Erdkunde, Oberstufe, Gesamtschule, Gymnasium
Diercke Geographie
Herausgegeben von | Latz, Wolfgang et al. |
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Erschienen | Braunschweig: Westermann, 2007 |
Seitenanzahl | 544 |
ISBN | 978-3-14-151065-2 |
Geeignet für | Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Hamburg, Bremen, Brandenburg, Berlin, Bayern, Thüringen |
Rezensiert von | Kleinhans, Jennifer und Jonas Winkler (Studierende), 16. Januar 2012 |
Projekt | Universität Potsdam, Somersemester 2011 |
Rezension von Kleinhans, Jennifer und Jonas Winkler (Studierende)
Optimierungsbereiche
D idaktische Reduktion
I ntegration von Materialien in Autorentexte
E rläuterung von Fachbegriffen
R esümieren
C ritical Thinking fördern
K omplexität lernbar machen
E insatz gelernten Wissens
DIERCKE Geographie ist ein Lehr- und Arbeitsbuch für die gymnasiale Oberstufe aller Bundesländer. Bei dem betrachteten Exemplar handelt es sich um die 6. Auflage von 2007. Sekundärmaterialien sind in Form einer CD-Rom enthalten, welche Methoden und interaktiv zu lösende Aufgaben sowie Arbeitsblätter bereitstellt. Als Hardcover erinnert es durch den reihenspezifischen Diercke-Einband sowie das Gewicht an den Atlas, scheint jedoch ein robustes Buch zu sein. Die Abbildungen sind durchweg farbig und qualitativ hochwertig gedruckt.
Gliederung und Layout
Gegliedert ist DIERCKE Geographie in zehn Kapitel, welche den geographischen Teilbereichen Physische Geographie (1. Geofaktoren, 2. Ökozonen), Humangeographie (3. Wirtschaft, 4. Globalisierung, 5. Siedlungen, 6. Raumplanung, 7.-9. Entwicklung) sowie Fachmethodik (10. geographische Arbeitsweisen) zuzuordnen sind. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Gebiet der Anthropo- / Human- / Kulturgeographie. Eine verschiedenfarbige Kennzeichnung der Kapitelüberschriften im Inhaltsverzeichnis findet sich am Seitenrand wieder, sodass die Kapitel schnell auffindbar sind. Leider wird das Gesamtkonzept des Buches weder durch die Autoren noch den Herausgeber vorgestellt, sodass die Schwerpunktsetzung und Themenauswahl des Schulbuchs nicht deutlich wird. Fraglich ist die Trennung zwischen Physischer und Humangeographie, welche im 2. Kapitel Ökozonen durch Einbezug u. a. der Landnutzung aufgehoben wird. Sinnvoll zum besseren Verständnis wäre hierfür zunächst eine Einführung in Wirtschaftsprozesse, welche jedoch erst mit dem 3.Kapitel beginnt.
Didaktische Reduktion der Materialien und Einsatz gelernten Wissens
Die Kapitel werden jeweils durch eine Auftaktseite mit Bild und kurzem Text eingeleitet. Es folgt eine Einführungsseite mit Hintergrundinformationen zum Thema, Geschichtlichem oder einer Karikatur. Hierdurch wird das Thema auf verständliche Weise dargestellt. Jedoch fehlt eine deutlichere Aussage für den Schüler in Bezug auf die Fragen: Warum wurde dieses Thema aufgenommen und wie relevant ist es für mein Leben?
Die Anwendung des gelernten geographischen Wissens wird mit Hilfe der grün hervorgehobenen Methodenseiten DIERCKE Geographie vor Ort versucht. Mit Ausnahme der Kapitel 9 und 10 werden die Schülerinnen und Schüler in jedem Kapitel zum selbstständigen Arbeiten anhand geographischer Fragestellungen aufgefordert. Allerdings sind die Arbeitsaufträge unübersichtlich und oft zu umständlich formuliert. Deutlich besser wäre die Reduktion auf zentrale Arbeitsaufträge, welche attraktiver gestaltet wären und mehr hilfreiches Material bereithielten. Beispielweise wird in Kapitel 1 Geofaktoren unterteilt in: Relief, Klima, Wasser und Boden. Es sollen in diesem Kapitel z.B. geologische Karten analysiert werden, der Heimatraum beschrieben oder Wetterdaten gesammelt werden.
Damit die eigentlich gute Idee des Eintauchens der Schülerinnen und Schüler in die praktische geographische Arbeit anwendbar ist, sollten Untersuchungsbögen zum Ausfüllen bereit gestellt werden und notwendige Arbeitsmaterialien und Vorbereitungen beschrieben werden. Positiv und zugleich ausbaufähig ist das Kapitel 10 (geographische Arbeitsweisen). Hier werden kurze Einführungen in die Materialanalyse und -interpretation und Tipps zum selbstständigen fachwissenschaftlichen Arbeiten sowie zur Klausurvorbereitung gegeben.
In den Aufgabenstellungen fehlen unspezifische W-Fragen, die Arbeitsanweisungen werden durchweg durch Operatoren präzisiert. Diese finden sich übersichtlich erklärt im letzten Kapitel 10 des Buches wieder. Ein aufbauender Lösungsweg wird in den meisten Fragestellungen leider nicht verlangt, oft dominiert der erste Anforderungsbereich – die Wiedergabe von fachspezifischen Sachverhalten. Auffällig ist ein Mangel an Aufgabenstellungen und am Selbsterschließen des Wissens vor allem im physisch-geographischen Teil (Kapitel 1 und 2). Hier finden sich teilweise fünf Seiten in Folge, ohne dass die Schülerinnen und Schüler selbst tätig werden sollen. Der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben ist unterschiedlich, doch teilweise mit dem vorliegenden Material nicht lösbar. Jedoch werden dann alternative (Internet-)Quellen genannt. Lernziele sowie die Begründung der Themenauswahl werden nicht verdeutlicht. Eine Ergänzung hinsichtlich dieser Punkte wäre wünschenswert.
