Ethik / Philosophie, 9./10. Schuljahr, Hauptschule, Realschule, Gesamtschule
Praktische Philosophie 2 – NRW
Herausgegeben von | Berg, Manfred et al. |
---|---|
Erschienen | Berlin: Cornelsen, 2008 |
Seitenanzahl | 271 |
ISBN | 978-3-06-120014-5 |
Geeignet für | Nordrhein-Westfalen |
Rezensiert von | Nowicki, Janine (Studentin), 6. Oktober 2015 |
Rezension von Nowicki, Janine (Studentin)
Einleitung
"Ehe ihr euch verseht, werdet ihr zu Philosophen, die sich kein X für ein U vormachen lassen";, so heißt es im Vorwort von „Praktische Philosophie 2“.Ob dieses Buch einen Schüler für das Fach Praktische Philosophie durch spannende Geschichten und außergewöhnliche Bilder begeistert und für einen lehrreichen und aufschlussreichen Unterricht sorgen kann, wird im weiteren Verlauf überprüft.
Aufbau/Layout
Das Titelbild des Lehrwerks, das eine Hand mit einer Weltkugel zeigt, ist aufgrund der schlichten farblichen Auswahl und der Bildmotive nicht schüleransprechend gestaltet. Zu Beginn des Buches richtet sich ein Vorwort an die Schüler/innen, das motivierend wirken soll und auf das Konzept des Lehrwerks eingeht. Die Bedeutung unterschiedlicher Farben, sowie der im Buch auftretenden Symbole werden erläutert, was den Schülern das Erkennen einzelner Methoden und das Zurechtfinden im Buch erleichtern kann. Das anschließende Inhaltsverzeichnis ist übersichtlich aufgebaut und präsentiert elf Kapitel mit ihren Themen und deren Unterthemen in angemessener Weise. Jedes Kapitel wird mit einer bilderreichen Doppelseite eingeleitet. Die Auftaktdoppelseiten bestehen oftmals aus Zitaten, kurzen informierenden Texten oder Schlagwörtern und dazugehörigen Aufgabenstellungen, welche zur Aktivierung des Vorwissens dienen und den Einstieg in ein neues Thema ermöglichen. Die Kapitel sind in Doppelseiten untergliedert. Pro Schwerpunkt bietet das Buch 2-5 Doppelseiten an. Demnach bleiben die Themen übersichtlich und realisierbar. Dennoch entsteht ab und an der Eindruck, dass nicht ausreichend diskutiert werden kann, da ein Unterthema manchmal nur auf einer Doppelseite behandelt wird (z. B. S. 106,107 „Armut im Wohlstand?“). Insbesondere in der praktischen Philosophie sollte den Schülern die Möglichkeit gegeben werden, verschiedene Positionen tiefgründig zu beleuchten und dementsprechende Problemlösungsansätze zu entwickeln. Die Inhaltsseiten sind abwechslungsreich gestaltet. Eine umfangreiche Auswahl von Texten und Bildern, Cartoons, und Begleitmaterialien wecken Interesse und fördern neben der Wissensvermittlung das Selbstentdecken. Die Themen hängen eng miteinander zusammen und bauen aufeinander auf. An einigen Stellen wäre es angebracht, ein Unterthema zu streichen, um einem anderen Thema mehr Informations- und Bearbeitungsmaterial zukommen zu lassen. Während des Durchblätterns der Kapitel ist auffällig, dass sehr viele Schriftarten verwendet werden. So sind beispielweise auf Seite 49 vier verschiedene Schriftarten zu sehen, wodurch die Seite unstrukturiert erscheint.
Aufgaben für die Schüler sind durchnummeriert und bauen oftmals aufeinander auf und befinden sich immer auf der rechten Seite. Ebenso stehen einige Male in kleingedruckter Schrift Fragen am Seitenrand. Diese Fragen hätten wir persönlich mit in die Aufgabenstellungen auf der rechten Seite einbezogen oder komplett weggelassen, da die Seiten so überladen wirken (z. B. S. 60).
Zu erwähnen ist, dass jedes Kapitel mit einer Doppelseite zur Überprüfung des Gelernten abschließt. Die Idee an sich, jedes Kapitel mit einer Doppelseite zur Wiederholung abzuschließen, halten wir für eine gute Lösung. Dennoch lassen die Seiten aufgrund ihrer Umsetzung nicht zu, diese effektiv als Übungsseite oder Klausurvorbereitung zu nutzen. Des Weiteren ist anzumerken, dass Kompetenzseiten, auf denen Kompetenzen für die Schüler erläutert werden und somit zum Erlernen angeleitet werden, nicht aufzufinden sind. Auch wenn ab und an einmal Methodenkästen auf den Seiten auftreten und kurz und verständlich erklärt werden, sind diese, unserer Meinung nach, zu selten verwendet.
