Geschichte, Sozialkunde / Politik, 9./10. Schuljahr, Hauptschule, Gesamtschule, Realschule
mitmischen PLUS 3
Herausgegeben von | Christoffer, Sven |
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Erschienen | Stuttgart: Klett, 2010 |
Seitenanzahl | 184 |
ISBN | 978-3-12-432030-8 |
Geeignet für | Rheinland-Pfalz, Saarland |
Rezensiert von | Robisch, Marcus und Jessica Kummerfeldt (Studierende), 13. Dezember 2010 |
Projekt | Christian-Albrechts-Universität Kiel, Sommersemester 2010 |
Rezension von Robisch, Marcus und Jessica Kummerfeldt (Studierende)
Einleitung
Das Schulgeschichtsbuch „mitmischen PLUS 3“ stammt aus dem Jahr 2010 und ist im Ernst Klett Verlag erschienen. Es handelt sich dabei um das letzte von drei Bänden, umfasst 184 Seiten und ist für den Gebrauch im Geschichts- und Sozialkundeunterricht an Hauptschulen, Gesamtschulen, Realschulen und Realschulen plus, Regionalen Schulen, Dualen Oberschulen und Erweiterten Realschulen vorgesehen. Es wird ein regionaler Schwerpunkt auf Rheinland-Pfalz und das Saarland gelegt, eine Verwendung in anderen Bundesländern ist jedoch möglich, da der regionale Bezug nicht dominierend ist. Die Themenauswahl folgt dem Lehrplan für die Klassenstufe 10 in Rheinland-Pfalz. Diese Rezension wird schwerpunktmäßig die erste Themeneinheit „Nationalsozialismus“ exemplarisch für das gesamte Buch untersuchen.
Gliederung
Das vorliegende Buch beginnt mit einem Vorwort, in dem die Schülerinnen und Schüler direkt angesprochen und ihnen die behandelten Themen kurz und prägnant vorgestellt werden. Dieser Text weckt Interesse: Zum Thema Nationalsozialismus heißt es z.B. „In ,mitmischen 3’ erfährst du zunächst, wie die Nationalsozialisten in den Jahren 1933 bis 1945 ungeheuerliche Verbrechen begingen.“ (S. 3) Die direkte Ansprache der Lernenden stellt einen gelungenen Bezug zu den Adressaten her. Als gelungen kann man ebenfalls ansehen, dass ein Gegenwartsbezug hergestellt wird, in dem darauf verwiesen wird, dass die Spuren der Vergangenheit noch heute erkennbar sind. Es wird zudem auf Methodenvielfalt und Handlungsorientierung Wert gelegt, etwa indem in Aussicht gestellt wird, dass viel selbst ausprobiert und gestaltet werden kann.
Nach dem Vorwort folgt eine Anleitung, wie das Buch aufgebaut ist und welche Symbole darin verwendet werden. Die Gliederung des Buches erfolgt in fünf Themeneinheiten, die neben dem Nationalsozialismus noch durch den Kalten Krieg, die Wiedervereinigung, das zusammenwachsende Europa und die heutige Welt gebildet werden. Die Themeneinheiten sind in Kapitel unterteilt, die jeweils und ausnahmslos auf einer Doppelseite behandelt werden. Diese Kapitel sind in eine Kopfzeile gegliedert, die farbig auf die Themeneinheit verweist, enthalten Verfassertexte und Quellen sowie in einer breiten Fußzeile farbig abgesetzte Arbeitsaufträge. Dieser einheitliche Aufbau, der sich im gesamten Buch wiederfindet, wirkt sehr übersichtlich und trägt dazu bei, dass man sich schnell im Buch zurechtfindet. In vier der fünf Kapitel ist jeweils eine Methodenseite integriert, die eine Methode vorstellt, die sich thematisch in den Kontext einordnet. So wird z.B. beim Thema „Kalter Krieg“ untersucht, wie Feind-Bilder in Filmen, Büchern, auf Plakaten etc. aufgebaut werden und die Methode der Plakatanalyse erläutert (S. 62f.). Den Abschluss jeden Kapitels bildet eine Doppelseite, die sich spielerisch, z.B. in Form von Rätseln, mit dem Thema rückblickend auseinandersetzt, was einer abschließenden Ergebnissicherung dient und positiv bewertet wird.
