Ethik / Philosophie, 7./8. Schuljahr, Realschule, Hauptschule, Gymnasium
Wege. Werte. Wirklichkeiten 7/8
Herausgegeben von | Michaelis, Christiane, Thorsten Schimschal und Anke Thyen |
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Erschienen | München: Oldenbourg, 2012 |
Seitenanzahl | 232 |
ISBN | 978-3-637-01142-7 |
Geeignet für | Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Thüringen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Hessen, Bremen, Brandenburg, Berlin, Bayern, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern |
Rezensiert von | Kaiser, Vanessa und Verena Lang (Studierende), 26. März 2014 |
Projekt | Justus-Liebig-Universität Gießen, Wintersemester 2013/14 |
Rezension von Kaiser, Vanessa und Verena Lang (Studierende)
Erster Überblick
Das Schulbuch „Wege-Werte-Wirklichkeiten“ für die Jahrgangsstufe 7/8 der Real- und Hauptschule hat den Anspruch, den SchülerInnen Orientierung in den Grundsätzen des Handelns zu geben und ihnen basierend darauf die ethische Urteilsfähigkeit durch die Vermittlung der verschiedenen Kompetenzen näher zu bringen. Kurz gesagt: Es soll einen Beitrag zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit leisten und die SchülerInnen zu mündigen BürgerInnen erziehen.
Diese Zielsetzung offenbart sich in den sechs aufeinander aufbauenden Themenbereichen des Lehrwerks. Zum einen geht es von der subjektiven Wahrnehmung des Individuums über in die objektive Welt der Gemeinschaft, zum anderen werden in jedem Themenbereich Methoden vermittelt, mit denen die einzelnen Kompetenzen wie beispielsweise die Perspektivübernahme vermittelt und eingeübt werden. Durch die farbliche Gliederung der Themenbereiche und deren untergeordneter Kapitel sowie den Einsatz von Bildern und Graphiken ist es ein Leichtes für die SchülerInnen, sich im Lehrwerk zurechtzufinden. Allerdings sind alle Themenbereiche sehr textlastig. Die jeweiligen Aufgabenstellungen beziehen stets die drei Phasen zur Unterstützung der Lesefähigkeit mit ein, sodass die Förderung der Lese- und Textkompetenz im Buch eine wichtige Rolle einnimmt. Die Tipps und Zusatzinformationen an den Seitenrändern helfen den SchülerInnen, bei Verständnisfragen noch andere Quellen zu Rate zu ziehen, wie beispielsweise unklare Begriffe zum Thema Suchtentstehung im Duden oder Internet zu recherchieren.
Insgesamt erscheint das Lehrbuch modern und zeitgemäß. Es bietet einen starken Bezug zur Lebenswelt der SchülerInnen. Dies wird insbesondere an den Text- und Bildbeispielen, der unterschiedlichen Farbgestaltung und der Einbindung von Methodenkästen, Infoboxen und Internetrecherchen deutlich.
Konzept der Autoren
Das Vorwort ist sehr gut strukturiert und gibt den SchülerInnen einen detaillierten roten Faden zur Orientierung im Buch an die Hand. Es wird aufgeführt, dass sich das Lehrwerk aus insgesamt sechs Themenbereichen zusammensetzt, die jeweils in zwei Kapitel untergliedert sind. Jeder Themenbereich beginnt mit einer das Vorwissen der SchülerInnen aktivierenden Doppelseite, die helfen soll, sich dem Themenkomplex der folgenden zwei Kapitel anzunähern. Die einzelnen Kapitel innerhalb der Themenbereiche beginnen jeweils mit einer Einstiegsseite, die zu den Inhalten der Kapitel überleitet. Zusätzlich wird bereits auf jeder Einstiegsseite auf eine Methode wie beispielsweise die Dilemma-Diskussion, den Perspektivwechsel oder das Sokratische Gespräch hingewiesen, die im Laufe des Kapitels, abgestimmt auf den Lerninhalt, erarbeitet werden soll. Im Vorwort wird bereits auf die Methodenkästen hingewiesen, die grün gekennzeichnet sind. Alles, was dann im Buchverlauf grün geschrieben oder unterlegt ist, lässt sich so als Methode identifizieren. Zudem führt das Vorwort die Infoboxen ein, denen die Farbe gelb zugeteilt wird. Diese sollen das Wissen der Schülerinnen zu einem Thema oder Begriff noch einmal ergänzen und zusammenfassen.
