Geschichte, 5./6. Schuljahr, Gymnasium
Forum Geschichte 1
Herausgegeben von | Hofmeier, Franz et al. |
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Erschienen | Berlin: Cornelsen, 2010 |
Seitenanzahl | 204 |
ISBN | 978-3-464-64431-7 |
Geeignet für | Bayern |
Rezensiert von | Hechenrieder, Andreas und Simon Maget (Studierende), 24. Februar 2012 |
Projekt | Universität Regensburg, Wintersemester 2011/12 |
Rezension von Hechenrieder, Andreas und Simon Maget (Studierende)
Format
Das Schulgeschichtsbuch „Forum Geschichte 1 - Von der Vorgeschichte bis zur Dreiteilung der Mittelmeerwelt“ wurde im DIN-B5-Format gestaltet und unterscheidet sich hierbei nicht von seiner Schulbuchkonkurrenz. Mit seinen insgesamt 206 Seiten und 631g fällt es in eine angenehm niedrige Gewichtsklasse. Der Hardcover-Einband ist beinahe ganzflächig mit einem gezeichneten Bild des Forum Romanum bedruckt. Auf diesem in dezenten Farben gehaltenen Titelbild ist eine Militärparade zu sehen, die von einer Menschenmenge bejubelt wird. Die Wahl des Bildes ist für Schülerinnen und Schüler der sechsten Jahrgangstufe vielleicht ansprechender als z.B. Covermotive anderer Bücher, da es ein zwar fiktives, aber lebendiges Bild von Geschichte liefert.
Aufbau: Buch-, Kapitel-, Seitenstruktur
Das Buch ist in sechs Kapitel (Der Mensch als Teil der Geschichte / Menschen in vorgeschichtlicher Zeit / Ägypten / griechisch-hellenistische Welt / Imperium Romanum / Von der Antike zum Frankenreich) mit Spannbreiten im Umfang zwischen 23-33 Seiten gegliedert. Deutlich heraus fällt das Kapitel „Imperium Romanum“ mit 45 Seiten. Sehr gelungen ist das Auftaktkapitel „Der Mensch als Teil der Geschichte“. Hier werden Grundfragen zum Verständnis von Zeit aufgeworfen und, was noch wichtiger ist, den Schülerinnen und Schülern die Grundzüge historischen Arbeitens näher gebracht. Anhand von drei Bildern wird hier beispielsweise die Benutzung des Onlinekatalogs der Bibliothek Augsburg erklärt oder es wird der Begriff „Quelle“ thematisiert. Ebenfalls positiv ist ein Lexikon von Fachbegriffen zu werten. Jenes hat mit einem Umfang von sechs Seiten das richtige Maß. Der ebenfalls im Anhang befindliche Abschnitt „So kannst du dein Wissen überprüfen“ ist zwar nett von den Schulbuchautoren gemeint, kann aber von den Schülerinnen und Schülern keinesfalls allein oder eigenständig bearbeitet werden, da die Beantwortung sämtlicher hier gestellter Fragen einer längeren Diskussion bedarf. Von der Lehrkraft kann hier aber vielleicht die eine oder andere Frage entnommen und im Unterricht zum Themenabschluss besprochen werden.
Die Großkapitel beginnen stets mit einer Auftaktdoppelseite, auf der, neben einem themenbezogenen Foto, ein kleiner Autorentext zu lesen ist. Dieser Text ist an die Schülerinnen und Schüler gerichtet und soll hauptsächlich durch offene Fragen wie: „Erzählt der eine dem anderen von einem Sportwettkampf? Oder sind beide auf dem Weg nach Athen zum ‚Scherbengericht‘?“ Neugier hervorrufen. Die Unterkapitel eines Themenbereichs werden am Ende häufig mit einer Methodenseite abgerundet. Diese Seiten sind unterschiedlich gestaltet, enthalten aber immer eine Abbildung, zu der dann eine Art Bedienungsanleitung, Arbeitsschritte genannt, mitgeliefert wird. Mithilfe dieser Arbeitsschritte werden die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt, auch ohne Anleitung durch die Lehrkraft diese Seite selbständig zu bearbeiten. Im Kapitel „Die griechisch-hellenistische Welt“ z.B. ist eine Methodenseite zur Methode „Arbeiten mit einer Geschichtskarte“ oder „Was sagen Kunstwerke aus“ enthalten. Die Arbeitsschritte für die jeweilige Methode sind dabei einfach und verständlich gehalten, entsprechen aber dennoch einer (didaktisch vereinfachten) historischen Arbeitsweise. Der didaktischen Forderung nach intensiver Förderung von Methodenkompetenz wird somit Rechnung getragen.
