Sozialkunde / Politik, 9./10. Schuljahr, Realschule, Gesamtschule
Politik.21 3 – Politik und Wirtschaft
Herausgegeben von | Jan Castner et al. |
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Erschienen | Bamberg: C. C. Buchner, 2012 |
Seitenanzahl | 176 |
ISBN | 978-3-7661-8803-8 |
Geeignet für | Hessen |
Rezensiert von | Hufnagel, Tobias (Student), 21. Juli 2016 |
Rezension von Hufnagel, Tobias (Student)
Einleitung
Neben dem hier rezensierten Schülerband ist eine Version für Lehrpersonen über den Verlag erhältlich. Diese gibt es in CD-Form für 21,90€ und enthält u.a. Aufgabenlösungen, Kopiervorlagen und Lehrerhandreichungen. Die Rezension gibt im Folgenden einen allgemeinen Überblick über Inhalt und Konzeption des Werkes, worunter die Gestaltung und die Repräsentation des Lehrplans gewürdigt wird. Die Verwendung des Bildmaterials im Buch wird unter Berücksichtigung ihrer didaktischen Funktion kriteriengeleitet reflektiert.
Aufbau und Konzeption
Mit 176 Seiten ist dieses Hardcover-Schulbuch vergleichsweise dünn und vom Gewicht her erfreulich leicht. Der Grund dafür dürfte sein, dass es lediglich für den Politikunterricht eines Schuljahres entwickelt wurde. Das Buch ist in fünf Kapitel eingeteilt. Kapitel 1 befasst sich mit der sozialen Marktwirtschaft am Beispiel der deutschen Wirtschaftsordnung und fokussiert damit das Inhaltsfeld Wirtschaft des Hessischen Kerncurriculums für das Fach Politik/Wirtschaft im Bildungsgang Realschule. Das 2. Kapitel umreißt mit 18 Seiten relativ knapp die Thematik der Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert und bezieht sich auf das Inhaltsfeld Internationale Beziehungen und Globalisierung. Die Kürze des Kapitels wird dadurch ausgeglichen, dass die Kapitel 3 (Europäische Union – Werte, Märkte, Zukunftspläne) und 5 (Eine Welt – große Unterschiede) ebenfalls dieses Inhaltsfeld bedienen. Das Kapitel 4 nimmt eine gewisse Sonderstellung im Buch ein. Das 19 Seiten umfassende Kapitel bildet die Grundlage zu einer Projektarbeit Gleichberechtigung und konzentriert sich schwerpunktmäßig auf das Inhaltsfeld Individuum und Gesellschaft des Kerncurriculums. Damit deckt das Buch inhaltlich drei der sechs Inhaltsfelder der Sekundarstufe I schwerpunktmäßig ab. Neben dem bereits erwähnten Projektkapitel ist eine weitere Besonderheit der Fokus Wirtschaft. In drei der fünf Kapitel sind Subkapitel entsprechend gekennzeichnet und tragen dem Wirtschaftsanteil des Faches Politik Rechnung.
Die einzelnen Kapitel sind farblich kodiert und ermöglichen so eine einfache Orientierung im Schulbuch. Inhaltlich schließt jedes Subkapitel mit einer grafisch hervorgehobenen Grundwissen-Seite, die wesentliche inhaltliche Fragestellungen übersichtlich zusammenfasst. Weiterhin enthält das Buch ein gesondertes Kompetenzverzeichnis. Dort sind, jedem Kapitel zugeordnet, Seiten gesondert hervorgehoben, auf denen gezielt die vier im Kerncurriculum verankerten Kompetenzen Handeln, Analyse, Urteilen und Methode geschult werden. Hier fällt gestalterisch direkt auf, dass anders als z. B. Grundwissen-Seiten, die Methode-Seiten nicht großartig aus dem Gesamtbuch hervorstechen. Lediglich ein Vermerk am Seitenrand hebt diese hervor und erschwert somit die Orientierung ein wenig.
Die übrige Gestaltung ist nicht schmucklos, aber dennoch nüchtern genug, um nicht abzulenken. Die Textgröße ist angemessen, Überschriften sind farbig hervorgehoben und Aufgabenstellungen am Seitenrand gesondert gekennzeichnet. Zentrale Informationen sind häufig durch Kästen gekennzeichnet und somit vom restlichen Text unterscheidbar. Jedoch erscheint das gesamte Buch dennoch überladen, da nichtsdestotrotz eine sehr hohe Textdichte herrscht, die häufig dem Auge keine Pause gönnt. Dies wird durch spärliche und kleine Absätze (keine Leerzeile, kein Einzug) unterstützt. Weiterhin möchte ich bei diesem Buch von einer Aufgabenflut sprechen, fast keine Seite kommt ohne Aufgabenstellung aus.