Resümieren und Erläuterung von Fachbegriffen
Weiterhin enthält das Schulbuch sogenannte Fokusseiten, welche bestimmte Themen noch näher erläutern. Was leider fehlt, sind (farblich) hervorgehobene Merksätze, schülerfreundliche Zusammenfassungen der Themen sowie Worterklärungen. Letztere wären als Randergänzungen oder in Form eines Glossars sehr hilfreich, da häufig Fachbegriffe in Text und Abbildungen genannt, jedoch als bekannt vorausgesetzt und nicht definiert werden. Somit ergibt sich ein fachsprachlich sehr reicher, jedoch für Oberstufenschülerinnen und -schüler sehr schwer verständlicher Autorentext. Motivierender wäre die Vermeidung unnötiger und gleichzeitig die Definition verwendeter Fachbegriffe am Seitenrand.
Integration von Materialien in Autorentexte
Das Buch zeichnet sich durch eine Vielzahl von Materialien aus, welche zumeist in den Text integriert sind. Die anzutreffenden Medienformen sind Tabellen, Statistiken, Schemata, Graphiken, thematische Karten sowie viele Abbildungen. Dagegen sind physische Karten eher selten anzutreffen. Leider sind die Materialien nur mäßig aktuell (sie stammen aus den Jahren 1997 bis 2007). So wird in Kapitel 2 „Ökozonen“ die wirtschaftliche Theorie der Lagerente nach Thünen angesprochen, welche bereits seit mehreren Jahrzehnten als überholt gilt. Dies wird den Schülerinnen und Schülern jedoch in keiner Weise deutlich gemacht.
Critical Thinking fördern
Jedes Kapitel wird mit einer großformatigen Abbildung eingeleitet, welches der Motivation bzw. Interessensbildung dient. Schön wäre die Darstellung konträrer Aspekte des jeweiligen Themas, sodass die Auftaktseite zugleich als Diskussionsgrundlage nutzbar wäre. Die abgebildeten Medien werden teilweise in Texten erläutert, zumeist enthalten sie jedoch nur eine kurze Bildunterschrift, wobei ein angemessener textlicher Bezug fehlt. Die ebenfalls enthaltenden Karikaturen wirken auflockernd und regen die Schülerinnen und Schüler zu einer kritischen Betrachtung an.
Durchweg positiv ist der Einbezug von Textausschnitten aus geographiedidaktischen Zeitschriften bzw. allgemeinbildenden Publikationen (Praxis Geographie, GEO kompakt), Regionalzeitungen, Gutachten des dt. Bundestags, Greenpeace u. a. zu sehen. Allerdings wäre der Abdruck unterschiedlicher Standpunkte in der Argumentation an vielen Stellen sinnvoll, um Schülerinnen und Schüler zur Diskussion anzuregen. Themen werden viel zu selten kontrovers dargestellt. Schüleraufgaben befinden sich stets am Seitenende, meist am Ende einer Doppelseite. Die Aufforderung zu einer kritischen Analyse der Thematik durch die Schülerinnen und Schüler bleibt jedoch zumeist aus.
Komplexität lernbar machen
Auffällig ist die Gestaltung der durchgängig farbigen Schemata. Hier wurde versucht, möglichst viele Informationen in die teils zu klein gestalteten Materialien zu integrieren. Dies hat zur Folge, dass die Schemata häufig überfrachtet sind und eine ergebnisorientierte Auswertung übermäßig behindern. So sind in den Abbildungen zahlreiche Abkürzungen enthalten, eine Vielzahl von gleichfarbigen Pfeilen oder viel zu klein gedruckten Informationen. Hier wäre eine inhaltliche Reduzierung oder eine deutliche Vergrößerung der Abbildungen notwendig gewesen. Problematisch ist auch der Bezug von Graphiken und Schemata zur Realität. So werden beispielsweise die Erscheinungsformen der glazialen Serie ausführlich in einem Schema erklärt, Abbildungen fehlen jedoch. Somit ist eine Transfermöglichkeit vom Buch zur realen Umgebung mit dem vorliegenden Material für die Schülerinnen und Schüler nicht möglich. Auffällig sind die teilweise nur schwer nachvollziehbaren Anordnungen und themenübergreifenden Komplexe.
Dem Buch liegt eine CD-Rom bei, auf deren Inhalte im Buch nur unzureichend hingewiesen wird. Auf der CD-Rom können Schülerinnen und Schüler ihr Wissen in zahlreichen Aufgaben erweitern. Des Weiteren sind Lehrvideos und interaktive Graphiken enthalten. Teilweise sind die Aufgaben jedoch so einfach gestaltet, dass sie ohne jedes Vorwissen bzw. ohne die Nutzung des beigelegten Info-Materials zu lösen sind. Die Aufgaben werden so in keiner Weise der Zielgruppe einer Oberstufenklasse gerecht. Positiv ist, dass das digitale Angebot barrierefrei gestaltet ist – sämtliche vorgelesenen Texte sind auch in Schriftform dargestellt – oder, um es anders auszudrücken: für die Bewältigung der Übungsaufgaben muss der Oberstufenschüler nicht einmal lesen können.
Fazit
Insgesamt ist das Schulbuch ein sehr umfassendes, sehr fachsprachlich geschriebenes Lehrwerk, welches durch didaktische Reduktion von Abbildungen, mehr problemorientierte Aufgabenstellungen und bessere Anwendbarkeit der Praxisseiten auf Schülerinnen und Schüler motivierender wirken würde.