Inhalt und Materialien
Die verwendeten Texte sind aufgrund des einfachen Sprachstils dem Schwierigkeitsgrad einer 7 und 8 Jahrgangsstufe angemessen. Texte werfen Fragen auf und regen zum kritischen Reflektieren an. Die Anzahl und den Umfang der Texte stufen wir für die Schüler/innen als richtig ein. Ein Text ist meist nicht länger als eine halbe Seite, was sich vermutlich positiv auf die Schülermotivation auswirkt. Ebenso sind die Themen des Buches altersgerecht gewählt. Es wird ein Lebensweltbezug geschaffen, da sowohl Situationen als auch Konflikte aus dem Schüleralltag aufgegriffen werden. Themen wie „Konflikte gewaltfrei lösen – aber wie?“, „Medien kennen und vergleichen“ bieten den Schülern die Möglichkeit, sich mit dem dargebotenen Wissen zu identifizieren. Die Schüler/innen erwerben anhand der dargestellten Thematik Kenntnisse in der Leitwissenschaft Philosophie und den Bezugswissenschaften wie Psychologie, Soziologie und Religionswissenschaft. Unter der Berücksichtigung von Wertekategorien werden Grundkenntnisse über große Religionen erworben. Innerhalb des Lehrbuches befinden sich unterschiedliche Textsorten. Sachtexte, philosophische Texte, literarische und religiöse Beiträge sowie Songtexte und Gedichte wurden verwendet, sodass die Sprach- und Lesekompetenz der Schüler/innen gefördert werden kann und einen abwechslungsreichen Unterricht bieten. Die Auswahl der Materialien erscheint uns, hinsichtlich des Gender-Aspektes, sowohl für Jungen als auch für die Mädchen interessant. Allerdings haben wir feststellen müssen, dass wenige Texte vorgestellt werden, bei denen Positionen zu unterschiedlichen Themen kenntlich gemacht werden. So wären die Lernenden dazu aufgefordert gewesen, sich mit unterschiedlichen Meinungen auseinanderzusetzen und sich ein eigenes Bild zu machen, was der Urteilskompetenz zu Gute kommen würde und gerade im Fach Philosophie von besonderer Bedeutung ist. Da sich die Schüler/innen im siebten Kapitel mit Religionen und deren ethischen Grundsätzen beschäftigen, hätte man hier die Chance nutzen können, verstärkt die interkulturelle Kompetenz zu fördern. Da die Lernenden das Christentum und den Islam hintereinander auf jeweils fünf Doppelseiten kennenlernen, wäre als abschließende Projektarbeit ein direkter Vergleich der beiden Religionen wünschenswert. Als Positivum ist uns jedoch aufgefallen, dass insbesondere in diesem Kapitel Textquellen, beispielsweise aus der Bibel oder der Thora, so aufgearbeitet wurden, dass sie für die 7. und 8. Klässler nachvollziehbar sind. Nach Betrachten einiger Fotos, mussten wir anhand des Kleidungsstils der abgebildeten Kinder und Jugendlichen vermuten wird, dass die Fotos Anfang 2000 geschossen wurden. Fraglich ist, warum auf Seite 214 eine Statistik zum Thema „Freizeitbeschäftigung Jugendlicher“ aus dem Jahr 2002 gewählt wurde. Die sogenannte TIM- sowie die JIM-Studie stellen jährlich zu diesem Thema Statistiken auf. Hier hätte man also aktuellere Materialien verwenden sollen, gerade deshalb, weil sich insgesamt der Umgang mit Medien und die Freizeitbeschäftigung der Kinder- und Jugendlichen in den letzten Jahren enorm gewandelt haben. Zugleich ist uns die Auswahl mancher Textquellen nicht ganz einleuchtend. Beispielsweise befindet sich in dem Kapitel „Medien kennen und vergleichen“ auf Seite 214 ein Tagebucheintrag eines 14-Jähringen. Da in diesem Tagebuch von der Fernsehserie „Berlin-Berlin“ gesprochen wird, lässt sich rekonstruieren, dass diese Textquelle alt ist (Die Serie „Berlin-Berlin“ wurde bereits im Jahr 2005 abgesetzt). Die wenigsten der Jugendlichen greifen unserer Meinung nach heutzutage zu einem Tagebuch. Stattdessen werden Erlebnisse auf Internetseiten wie „Facebook“ präsentiert. Hier wäre also ein Ausschnitt eines Internetposts angebrachter. Demnach wäre es empfehlenswert solche Materialien gegen aktuelle auszutauschen, da sie eine Identifikation der Schüler und Schülerinnen mit den dargebotenen Inhalten erschwert. Die Themenüberschriften im Lehrbuch orientieren sich an den Bildungsstandards des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Außerdem wird der im Lehrplan geforderte Kompetenzerwerb in den Bereichen „Personale Kompetenz“, „Sachkompetenz“, „Sozialkompetenz“ und „Methodenkompetenz, in den dargebotenen Materialien mit ihren Aufgaben erfüllt. Allerdings wird den Schülern/innen nicht kenntlich gemacht, welche Kompetenzen bei welchen Aufgaben besonders geschult werden sollten.