Die Aufgaben innerhalb der Kapitel sind blau gekennzeichnet. Ergänzend gibt es noch Denkräume, die orange gekennzeichnet sind. Diese bestehen aus Wahlaufgaben und können zur Binnendifferenzierung genutzt werden. Die Binnendifferenzierung besteht hier jedoch vorwiegend aus Interessendifferenzierungen und weniger aus Leistungsdifferenzierungen. Jedes Kapitel beinhaltet außerdem noch einen Rückblick auf der Schlussseite. Hier soll das bereits Gelernte reflektiert, gefestigt und angewendet werden. Ferner wird durch Seitenverweise mittels Pfeilen immer wieder zum Nachschlagen von Wörtern und Informationen auf das Methoden-Glossar und das Ethik-Lexikon verwiesen, die bereits im Vorwort definiert werden.
Aufbau
Die Auswahl der Themenbereiche ist eng am Lehrplan für die Haupt- und Realschule orientiert und folgt einer sinnvollen, aufeinander aufbauenden Gliederung. Das Schulbuch ist so konzipiert, dass alles aus der ersten Person (Ich-Perspektive) erarbeitet werden kann. Die Lernenden werden dadurch in die dargestellten Geschehnisse und Situationen einbezogen und fühlen sich angesprochen. Dies verdeutlicht den konstruktivistischen Ansatz des Lehrbuchs. Anlehnend daran beginnt der erste Themenbereich des Lehrbuchs mit dem Ich, der eigenen Persönlichkeit und geht im zweiten Themenbereich dann auf die Beziehungen des Ichs innerhalb der Gemeinschaft über. Im dritten Themenbereich wird dann das moralische Handeln innerhalb der gesellschaftlichen Beziehungen aufgegriffen. Der vierte Themenbereich geht weg vom Subjekt und greift den Fortschritt, die Technik und die Natur auf. Themenbereich fünf behandelt das Thema Wahrheit und Wahrhaftigkeit und schlägt mit dem Einbezug moderner Medien wie Facebook eine Brücke zum Themenbereich vier. Der letzte Themenbereich setzt sich abschließend noch mit den verschiedenen Religionen und Weltanschauungen auseinander.
Aufgabenstellungen
Die Aufgabenstellungen folgen einem Problematisierungszusammenhang, der dem Aufbau eines Lösungsweges dient. Es sind Erarbeitungs-, Transfer- und offene Lernaufgaben vorhanden.
Die Aufgaben sind so konzipiert, dass zu Beginn ein Text, Textausschnitt oder Bild erarbeitet wird, indem die SchülerInnen Stimmungen im Text beschreiben oder die Inhalte aus eigener Sichtweise darlegen oder interpretieren. Dabei wird bereits das Vorwissen der SchülerInnen aktiviert und abgefragt. Im zweiten Schritt werden die Schülerinnen persönlich angesprochen und zum eigenständigen Handeln angeleitet, indem sie sich zum Beispiel selbst in die im Text oder Bild dargestellte Lage versetzen oder ihrer eigenen Meinung darüber Ausdruck verleihen sollen. Im letzten Schritt werden die SchülerInnen zur vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Text und zur eigenen Urteilsbildung angehalten. Auch in diesen drei Schritten wird der subjektiven Perspektive der SchülerInnen Rechnung getragen, die reflexive Prozesse anstoßen soll und damit das eigenständige Lernen der SchülerInnen fördert. Dabei sind die Aufgaben so konzipiert, dass die drei wesentlichen Schritte zur Texterschließung automatisch durchlaufen werden und die Ausbildung der Textkompetenz begünstigen.