Bildverwendung
Im Folgenden soll die Bildverwendung im Schulbuch betrachtet werden. Darunter versteht sich einerseits die generelle Beschaffenheit der verwendeten Bilder und zum anderen die methodische Arbeit mit diesen. Dies erfolgt literaturgestützt anhand zweier Artikel.
Laut von Martial und Ladenthin müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, um ein Bild im geeigneten Maße didaktisch einsetzbar machen zu können. Die grafische Gestaltung eines Bildes im Schulbuch, das mehr als nur dekorative Funktion erfüllt, muss so angelegt sein, dass die zentralen Bildelemente leicht erkennbar sind und nicht mit anderen Gestaltungselementen verschwimmen, sondern sich gut abheben. Bei Schaubildern ist es weiterhin wichtig, dass die verwendeten Elemente wie Erklärungen, Pfeile usw. in ihrer Funktion klar erkannt werden können. Zu guter Letzt sollten keine übertriebenen grafischen Effekte oder Verzierungen von der wesentlichen Information des Bildes ablenken [1]. Wie im Abschnitt Aufbau und Konzeption bereits beschrieben, ist das vorliegende Schulbuch eher von einer dezenten Bildverwendung geprägt. Hiermit wird wiederholt darauf hingewiesen, dass dies als durchaus positiv zu erachten ist. Sinnfreie und große Abbildungen, die einen rein dekorativen Zweck erfüllen, nehmen Platz ein, stören den Lesefluss und erhöhen unnötigerweise die Druckkosten und somit auch den Preis. Natürlich werden auch hier dekorative Bilder verwendet. Diese sind jedoch im überwiegenden Fall klein gehalten und befinden sich so angeordnet, dass der Textfluss nicht gestört wird. Häufig dienen sie dazu, visuelle Eindrücke vom Gegenstand zu geben (z. B. ein Bild des Grundgesetzes, ein Foto eines Marktstandes (S. 7) usw.), womit möglicherweise von einer (untergeordneten) didaktischen Funktion gesprochen werden kann. Manche Bilder sind jedoch auch schlicht überflüssig (ein Bild von Tom Hanks im Film „Cast away“ als Anlehnung an Robinson Crusoe zum Thema „Warum wir wirtschaften“ (S. 9)) oder aktivieren möglicherweise schubladenartige Rollenkonzepte (Bild vom Hausmann vs. Bild des erfolgreichen Büroangestellten (S. 123)). Bilder mit einer eindeutigen didaktischen Funktion sind im Buch auf Schaubilder und Karikaturen beschränkt (mehr dazu im folgenden Absatz). Sie profitieren ebenfalls von der klaren Anordnung und ihrem Positionsverhältnis zum Text. Gelegentlich stören kleine dekorative Elemente, die von den wesentlichen Aussagen im Bild ablenken. Die unterschiedlichen Bildelemente sind farblich voneinander getrennt und somit klar erkennbar. Verwendete Pfeile o.ä. sind in ihrer Funktion weitestgehend eindeutig und sofern Text zur genaueren Erklärung verwendet wird, ist er klar leserlich neben dem jeweiligen Bild angeordnet. Somit ist auch die Zuordnung vom Bild zum zugehörigen Text problemlos möglich. Lediglich ein Schaubild zum Umgang mit Wasser weltweit fällt dahingehend negativ auf. Hier wurde die dünne, schwarze Beschriftung der Grafik mit einem grauen Hintergrundbild versehen, was die Lesbarkeit der Beschriftung merklich erschwert (S. 147). Derartige Beispiele muss man jedoch suchen.