Innerhalb der Themeneinheiten sind Verfassertexte und Quellen klar als solche gekennzeichnet: Verfassertexte sind mit einem „T“ sowie einer aufsteigenden Nummerierung innerhalb der Doppelseite und einer zugehörigen Überschrift versehen. Quellen sind hingegen mit einem „M“ versehen, dieses gilt für Bildquellen, Statistiken und Textquellen gleichermaßen. Textquellen werden zudem am Anfang und Ende durch zwei signifikante Anführungsstriche gekennzeichnet.
Es ist kein gesondertes Glossar enthalten, wichtige Begriffe werden innerhalb der Kapitel optisch hervorgehoben und definiert. Die Auswahl der definierten Begriffe gegenüber Fachtermini, die durch die Lehrkraft erklärt werden müssen, ist jedoch unklar, so sind z.B. die Begriffe „SA“ und „SS“ (S. 15), „Propaganda“ (S. 19) und „Sudetendeutsche“ (S. 35) definiert. In den Verfassertexten hingegen werden die Termini „Holocaust und Shoa“ (S. 33) oder „Novemberpogrom“ (S. 29) verwendet und bleiben ohne Erläuterung.
Verfassertexte
Die Kapitel sind mit verständlichen Überschriften versehen, die die Themeneinheiten gliedern. Sie sind zutreffend, entsprechen jedoch nicht dem Anspruch, einprägsam zu sein und Aufmerksamkeit zu wecken, wie z.B. „Jugend unter dem Hakenkreuz“ (S. 22). Zu jeder Überschrift sind jedoch Untertitel vorhanden, die diese beiden Funktionen dann erfüllen. So heißt es z.B. im Kapitel „Jugend unter dem Hakenkreuz“: „Die Nationalsozialisten wollten die Jugend zu strammen Parteigängern erziehen. Gelang ihnen das?“ (S. 22).
In jedem Kapitel sind mehrere kürzere Verfassertexte sowie auch Quellentexte vorhanden, die das Thema der Kapitel in unterschiedlichen Aspekten behandeln, die jeweils mit eigenen Überschriften versehen sind, was zu einer guten thematischen Orientierung führt und übersichtlich erscheint. Die Zusammenstellung dieser Texte ist größtenteils multiperspektivisch. So werden z.B. die politischen Verfolgungen unter dem Aspekt beider Geschlechter (S. 32f.) beschrieben, und es werden verschiedene soziale Milieus vorgestellt (z.B. aus Sicht eines Arbeiters, S. 20, und aus Sicht der politischen Eliten, S. 13). Wünschenswert wäre gewesen, wenn die verschiedenen Perspektiven zu mehr Zuspitzung geführt hätten, die bei den Lernenden eine Meinungsbildung provozieren würde.
Das sprachliche Niveau ist adressatengerecht und angemessen, es ist weder zu schwierig noch übertrieben an der Jugendsprache orientiert. Die Sätze sind kurz und prägnant. Sehr salopp wirkt jedoch, dass Personen sowohl bei Bildbeschreibungen als auch in Verfassertexten lediglich mit ihren Nachnamen genannt werden. Gelegentlich ist die Verwendung umgangssprachlicher Formulierungen auffällig, wie z.B. auf S. 12, wo beschrieben wird, dass Hitler die Regierungsgewalt vom Reichspräsidenten „in die Hände gelegt“ worden ist.
Quellen
Es ist eine Vielzahl von Quellengattungen vorhanden: zeitgenössische Fotos, Plakate, Statistiken, Gemälde, Fotos aus der heutigen Zeit, Karikaturen sowie Textquellen. Bei den Textquellen handelt es sich um Tagebucheinträge von Privatpersonen, eines Politikers, eines Schriftstellers, politische Reden, Gesetzestexte, Textauszüge aus „Mein Kampf“, Berichte von Zeitzeugen, Briefe etc. Es ist somit eine Vielfalt an Quellengattungen aus multiperspektivischer Sicht gegeben. Die Quellenauswahl kann als positiv bezeichnet werden, ebenso die Quellennachweise am Ende des Buches, die diese nachprüfbar machen.
