Geschichte, Oberstufe, Gymnasium
Geschichte und Geschehen 12
Herausgegeben von | Apel, Ditmar und Daniela Bender |
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Erschienen | Stuttgart: Klett, 2009 |
Seitenanzahl | 240 |
ISBN | 978-312430014-0 |
Geeignet für | Sachsen |
Rezensiert von | Rudolph, Sabrina (Studentin), 29. Dezember 2011 |
Projekt | Leibniz Universität Hannover, Sommersemester 2011 |
Rezension von Rudolph, Sabrina (Studentin)
Erste Orientierung
Beim rezensierten Geschichtslehrwerk handelt es sich um den Schülerband „Geschichte und Geschehen 12 – Grundkurs Geschichte“, welcher auf der Grundlage der Überarbeitung der Lehrpläne im Rahmen der Reform der gymnasialen Oberstufe eingeführt wurde. Das 240 Seiten umfassende Lehrwerk wurde in Zusammenarbeit von Fachwissenschaftlern und Gymnasiallehrern aus ganz Deutschland erarbeitet und erschien erstmals 2009 im Ernst Klett Verlag.
Bereits die Gestaltung des Hardcover-Einbandes, auf dem eine Fotografie der Montagsdemonstrationen aus dem Jahre 1989 und einen Zahlenstrahl abgebildet ist, lässt die zeitliche Einordnung der zu behandelnden Thematiken des Schülerbandes erkennen: Das Jahr 1914 bis 2001.
Aufbau und Konzeption
Der Schülerband ist in fünf Kapitel gegliedert: Während sich die ersten vier mit den für Klasse 12 relevanten Themenkomplexen „Demokratie und Diktatur [in Deutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts]“, „Deutsch-deutsche Politik 1961 bis 1989“, „Rechtsstaatlichkeit und Umgang mit Andersdenkenden“ und „Krieg und Frieden“ beschäftigen, umfasst das fünfte, „Wahlpflichtthemen“, eine Auswahl, wie zum Beispiel „Ausdrucksformen nationalen Selbstverständnisses – Die Frage nach der Nation“, „Formen von Geschichtskultur – Rezeptionsgeschichte am Beispiel des Zweiten Weltkrieges“ oder „Ausdrucksformen nationalen Selbstverständnisses – Die Bedeutung von Feindbildern“.
Jedes dieser Kapitel ist wiederum in mehrere Themen unterteilt, deren Überschriften sich im Wortlaut an den vom Lehrplan vorgegebenen Inhalte orientieren. Auch die in den Kapiteln eingebetteten Methodenseiten „Methode“, „Geschichte erinnern“, „Standpunkt“ und „Geschichte Regional“ zielen auf die Erfüllung der im Lehrplan geforderten Kompetenzentwicklung ab.
Der Einstieg in die einzelnen Thematiken erfolgt durch einen ein- bis zwei- Doppelseiten umfassenden Autorentext, an dessen Randspalte wichtige Fachbegriffe aufgegriffen werden, von denen ein Großteil im Glossar am Ende des Lehrwerkes erklärt werden. Dem Autorentext schließt sich ein umfangreicher Materialteil an, in dem sich neben unterschiedlichen Text- und Bildquellen auch die Arbeitsvorschläge befinden.
Fast jedes Unterkapitel schließt mit einer zusammenfassenden Zeittafel ab, welche die wesentlichsten Fakten und Ereignisse der behandelten Thematik aufführt.
Neben dem bereits genannten Glossar findet man am Ende des Buches eine Erklärung zu den „Operatoren in Klausuren und in der Abiturprüfung“, ein Personen- und Sachregister, Bildnachweise, sowie eine Auswahl wichtiger Internetadressen zum Nachschlagen oder „Selbststudium“.
Didaktische Ansätze
Wie in einem Lehrwerk des Ernst Klett Verlages üblich, stellen die Autoren die vorliegende Ausgabe „Geschichte und Geschehen 12 – Grundkurs Geschichte“ vor und schildern dem Nutzer den Aufbau, ihr Konzept und ihre Zielsetzung. Dabei wird deutlich, dass der gesetzte Schwerpunkt auf der Vermittlung „zentraler Grundlagen und Anregungen, sich mit der Neueren Geschichte, ihren Entwicklungslinien und Gegenwartsbezügen, sowie dem oft kontroversen Diskussionsstand der Geschichtswissenschaft auseinanderzusetzen“, liegt.