Methodisch-didaktische Analyse
Innerhalb des Lehrwerks sind vielfältige und abwechslungsreiche Aufgabentypen dargeboten. Das Repertoire reicht von der Textarbeit bis zu freien und kreativen Aufgaben wie z. B. das Erstellen eines Rollenspiels. Die Aufgabentypen sind durch Nummerierungen gekennzeichnet und bauen oftmals aufeinander auf. Aufgabenstellungen beziehen sich zwar auf die Texte und Materialien, sind aber des Öfteren zu bearbeiten, ohne vorgesehene Textquellen gelesen zu haben (z. B. S. 13, Nr. 3 „Angenommen du hättest die Möglichkeit, dich von drei Gefühlen zu trennen, die du dann niemals mehr hättest: Welche würdest du wählen? […]“, S. 51, Nr. 2 „Überlegt in Gruppen, was Ehre für Jungen oder Männer bedeuten kann […]“), was wir als positiv bewerten würden. So hat die Lehrkraft die Möglichkeit, andere themenbezogene Textquellen ggf. aus anderen Schulbüchern heranzuziehen.Die Aufgabenbearbeitung ist durch verschiedene Sozialformen (Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit) abwechslungsreich. Operatoren wie „beschreibe“, „erläutere“, „bewerte“ finden ab und an Anwendung. Positiv hervorzuheben ist, dass Aufgabenstellungen das Abstraktionsniveau der Schüler/innen anregen und ein kreatives Denken erfordern. Auf Seite 192 wird von den Schülern/innen eine selbständige Recherche von Informationen verlangt („Informiert euch über weitere Details […]“). Auf einen Interlink wird dabei hingewiesen. Nach unserer Meinung kommt diese Art von Arbeit in dem Buch zu kurz und hätte des Öfteren auftauchen sollen, da insbesondere bei solchen Arbeitsaufträgen die selbstständige Suche nach Informationen gefördert wird. Obwohl die Aufgaben kompetenzorientiert konzipiert wurden, wird der Kompetenzerwerb weder für die Schüler/innen noch für die Lehrer/innen transparent gemacht.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass das von außen sehr schlicht gehaltene Buch inhaltlich gut ausgestattet ist. Der Aufbau des Buches, welcher einen wesentlichen Einblick in philosophische Thematiken gewährleistet, ist durchdacht. Die Kapitel sind klar voneinander abgegrenzt und sprechen Inhalte an, die dem Alter einer 7. und 8. Klasse entsprechen. Die Aufgaben sind verständlich formuliert, schülerorientiert ausgewählt und besitzen oftmals einen Alltagsbezug. Allerdings sind einige Kritikpunkte festzustellen, die sich unter anderem auf die Auswahl der veralteten Bilder und Statistiken beziehen. Durch die Verwendung verschiedener Schriftarten, durch Verweise und zusätzlichen Aufgaben am Seitenrand wirken einige Seiten sehr überladen und „erschlagend“. Begrüßt hätten wir außerdem, Methodenseiten, welche fachspezifisches Verfahren wie z. B. das Erschließen von Bildern, Symbolen, Metaphern, der Umgang mit Dilemmata, kreatives Philosophieren vermitteln. Desgleichen würden Seiten mit der Vorstellung allgemeiner Arbeitsformen wie z. B. Erstellen von Mindmaps und Konzeptmaps, die für den Praktischen Philosophie-Unterricht relevant sind, positiv hervorstechen. Sollte uns kein anderes Lehrbuch zur Verfügung stehen, würden wir das Buch „Praktische Philosophie 2“ für den eigenen Unterricht verwenden.