. Dabei bewähren sich vor allem der repetitive Aufbau und die Schwerpunktsetzung auf eine einzelne Kompetenz, Methodik und Thematik pro Kapitel. Diese glänzen zudem durch eine hohe Variabilität. Auch den Aufgabenstellungen sowie der Auswahl von Bild- und Textquellen merkt man die didaktischen Überlegungen an. Sie überzeugen durch einen angemessenen steigenden Schwierigkeitsgrad und Differenzierungsmöglichkeiten. Die Inhalte in klassischer Form, sprich Bild- und Textquellen, werden zudem ergänzt durch Begleit- und Zusatzmaterial, welches mit Hilfe von Internetcodes zugänglich ist und die Möglichkeit für weiterführende Aufgaben bietet. Frei von kleineren Mängeln ist das Schulbuch natürlich nicht, zum Beispiel wird die Dimension der Interkulturalität und Interreligiosität etwas zu knapp in die Themen eingewoben bzw. findet nur in einem Kapitel Beachtung. Solch eine Kritik sind aber Beschwerden auf hohem Niveau, hinterlässt das Schulbuch „Leben leben 5“ doch insgesamt, auch nach längerer Beschäftigung, einen überaus positiven Eindruck.