Ethik / Philosophie, 9./10. Schuljahr, Realschule
Lebenswert 3
Herausgegeben von | Peters, Martina, Jörg Peters und Bernd Rolf |
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Erschienen | Bamberg: C. C. Buchner, 2015 |
Seitenanzahl | 200 |
ISBN | 978-3-7661-6681-4 |
Geeignet für | Niedersachsen |
Rezensiert von | Leussidis, Johanna und Gregor Frank (Studierende), 26. März 2013 |
Projekt | Justus-Liebig-Universität Gießen, Wintersemester 2013/14 |
Rezension von Leussidis, Johanna und Gregor Frank (Studierende)
Einleitung
Ein philosophisches „Menü“, methodisch vielfältig und umfassend, so beschreiben die Autoren das Buch „LebensWert“. In der folgenden Rezension soll untersucht werden, ob das Lehrwerk aus dem C.C. Buchner Verlag tatsächlich Appetit anregend ist.
Erster Eindruck
„Lebenswert“, Band 3, ist ein Unterrichtswerk für das Fach Werte und Normen für die Jahrgangsstufe 9/10 im Bundesland Niedersachsen. Das Buch orientiert sich relativ detailliert am Lehrplan der integrierten Gesamtschule in Niedersachsen und beinhaltet alle Vorgaben. Infokästen zu den Grundbegriffen des Kerncurriculums befinden sich direkt am Anfang des Buches. Hier wird auf die im Lehrplan aufgeführten Begriffe mit Seitenzahlangabe verwiesen und so der direkte Bezug hergestellt. Der Einband ist bunt gestaltet, wobei auf dem Cover keine Personen abgebildet sind. Der Druck scheint auf den ersten Blick qualitativ hochwertig zu sein. Auffällig ist die teilweise schlechte Qualität der Bilder, die zusätzlich noch einen veralteten Eindruck machen.
Im Vorwort stellt das Autorenteam den Aufbau des Buches kurz dar. Der Vergleich des Buches mit einem „philosophischen Menü“ scheint hier nicht zutreffend. Ein Menü bietet verschiedene Gänge, die aufeinander aufbauen. Das ist bei dem vorliegenden Lehrwerk nicht der Fall. Die Autoren geben an, dass die Kapitel unabhängig voneinander und in beliebiger Reihenfolge bearbeitet werden können. Ausgenommen davon sei das Kapitel „Fragen nach der Zukunft“, welches sich mit dem Thema Sterben und Tod beschäftigt. Hier rät das Autorenteam dazu, dieses Thema möglichst nicht zu Beginn zu behandeln. Ein Vergleich mit einem Museumsrundgang oder einem philosophischen Buffet wäre hier passender.
Aufbau
Das Schulbuch enthält fünf Kapitel zu je 30 bis 40 Seiten. Die Kapitel teilen sich jeweils in drei Themenkomplexe zu je sechs bis 12 Seiten. Die Themenkomplexe wiederum werden nochmals in jeweils vier bis sieben Unterthemen unterteilt. Die Unterthemen werden größtenteils im Doppelseitenprinzip vorgestellt. Das 1. Kapitel „Fragen nach dem Ich“ beinhaltet unter anderem Unterthemen wie „Glück und Sinn“ und „Der Lust folgen?“. Die Auftaktseiten sind zum Großteil bebildert, teilweise finden sich Comics und zusätzlich kurze Texte. Leider sind diese Seiten oft nicht als Auftaktseiten erkennbar, da sie inhaltlich den normalen Doppelseiten gleichen. Auf jeder Seite stehen auf der linken Seite im oberen Buchrand die Themenkomplexe und auf der rechten Seite im oberen Buchrand die Unterthemen. Der direkte Bezug zum Kapitel fehlt und muss bei Bedarf in der Inhaltsübersicht nachgeschaut werden.