Die Textquellen sind überwiegend sehr stark gekürzt, teilweise auf einen Satz (z.B. S. 23). Dadurch erhalten die Quellen eine überwiegend den Verfassertext illustrierende Funktion; auch Bilder dienen häufig der Illustration. Zudem sind jedoch auch Textquellen und Bilder vorhanden, die dazu dienen, dass sie von den Lernenden interpretiert werden, so z.B. eine Karikatur, die einen Neonazi zeigt, der nicht in der Lage ist, eine Parole von einem Zettel abzuschreiben (S. 51). Der Anteil der illustrierenden Bilder und Quellen dominiert jedoch, wünschenswert wäre neben der stärkeren Betonung des Quellencharakters auch hier eine stärkere Zuspitzung auf verschiedene Sichtweisen gewesen.
Methodisch-didaktische Aspekte
In „mitmischen PLUS 3“ wird in vielen Kontexten ein Gegenwartsbezug sowie ein Bezug zur heutigen Lebenswelt der Lernenden hergestellt: Schon die Bilder, die die jeweiligen Themeneinheiten einleiten, zeigen einen Zeitstrahl mit Bildern, die sich in „Chronologie“, „Geschichte erleben“ und „Bezug zu heute“ gliedern. Dieser zeigt sich auch in den Arbeitsaufträgen innerhalb der Kapitel, so lautet z.B. ein Arbeitsauftrag, dass ein NS-Propagandafoto eines Klassenzimmers mit dem Aussehen heutiger Klassenzimmer verglichen werden soll. Diese Aufgabe ist didaktisch sinnvoll, da sie den Schülerinnen und Schülern anschaulich den allgegenwärtigen politischen Einfluss in der NS-Zeit vor Augen führt und politisches Bewusstsein weckt. Das abschließende Kapitel „Nie wieder – oder doch?“ (S. 50) thematisiert Rechtsextremismus in der heutigen Gesellschaft, was sozialkundlich und unter dem Aspekt des Gegenwartsbezuges von Geschichte als sehr gelungen bewertet werden kann.
Das Schulgeschichtsbuch „mitmischen PLUS 3“ enthält in seiner Symbolerklärung zwei Aspekte, die Hoffnung auf Gestaltungsmöglichkeiten eines binnendifferenzierten Unterrichts machen: „Bei den Aufgaben zeigt das Sternchen, ob eine Aufgabe schwieriger ist. Wenn du sie lösen kannst, bist du richtig gut!“ (S. 5) und „Extra. Zusätzliche Materialien, wenn du im Unterricht gut vorangekommen bist.“ (S. 5) Die zusätzlichen Aufgaben, die einem höheren Anforderungsniveau entsprechen sind in jedem Kapitel vorhanden (1-2 Aufgaben von 5-6 Aufgaben insgesamt je Kapitel), was sehr positiv für die Unterrichtsgestaltung ist. Zusätzliches Material ist jedoch selten vorhanden, so dass binnendifferenzierte Quellenarbeit durch die Lehrkraft erarbeitet werden muss. Dies ist bedauerlich, zumal das Vorwort andere Erwartungen weckt.
Im Schulgeschichtsbuch „mitmischen PLUS 3“ ist die Methodenvielfalt durch die Arbeit an verschiedenen Quellengattungen und die dadurch gelenkten Fragen vielfältig, leider ist Handlungsorientierung sehr selten gegeben, obwohl diese im Vorwort vielversprechend angekündigt wird.
Fazit
Nicht nur mit seiner Übersichtlichkeit und klaren Gliederung überzeugt „mitmischen PLUS 3“. Die Vielzahl der Quellengattungen und binnendifferenzierte Arbeitsanweisungen können dabei behilflich sein, den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten. Dem Verständnis der Schülerinnen und Schüler dürfte der angemessene Sprachstil ebenso entgegenkommen. Über gelegentlich zu umgangssprachlich wirkende Formulierungen kann hinweg gesehen werden. Achten Autorentexte und Quellenauswahl auf Multiperspektivität, mangelt es hin und wieder an Kontroversität, um ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein zu entwickeln, was teilweise auf die durchgehend knapp bemessenen Aussagentexte zurückzuführen ist. In diesem Fall ist die Eigeninitiative der Unterrichtenden gefordert. Im Ganzen ist „mitmischen PLUS 3“ durch sein Bemühen Bezüge zur Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler herzustellen und ihren Interessen zu entsprechen, für den Unterricht aber ein empfehlenswertes Schulbuch.