Die zusätzliche Einbindung der einzelnen Methoden in der Aufgabenstellung sorgt dafür, dass die fachdidaktischen Konzepte wie das problemlösende Denken der SchülerInnen gefördert werden. In diesem Zusammenhang erlangt auch die Kompetenzförderung eine wichtige Bedeutung. So wird die Wahrnehmungskompetenz zum einen durch die Methode des Gedankenexperimentes eingeübt und zum anderen wird der Aneignung dieser Kompetenz im gesamten Themenbereich fünf „Wahrheit und Wirklichkeit“ Rechnung getragen. Die Reflexionsfähigkeit wird aufgebaut, indem die subjektiven Erfahrungen und Einstellungen der SchülerInnen den Texten gegenübergestellt werden. Durch den Bezug auf fremde Länder und Religionen wird die interkulturelle Kompetenz begünstigt. So wird beim Thema Familie das Familienleben außerhalb der deutschen und christlichen Familie miteinbezogen und in der Erarbeitung berücksichtigt. Auch die Argumentations- und Urteilsfähigkeit wird mit der Bearbeitung der einzelnen Aufgaben eingeübt, die Operatoren wie erläutere, beurteile, interpretiere, beschreibe, verfasse etc. beinhalten.
Material
Insgesamt bietet das Lehrwerk eine abwechslungsreiche Vielfalt von Texten und Bildern. Es werden Geschichten, argumentierende, informative, diskontinuierliche sowie religiöse Texte verwendet. Dazu zählen philosophische Zitate, Chats, Briefe und auch Songtexte, die sich alle auf das alltägliche Leben der Schülerinnen beziehen lassen. Der Songtext „Gewinner“ von Clueso wird beispielsweise aufgegriffen, um sich mit dem Thema Liebeskummer auseinanderzusetzen. Die Bilder allerdings besitzen überwiegend illustrierenden Charakter und werden weniger zur Inhaltserarbeitung genutzt.
Aufgrund der Vielfalt der Textsorten und der einzelnen Themenbereiche sind auch die wesentlichen Dimensionen des Ethikunterrichts, die Philosophie, die Soziologie, die Theologie und die Naturwissenschaft und Technik, Bestandteil des Lehrwerks. Es werden philosophische Texte (Auszüge und Zitate) von Platon, Kant, Bacon usw. bearbeitet. Sozialwissenschaftliche Themen wie Freundschaft, Liebe, Partnerschaft, aber auch die Frage nach dem „Wie“ des gesellschaftlichen Zusammenlebens sind Bestandteile des Lehrbuchs. Den Religionen, der Natur und der Entwicklung der Technik sind dabei ganze Themenbereiche gewidmet. Sowohl der Themenkomplex Technik sowie der Religion werden immer wieder mit anderen Themenbereichen verknüpft.
Die sehr große Textanzahl kann dabei allerdings zu einer Überforderung der SchülerInnen führen. Daher ist es umso wichtiger, dass die Aufgaben sehr problem- und handlungsorientiert sind und gleichzeitig stets die Förderung der Textkompetenz im Blickfeld bleibt. Die Materialien geben unterschiedliche Positionen wieder, so dass eine einseitige Betrachtung der Gegenstände ausgeschlossen werden kann. Auch interessengebundene Positionen werden im Vergleich der Materialien als solche ersichtlich. So gibt es zu einer Position auch immer Gegenpositionen.
Die Begleitmaterialien für Lehrer enthalten ergänzende didaktische Kommentare und inhaltliche Erläuterungen. Zudem beinhalten sie noch zusätzliche Kopiervorlagen mit Arbeitsblättern und schriftlichen Leistungsüberprüfungen inklusive Erwartungshorizont für jedes Kapitel.
Fazit
Die Vermittlung von ethischem Orientierungswissen ist das Anliegen des Lehrwerks. Den SchülerInnen wird mit Hilfe der problem- und handlungsorientieren Aufgaben Wissen für ihre alltägliche Lebensgestaltung gegeben. Dieses Wissen ist die Voraussetzung zur Bildung und Ausbildung von Autonomie, auf die die Entwicklung von Personen im Allgemeinen zielt. Das didaktische Konzept verfolgt das Lehrbuch konsequent in seiner Vermittlung der verschiedenen Kompetenzen. Zudem ist das Lehrwerk stets an der Lebenswelt der SchülerInnen orientiert und bietet daher viele Anknüpfungspunkte für den Unterricht.