Eine Doppelseite gliedert sich typischerweise wie folgt: Auf ein Bild oder ein Comic folgt ein Text unterschiedlicher Länge. Auf der folgenden Seite findet sich daneben noch ein Bild, eventuelle Begriffserläuterungen und graphisch hervorgehoben am Seitenende die Fragen. Einige der Aufgaben (10-15%) sind zusätzlich mit verschiedenen Buchstaben versehen, die auf unterschiedliche Methoden verweisen. In einem Methodenüberblick im Anhang werden diese 16 Methoden beschrieben und angeleitet, beispielsweise ein Gedankenexperiment, das Projektlernen, die Diskussion. Diese Methoden werden auf drei Einzelseiten am Ende des Buches erläutert. Da regelmäßig auf die Methoden verwiesen wird und die Schüler sich immer wieder mit den verschiedenen Methoden auseinandersetzen sollen, zeigt sich unter anderem an dieser Vorgehensweise die Kompetenzorientierung des Buches. Auf den Methodenüberblick folgen ein Personen- und ein Sachregister.
Inhalt
Auf die im Kerncurriculum für die Realschule in Hinblick auf das Fach Werte und Normen aufgeführten erwarteten Kompetenzen wird anhand der Themenauswahl eingegangen. Die Förderung der prozessbezogenen Kompetenzbereiche „Wahrnehmen und Beschreiben“, Verstehen und Reflektieren“ und „Diskutieren und Urteilen“ soll exemplarisch an dem Themenbereich Gewalt und Aggression und hier an dem Unterthema „… dann brauche ich Gewalt“ dargestellt werden. Der Themenbereich wird mit einigen Bildern eingeleitet, welche aggressives Verhalten in unserer Gesellschaft darstellen. In einem ersten Schritt sollen die Schüler die Bilder beschreiben und Stellung dazu nehmen. Die Schüler können hier ihr Vorwissen und ihre Emotionen einbringen. Gleichzeitig lassen sich aufkommende Assoziationen aufgreifen. (Wahrnehmen und Beschreiben)
Im beschriebenen Themenkomplex folgt ein Text über die Formen von Gewalt. Die Informationsquelle soll untersucht werden, wobei fachwissenschaftlich relevante Informationen herausgearbeitet werden sollen. In einem Folgetext werden unterschiedliche, auch entgegengesetzte Bewertungen von Aggression und Gewalt dargestellt. Diese Bewertungen müssen von den Schülern erarbeitet und vorgestellt werden. Während im ersten Schritt eine Sensibilisierung stattgefunden hat, wird jetzt mit fachwissenschaftlichen Texten sowie unterschiedlichen ethischen Positionen gearbeitet (Verstehen und Reflektieren).
In der letzten Aufgabe sollen die Schüler die Bewertungen diskutieren und ihre eigene Meinung einbringen. Die Diskussion verschiedener Perspektiven und die Bildung eines vorläufigen Urteils sowie dessen Darstellung und die Betrachtung anderer Urteile dient zur erfolgreichen Förderung des Kompetenzbereiches Diskutieren und Urteilen.
Der Kompetenzaufbau des Buches wird im Buch nicht extra beschrieben und ist nur indirekt durch den Aufbau der Aufgabenstellung und der Materialien ersichtlich. Auf der Homepage des Verlages jedoch lässt sich ein Arbeitsplan einsehen und herunterladen, der für jedes Kapitel die inhaltsbezogenen und die prozessbezogenen Kompetenzen aufweist. Auch die vorgesehene Stundenzahl und die Möglichkeiten, fächerübergreifend zu unterrichten, werden entsprechend den Kapiteln angegeben.
Die Thematik wird nach folgendem Muster an die Schüler herangetragen: Von dem Individuum und/oder der eigenen Person wird auf die Gesellschaft geschlossen und von der Gesellschaft wiederum wird auf die Ideengeschichte verwiesen. Dieser didaktischen Leitperspektive wird überwiegend Rechnung getragen.