Diese Zielsetzung lässt sich auch im Lehrwerk erkennen: Während die Autorentexte eine einleitende Funktion in die jeweilige Thematik haben und die Schülerinnen und Schüler motivieren sollen, sich eingehender mit dieser zu beschäftigen, bietet ihnen der umfangreiche Materialteil die Möglichkeit, sich selbstständig mit der Thematik und den dazugehörigen Standpunkten auseinanderzusetzen. Damit eine quellennahe Erarbeitung optimal gelingen kann, ist im Buch eine Vielzahl von Methodenseiten zu finden, die den Schülerinnen und Schülern den Umgang mit den unterschiedlichsten Quellengattungen vermitteln.
Autorentext
Die Autorentexte, welche die wesentlichsten Aspekte des jeweiligen Themenkomplexes wiedergeben, sind in einer verständlichen und dem Alter der Zielgruppe angemessenen Sprache verfasst. Zudem haben die Autoren viel Wert auf wertfreie Formulierungen gelegt, wodurch Standpunkte kritisch offen gelegt werden.
Insbesondere die Aufteilung des Autorentextes in kleinere Absätze wirkt motivierend für die Schülerinnen und Schüler, da die Textfülle weniger kompakt ist. Zusätzlich am Rand jedes Absatzes vermerkte Schlagwörter, die wie Überschriften fungieren, bieten den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, den Absatz zu dem entsprechenden Unterthema schnell ausfindig zu machen und gezielt auf die gesuchten Informationen zuzugreifen, ohne den gesamten Autorentext nochmals durcharbeiten zu müssen.
Auch die Einführung in die Fachsprache ist hier gut gelungen: Wichtige, im Autorentext genannte Fachbegriffe, die als bereits bekannt vorausgesetzt oder an anderer Stelle eingeführt werden, sind mit einer Lupe neben dem Fachbegriff am Rand des Textes hervorgehoben. Auf einen Großteil von ihnen wird im Glossar des Lehrwerkes nochmals Bezug genommen.
Zusätzlich werden die Texte durch passende Bildquellen aufgelockert. Diese dienen nicht nur der Illustration des Textes, sondern bieten den Schülerinnen und Schülern auch weitere Informationen.
Quellen und Materialien
An den Autorentext schließt sich der Materialteil an, in dem die Schülerinnen und Schüler auf eine Vielzahl von Text- und Bildquellen zugreifen können. Diese umfangreiche Quellen-/ Materialiensammlung ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, sich durch eigenständiges Erarbeiten historische Sachverhalte zu erschließen. Dabei unterstützen die Quellen und Materialien nicht nur den Autorentext, sondern geben anhand der Wiedergabe unterschiedlicher Meinungen Anreize zum kritischen Beurteilen der Thematik.
Neben dem vielfältigen Angebot an Quellengattungen, wie z.B. Liedern, Urkunden, privaten Briefen, Interviews, Tagebuchaufzeichnungen und Verfassungstexte, finden sich auch eine Vielzahl von Bildquellen wie zum Beispiel Fotografien, Karikaturen, Plakate und Malereien. Dabei enthält jede Bildquelle Angaben zu Künstler oder Fotograf, zum Entstehungsdatum und teilweise auch Zusatzinformationen. In diesem Punkt ist auch die angemessene (Druck-)Qualität und die Auswahl der Formate der Bildquellen zu erwähnen. Alle Details sind stets gut erkennbar, wobei schwer lesbare Texte unterhalb der Quelle nochmals abgedruckt sind. Auch Materialien (Schaubilder, Tabellen und historische Themenkarten) sind vereinzelt im Materialteil zu finden.
Obwohl die Auswahl der Quellen und Materialien sehr umfangreich und in das Konzept der Multiperspektivität eingepasst sind, gibt es einen Kritikpunkt: Eine Unterscheidung zwischen Quellen und Materialien ist nicht erkennbar, lediglich eine Durchnummerierung trennt die Quellen und Materialien optisch von den Autorentexten.
Methodenkonzept und neue Medien
„Geschichte und Geschehen 12 – Grundkurs Geschichte“ verfügt über eine Vielzahl an Methodenexkursen, die sich auf mehreren farblich abgesetzten Doppelseiten im Lehrwerk finden. Neben dem eigentlichen Methodentraining, welches den Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage von wissenschaftlichen Arbeitsmethoden von Historikern Hinweise gibt, wie sie historisches Material erschließen, kritisch auswerten und für den Lernprozess nutzbar machen können, finden sich auch Seiten der Rubriken „Geschichte erinnern“ und „Standpunkte“. Diese regen zum einen anhand wissenschaftlicher Stellungnahmen zur eigenen Urteilsfindung und zum anderen anhand ausgewählter Beispiele zur Auseinandersetzung mit der vorherrschenden gesellschaftlichen Erinnerungskultur an.