Abgeschlossen wird ein Themenbereich immer von einer zweckmäßigen Zusammenfassung. Neben einem Zeitstrahl, der den besprochenen Zeitraum abdeckt, werden hier die Hauptaspekte der Unterkapitel in aller Kürze prägnant komprimiert. Auch eine Auflistung der als „zentrale Begriffe“ empfundenen Termini mit Seitenangabe ist hier abgedruckt. Diese Begriffe sind zusätzlich zu den Themenzusammenfassungen auch im Lexikon im Anhang enthalten.
Die Einzelthemen innerhalb eines Großkapitels unterliegen keiner erneuten Nummerierung, was mitunter etwas unübersichtlich wirkt. Eine Doppelseite ist in vier Spalten unterteilt, in denen Material und Autorentext enthalten sind. Autorentexte werden dabei von einer fett gedruckten Überschrift eingeleitet. Grob gesagt enthält eine Doppelseite 2/3 Text und 1/3 Abbildung, wobei der Text Autorentext oder Material sein kann.
Autorentext
Kurz ist, zugegeben, eine relative Größe. Aber mit ca. 14 Sätzen sind die längeren Autorentexte immer noch recht kurz gehalten. Meist sind die Darstellungen von einfachen Sätzen mit Parataxen und vereinzelten Hypotaxen geprägt und in einer Art erzählendem Stil gehalten. Phrasen wie: „Dieses Wort verwenden wir heute“ oder „übrigens:“ richten sich direkt an die Schülerinnen und Schülern und vermitteln den Eindruck, als würde das Buch den Leser direkt ansprechen. Dieses Stilmittel wird jedoch durchaus behutsam eingesetzt, die Fakten und/oder Wissensvermittlung bleiben stets im Vordergrund.
Materialien
Trotz der kurzen Einführung im ersten Kapitel, was unter Quelle zu verstehen sei, umgehen die Buchautoren die genaue Kennzeichnung insbesondere der schriftlichen Quellen. Sämtliche Textbausteine, die nicht dem Verfassertext zuzuordnen sind, werden als Material etikettiert. Hier hätte man sich eine klarere Differenzierung gewünscht, zumal die Unterscheidung zwischen echter Quelle und Darstellungstexten von Historikern oder Experten innerhalb des Materialteils eine der anspruchsvollsten Aufgaben bei der Ausbildung eines reflektierten Schulbuchgebrauchs darstellen.
Davon abgesehen ist der Materialmix zwischen Abbildung und Textmaterial gut gelungen. Sämtliches Textmaterial wird korrekt bibliographisch angegeben. Zu beinahe jedem Material wird eine Arbeitsfrage gestellt, Darstellungen und Abbildungen dienen also nicht nur zur optischen Aufhellung des Textes.
Tipps und Aktivitätskästen
Neben Autorentexten und Material finden sich in Forum Geschichte zudem vereinzelt Lese- oder Nachschlagetipps. Diese wirken leider eher aufgesetzt, da ein Schüler oder eine Schülerin sich mit diesen Tipps allein gelassen fühlen muss. Zur Methode „Arbeit mit einer Geschichtskarte“ wird z.B. die Internetseite www.griechenland.de empfohlen; andernorts verweisen die Lesetipps auf wissenschaftliche Werke. Das Schulbuch enthält darüber hinaus sog. Aktivitätskästen. Im Gegensatz zu den Tipps laden sie dazu ein, Geschichte zu erleben, wenn man z.B. mithilfe eines griechischen Alphabets seinen Namen gestalten soll. Diese Kästen sind sehr gut gestaltet und tragen der didaktischen Forderung nach handlungsorientiertem Unterricht Rechnung. Das Rezept für einen Grapefruit-Trunk nach Art der Römer oder die Anleitung zum Anlegen einer Toga bieten weitere aktivitätsfördernde Vorschläge.
Arbeitsaufträge
Die gleiche Kritik wie zu dem Abschnitt „So kannst du dein Wissen überprüfen“ müssen leider die Arbeitsaufträge in den verschiedenen Kapiteln erdulden. Ohne genaue Anleitung sind Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse mit vielen Anregungen überfordert, wenn sie z.B. mithilfe eines Atlasses die Bedeutung des Niltals für die Menschen der Gegenwart herausfinden sollen, oder wenn sie animiert werden, die römische mit der heutigen Religion zu vergleichen. Für den Unterricht bzw. als Diskussionsanreiz für die Lehrkraft sind diese Arbeitsaufträge jedoch vorstellbar, da sie dazu einladen, das Gelesene neu zu überdenken oder zusammenzufassen.