Die Texterschließung folgt dem Dreischritt: Vorwissen aktivieren, Texterarbeitung und Anschlusskommunikation. Das didaktische Konzept, welches sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, ist gelungen.
Materialien
Die verwendeten Materialien sind vielfältig und anregend. Die Autoren arbeiten mit Bildern und Zitaten bedeutender Persönlichkeiten vor allem aus der Philosophie, aber auch aus der Psychologie und der Politik. Es werden einflussreiche Philosophen (Aristoteles, Diogenes etc.) und deren Lehren und Glücksvorstellungen dargestellt. Dies geschieht teilweise über Zitate oder über präzise, fachlich und faktisch einwandfreie Zusammenfassungen ihrer Position. Daneben gibt es Zitate junger und alter Menschen, Briefe und Comics. Dabei finden immer wieder aktuelle Themen wie z.B. Cyber-Mobbing Einzug in das Lehrbuch, aber auch aktuelle Filme und Serien werden zur Klärung unterschiedlicher Problematiken aufgegriffen. Das Autorenteam greift damit zur Bearbeitung der verschiedenen Sachverhalte sowohl auf die unentbehrliche Geschichte der Philosophie, aber auch auf aktuelle Debatten zurück.
Die Schüler bekommen unterschiedliche Ansichten und Fakten präsentiert, wobei es keine einseitige Darstellung gibt, bzw. diese als solche kenntlich gemacht wird. Teilweise sind die Themen zu textlastig, und es kann davon ausgegangen werden, dass diese Textfülle demotivierend auf die Schüler wirkt.
Aufgabenstellung
Die Fragen aktivieren Vorwissen und regen die Schüler zum selbstständigen, problemlösenden Denken an. Sie werden unter Verwendung von Operatoren formuliert. Den Schülern werden präzise Arbeitsaufträge erteilt durch Operatoren wie „stelle begründet dar“, „beschreibe“, „erarbeite“, wobei anzumerken ist, dass sich einige Fragen unterteilen in einen ersten präzisen Auftrag und einen zweiten eher offenen und anregenden Auftrag u.a. „bewerte“, „diskutiere“. Die Schüler werden jedoch auch zur Ausübung von Gedankenexperimenten und zur Klärung von moralischen Widersprüchen und Dilemmata angeregt.
Leider bietet das Lehrwerk wenig Differenzierungsmöglichkeiten, was vor allem im Hinblick auf die Thematik der Inklusion von Nachteil ist. Es gibt circa 30 grau gedruckte Aufgaben, die als Zusatz oder Freiwilligen-Aufgaben genutzt werden können und auf eine Wahl- und Interessendifferenzierung hinweisen. Es liegt am Lehrer, hier zusätzliche Möglichkeiten aus den gegebenen Materialien zu schaffen und eventuell Zusatzmaterial zu besorgen, um binnendifferenzierten Unterricht anbieten und durchführen zu können.
Fazit
Das Buch bietet eine große Übersicht an zentralen Dimensionen des Fachs Philosophie. Es werden historische Einblicke gewährleistet, unterschiedliche philosophische Positionen dargestellt und immer auch zu aktuellen Themen informiert und Möglichkeiten geboten, zu diesen Stellung zu nehmen. Daneben werden auch Erkenntnisse anderer Fachdisziplinen aufgegriffen. Immer wieder finden soziologische und religionswissenschaftliche Themen Einzug in das Lehrwerk und sorgen mit Hilfe der Materialvielfalt dafür, die Schüler in ihrer Heterogenität wahrzunehmen und anzusprechen.
Es lässt sich abschließend festhalten, dass den Autoren die Darbietung eines abwechslungsreichen und schmackhaften Buffets gelungen ist. Auch weniger appetitanregende Themen (Sterben und Tod) lassen sich anhand der didaktischen und methodischen Elementauswahl und Umsetzung erfolgreich bearbeiten.