Zusätzlich zu den Methodenseiten, welche zur eigenständigen Erarbeitung historischer Sachverhalte auffordern, stehen den Schülerinnen und Schülern am Ende des Lehrwerkes eine Auswahl wichtiger Internetadressen zur Verfügung. Diese sollen sie nicht nur zum selbstständig forschenden Lernen ermutigen, sondern bieten auch Nachschlagemöglichkeiten zur Lösung der Arbeitsaufträge.
Aufgabenstellungen
Am Ende jedes Kapitels finden sich passend zum Thema gewählte Arbeitsvorschläge, die nach Aussage der Autoren nur als Vorschläge fungieren und deren „interessengeleitete Abwandlung und Ergänzung ausdrücklich erwünscht“ ist.
Bei der Konzipierung der Arbeitsaufträge haben die Autoren nicht nur erkennbaren Wert auf die Formulierung der Aufträge mit Hilfe von Operatoren, welche alle drei Anforderungsbereiche abdecken, sondern auch auf die Herstellung übergreifender Zusammenhänge und auf das Lösen der Aufgaben durch eigenständige Recherche und selbstständiges Lernen gelegt. Zudem folgen die Aufgabenstellungen nicht beliebig additiv aufeinander, sondern lassen einen Problematisierungszusammenhang erkennen, der den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bietet, die Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und somit zu einer abschließenden Urteilsbildung zu gelangen.
Fachdidaktische Aspekte
Bei dem vorliegenden Schülerband wurde, wie bereits an einigen Stellen erwähnt, großer Wert auf die Berücksichtigung fachdidaktischer Prinzipien gelegt. Somit folgen sowohl die Autorentexte, als auch die Quellen-/ Materialauswahl nicht nur dem Prinzip der Multiperspektivität, sondern stellen einen Gegenwartsbezug her und gehen auf die Kontroversität des Forschungsstandes ein. Auch die Problemorientierung wird durch die Wahl der Aufgabenstellungen erreicht.
Ebenfalls durch die Arbeitsaufträge werden die Schülerinnen und Schüler angeregt, auch außerschulische Lernorte wie Archive, Museen oder Bibliotheken zur eigenständigen Recherche oder für Expertengespräche aufzusuchen.
Hingegen sucht man eine Vielfalt an Sozialformen und Handlungsmustern vergebens, was nicht zuletzt an der Klassenstufe liegen mag. In diesem Lehrwerk liegt das Hauptaugenmerk auf der selbstständigen Arbeit der Schülerinnen und Schüler. Jedoch bieten die Quellen/Materialien die Möglichkeit zu Rollenspielen oder anderen Sozialformen, was durch Variationen der Aufgabenformulierung durchaus umsetzbar wäre.
Fachwissenschaftliche Aspekte
In dem Lehrwerk „Geschichte und Geschehen 12 – Grundkurs Geschichte“ wird die fachwissenschaftliche Aktualität gewährleistet. Wie bereits an den Kapitelüberschriften erkennbar, wird darin auf die zentralen Dimensionen der Geschichtswissenschaft, wie zum Beispiel Politik („Deutsch- deutsche Politik 1961 bis 1989“), Wirtschaft, Alltag („Umgang mit Andersdenkenden“), Kultur und Gesellschaft eingegangen.
Zudem findet auch der Aspekt „Geschichte als Prozess“ in der diachronen Betrachtung der Thematik „Krieg und Frieden“ seinen Niederschlag, in dem der Erste und Zweite Weltkrieg sowie die darauffolgenden Friedensverträge und deren Auswirkungen bis in die heutige Zeit thematisiert werden.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Geschichtslehrwerk „Geschichte und Geschehen 12 – Grundkurs Geschichte“ sehr zu empfehlen ist.
Es vermittelt nicht nur Schülerinnen und Schülern das nötige Grundwissen zu den jeweiligen Themen und eine Vielzahl von methodischen Herangehensweisen, sondern ermöglicht ihnen zudem, „die Vergangenheit sowohl aus der Sicht der jeweiligen Zeit als auch deren Bedeutung für die Gegenwart multiperspektivisch und handlungsorientiert zu erschließen“.
Dieser Schülerband ist auch durchaus für Lehrkräfte gut geeignet. Aufgrund der vielfältigen Methodenseiten, dem Aufbau nach dem sächsischen Lehrplan und der ausgewogenen Balance zwischen Autorentext und Quellen/Material mit anschließenden Aufgabenvorschlägen bietet es der Lehrkraft eine gute Grundlage zur Vorbereitung des eigenen Unterrichts.