Fachwissenschaftliche Aspekte
Obwohl dem groben thematischen Aufbau des Buches eine rein chronologische Logik zugrunde liegt, beschäftigen sich die verschiedenen Unterkapitel durchaus nicht nur mit der reinen Ereignisgeschichte. Themen wie: „Schrift und Schreiber in Ägypten“, „Leben mit den Göttern“ oder „Frauen im Merowingerreich“ streifen auch z. B. Kultur- und Alltagsgeschichte, was wichtig ist, um Geschichte nicht nur lernen, sondern auch in einem größeren Zusammenhang verstehen zu können. Der Fokus liegt dennoch im Wesentlichen auf Gesellschafts- und Politikgeschichte.
Obwohl stellenweise der Gegenwartsbezug noch viel deutlicher und häufiger hätte betont werden können, fällt er nicht gänzlich aus. Im Kapitel zur griechisch-hellenistischen Welt z.B. wird zunächst der Begriff „Polis“ erklärt und damit der Herkunft des Wortes „Politik“ nachgegangen. Im Anschluss werden die Schülerinnen und Schüler dazu aufgefordert, sich danach zu erkundigen, inwieweit Politik bei ihnen an der Institution Schule relevant ist. Das Unterkapitel „Spuren römischer Herrschaft, Wirtschaft und Kultur“ mit seiner anschließenden Methodenseite behandelt architektonische Hinterlassenschaften der römischen Kultur, die noch im heutigen Bayern betrachtet werden können. Dieses Beispiel behandelt ganz explizit den Gegenwartsbezug zur römischen Geschichte.
Das bereits erwähnte erste Kapitel „Die Menschen leben in ihrer Zeit“ bietet mit seinen Inhalten einen kritischen Blick auf den Geschichtsbegriff. Kurze Texte wie „Geschichte – ein Streitgespräch“ zeigen den Schülerinnen und Schülern, dass es nicht die „richtige Geschichte“ gibt. Damit legt dieses Kapitel den Grundstein für weitere multiperspektivische Anregungen des Buches. In sämtlichen Großkapiteln des Geschichtsbuches sind Frauen und ihre Rollen in der jeweiligen Zeit ein Thema. Wechsel zwischen Quelle und Expertentext bieten sowohl einen Blick aus der Gegenwart, als auch aus der Vergangenheit auf die Geschehnisse. Dies ist ausdrücklich zu loben. Zur Verdeutlichung soll ein einzelnes Beispiel dienen: Ein Textauszug von Plutarch ist mit einem von Cassius Dios gegenüber gestellt. Beide Quellen behandeln Caesars Ambitionen auf den Kaiserthron, widersprechen sich jedoch gegenseitig. Darüber hinaus enthält das Buch einen Autorentext zum gleichen Thema.
Fazit
Das Schulgeschichtsbuch Forum Geschichte 1 – Von der Vorgeschichte bis zur Dreiteilung der Mittelmeerwelt ist, abschließend gesagt, ein gut gelungenes Lehrwerk. Nach einem etwas lieblos aufzählenden Inhaltsverzeichnis (andere Bücher gestalten das Inhaltsverzeichnis deutlich lebendiger) liefert das Buch doch eine optisch und inhaltlich ansprechende Zusammenschau des behandelten Zeitraums. Die Texte bewegen sich manchmal am Rand der Unterforderung, bieten aber dennoch die Möglichkeit, Geschichte und Vergangenes verstehen zu können. Der Schreibstil der Texte kennzeichnet das Buch als Lesebuch. Die intelligent konzipierten Methodenseiten helfen den Schülerinnen und Schülern, eine historische Arbeitsweise zu entwickeln. Positiv zu erwähnen sind auch die Zusammenfassungen am Ende der jeweiligen Kapitel. Ein Punkt, der sowohl positiv wie negativ bewertet werden könnte, ist der folgende: Legt man den Lehrplan neben das Buch, so scheint dieser eins-zu-eins im Buch wiedergegeben worden zu sein. Sogar die exemplarischen Vertiefungen des Lehrplans findet man im Buch umgesetzt. Dadurch leistet das Forum Geschichte genau das, was es leisten soll: es ist ein rundum lehrplankonformes und solides Buch – jedoch gibt es in der B-Note keine Punkte für Forum Geschichte zu vergeben, da es sich nicht traut, an der einen oder anderen Stelle andere Wege