Laut Goll haben Bilder u.a. im Kontext des Politischen wichtige sinntragende Funktion, da im Alltag Informationen zum politischen Geschehen durch die Übermittlung von Medienbildern erfolgt. Jedoch sind Bilder nicht so eindeutig wie Text, weshalb es einer strukturierten, methodischen Auseinandersetzung im Unterricht bedarf. Er stellt dafür ein dreischrittiges Modell vor, in dem zunächst Bildelemente benannt werden (Syntax), danach werden Symbole, Personen etc. auf ihre Bedeutung hin analysiert (Semantik) und im dritten Schritt erfolgt die Anwendung und Interpretation auf das Politische (Pragmatik) [2]. Das vorliegende Schulbuch gibt am Ende eine Übersicht über bereits beherrschte Methoden, worunter auch die Analyse von Karikaturen aufgeführt ist. Diese Wiederholung essentieller Kompetenzen ist durchaus wünschenswert, doch fällt hier bereits auf, dass sich die Methode nicht auf politische Bilder, sondern rein auf Karikaturen bezieht. Im Vergleich mit dem Vorgehen nach Goll liegt in der Methodenzusammenfassung zwar ebenfalls ein Dreitschritt vor, jedoch sind hier die Inhalte anders. Der erste Schritt steht unter dem Operator beschreibe, wobei mit der Leitfrage Was wird besonders übertrieben dargestellt? bereits das Feld einer (bewertenden) Analyse betreten wird. Der zweite Operator Deute entspricht zwar zunächst der analytischen Phase, allerdings führen die Leitfragen wie Welche Meinung hat der Zeichner? oder Auf welches Problem möchte der Karikaturist hinweisen? bereits auf den Pfad der Interpretation. Hier wird die Gelegenheit verpasst, das gesonderte Politische des Bildes vor dem Hintergrund der allgemeinen Analyse von Symbolen, Personen usw. zu behandeln. Der dritte Schritt der Analysemethode des Buches folgt hingegen dem Operator Beurteile. Hier haben SchülerInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Karikatur und Thema zu äußern und ihren Standpunkt zu vertreten. Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Analyse von Karikaturen zwar strukturiert passiert, die einzelnen Schritte mit Blick auf die Analyseebenen nach Goll jedoch undeutlich voneinander getrennt sind. Mit 13 Karikaturen auf das gesamte Buch verteilt, ist eine angemessene Menge an Grundmaterial vorhanden und es bleibt der Lehrperson noch Raum, eigene Karikaturen einzubringen. Sehr schade ist, dass die Bildanalyse auf Karikaturen beschränkt bleibt. Hier wird die Chance vertan, Medienbilder des Politischen kritischen Analysen zu unterziehen. Positiv hervorzuheben ist indes, dass die Methode im Buch mit ihrem dritten Operator eine Möglichkeit zur Stärkung der Urteilskompetenz der Schülerinnen implementiert.
Fazit
Bei politik.21 Band 3 handelt es sich um ein durchaus modernes Schulbuch für den Politik/Wirtschaft-Unterricht der 10. Klasse der Realschule in Hessen (sowie vergleichbaren Schulformen). Sowohl die Themen als auch das verwendete Kompetenzverzeichnis trägt dem entsprechenden Kerncurriculum Rechnung. Der Aufbau des Buches ist logisch nachvollziehbar und die Gestaltung macht die Orientierung im Buch einfach. Eine klarere Abgrenzung der Methodenseiten sowie eine Auflockerung der Textdichte wäre jedoch wünschenswert gewesen. Ob die hohe Dichte an Aufgaben zweckdienlich ist, bleibt fragwürdig, hier hätte man sich auf weniger Aufgaben mit etwas höherer Komplexität konzentrieren oder Raum für Differenzierung schaffen können. Die Bildverwendung im Buch ist vom gestalterischen Aspekt her sehr positiv zu erwähnen, da auf überschwängliche Verzierungen verzichtet werden. Die Arbeit mit Karikaturen erfolgt strukturiert, jedoch zeigt die Fachdidaktik, wie die Schritte der Bildanalyse feiner voneinander getrennt werden können. Nichtsdestotrotz ist im Ergebnis die Verwendung des Schulbuches durchaus empfehlenswert.
Endnoten
[1] Von Martial, Inbgert / Ladenthin, Volker: Medien im Unterricht. Grundlage und Praxis der Mediendidaktik, Schneider-Hohengehren. 2002.
[2] Goll, Thomas: Bilder als Medien der politischen Bildung im Kontext hermeneutischer Politikdidaktik; in: Deichmann, Carl / Juchler, Ingo (Hrsg.): Politik verstehen lernen. Zugänge im Politikunterricht, Schwalbach / Ts. 2010, S. 48–60.