Geschichte, 5./6. Schuljahr, Realschule, Hauptschule
Denk mal – Geschichte 5/6
Herausgegeben von | Derichs, Johannes et al. |
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Erschienen | Braunschweig: Schroedel, 2009 |
Seitenanzahl | 288 |
ISBN | 978-3-507-35601-6 |
Geeignet für | Niedersachsen |
Rezensiert von | Schimpke, Oksana (Studentin), 24. August 2010 |
Projekt | Leibniz Universität Hannover, Wintersemester 2009/10 |
Rezension von Schimpke, Oksana (Studentin)
Erste Orientierung
Diese Rezension beruht auf dem Schülerband „Denk mal- Geschichte 5/6“, das im Jahr 2009 erschienen und für den Geschichtsunterricht an Realschulen in Niedersachsen zugelassen ist. Die Ausgabe 2009 wurde an das neue niedersächsische Kerncurriculum angepasst. Zu diesem Schülerband gibt es ein umfangreiches Begleitmaterial: ein Arbeitsheft, Kopiervorlagen sowie digitale Lehrermaterialien auf DVD–ROM. Außerdem stehen die Lösungen zu allen Aufgaben als kostenloser Download auf der Seite des Verlags zur Verfügung. Darüber hinaus findet man dort auch einen Vorschlag für einen schuleigenen Arbeitsplan mit „Denk mal- Geschichte 5/6“.
Da das Schulbuch für die Schülerinnen und Schüler konzipiert wurde, die das Fach Geschichte erst kennen lernen, ist die Zielsetzung des Schulbuches ihnen zu helfen, Geschichte zu entdecken. Dazu lädt schon das bunte Hardcover mit einer Abbildung der Nofretete und dem Titel „Denk mal“, das als Aufforderung verstanden werden kann, ein. Auch die vielen Bilder und Texte, „die vom Leben der Menschen in früheren Zeiten berichten“, dienen dem oben erwähnten Ziel. Sie werden in einem übersichtlichen und klar strukturierten Layout präsentiert. Besonders nennenswert sind Qualität und Format der Abbildungen, auf welchen man wichtige Details mühelos erkennen kann. Außerdem ist die Unterscheidung der Textarten den Autoren und Autorinnen des Schulbuches gut gelungen. Autorentext und Quellentexte werden voneinander klar abgegrenzt, indem Quellentexte mit einem roten „Q“ und einer roten Linie gekennzeichnet werden, so dass die Navigation im Schulbuch nicht schwer fällt.
Aufbau des Schulbuches
Das Inhaltsverzeichnis besteht aus 8 Kapiteln. Jedes Kapitel wird mit der Farbe Blau hervorgehoben, was das Inhaltsverzeichnis übersichtlich macht. Überhaupt spielt die Farbgestaltung eine große Rolle. Die unterschiedlichen Farben helfen dem Leser zwischen den Kern-, Zusatz-, Methoden-, und Aktivseiten des Buches zu unterscheiden, was die Orientierung erleichtert.
Der Einstieg in jedes Kapitel erfolgt durch zwei Bilder und einen kurzen Autorentext mit einer Überschrift. Darauf folgen Unterkapitel mit Autorentexten, Quellen sowie Materialien wie Bildern, Karten, Zeichnungen, Diagrammen und dazugehörige Aufgabestellungen, die auf den Doppelseiten präsentiert werden. Außerdem werden schwierige oder wichtige Begriffe in der Randspalte der jeweiligen Seite erklärt. Am Ende jedes Kapitels gibt es eine Zusammenfassungsseite mit allen wichtigen Informationen, Daten und Begriffen des Kapitels sowie Tipps für spannende Bücher zum Weiterlesen. Der Zusammenfassungsseite folgen die Seiten zur Selbstüberprüfung. Am Ende des Schulbuches befinden sich ein Methodenglossar, Lexikon, Textquellen- und Bildquellenverzeichnis.
Didaktische Ansätze
Die Autorinnen und Autoren von „Denk mal“ stellen den Schülerinnen und Schülern ihr Lehrwerk auf der dritten Seite im Vorwort vor. Sie erklären den Aufbau des Schulbuches und laden die jungen Leserinnen und Leser zu „einer Entdeckungsreise in die Vergangenheit“ ein. Aus dem Vorwort lässt sich vermuten, welches didaktische Konzept die Autoren verfolgen. Sie weisen darauf hin, dass sie „Fördern“ und „Fordern“ wollen. Auf zahlreichen Sonderseiten bieten sie Hilfestellungen für die schwächeren Schülerinnen und Schüler sowie vertiefende Materialien und Aufgaben für die stärkeren. Damit streben die Autoren und Autorinnen eine Binnendifferenzierung an. Außerdem weisen zahlreiche Aktivseiten, die die Leserinnen und Leser zum Selbermachen, Ausprobieren und Entdecken anregen, auf eine Handlungsorientierung hin. Die inhaltsbezogenen Kompetenzen werden chronologisch vermittelt. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Entwicklung eines fundierten Geschichtswissens im Vordergrund steht.
Autorentext
Für das Schulbuch ist eine einfache, verständliche und altersangemessene Sprache charakteristisch. Die Autorentexte sind auf das Wesentliche beschränkt und motivieren die Schülerinnen und Schüler durch ihre Kürze. Die Texte sind auf den Kernseiten durch rote Überschriften gekennzeichnet. Besonders ist die Art hervorzuheben, in der die Autorinnen und Autoren die Fachsprache einführen: Die wichtigsten Fachbegriffe, die im Text mit einer blauen Linie unterstrichen sind, werden in der dritten Spalte neben dem Autorentext definiert. Manchmal befindet sich neben der wörtlichen Definition eines Fachbegriffes zusätzlich eine Illustration. Beispielsweise findet man auf Seite 238 nicht nur eine Erklärung für den Begriff „Quetzal“ (Aztekenvogel), sondern zur Veranschaulichung auch noch ein Bild. Eine Überfülle von Fachbegriffen wird vermieden. Selten finden die Leserinnen und Leser mehr als 2-4 Begriffe pro Seite.
Werturteile versuchen die Autorinnen und Autoren zu vermeiden, so dass Standpunkte kritisch offen gelegt werden. Dies kann man am Beispiel des Kapitels „Zeit der Entdeckungen“ sehr gut veranschaulichen. Schon im Einführungstext zum Kapitel stellen die Autorinnen und Autoren zur Diskussion, ob man die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus als Fest feiern oder ob man den „Columbus Day“ abschaffen sollte (S. 210f.). Genauso sollen die Schülerinnen und Schüler darüber diskutieren, ob die Büste der Nofretete aus dem Ägyptischen Museum in Berlin den Ägyptern zurückgegeben werden sollte (S. 89).
Quellen und Materialien
Die Autorentexte werden durch zahlreiche Quellen und Materialien wie Bilder, Karten, Zeichnungen oder Diagramme ergänzt, wobei zu den Quellen nur schriftliche Quellen, „Texte, die von Menschen in der Vergangenheit geschrieben wurden“, zählen (S. 3). Als Mangel kann angesehen werden, dass nur zwischen den schriftlichen Quellen, markiert durch ein rotes „Q“ und eine rote Linie und den Materialien, markiert durch ein rotes „M“ unterschieden wird. Die Differenzierung der Materialien, zu denen im Buch Bilder, Illustrationen, Zeichnungen und Diagramme gehören, wird nicht vorgenommen, obwohl mit Bildern auch als Quellen gearbeitet wird. Positiv ist zu bemerken, dass die Text- und Bildquellen nicht nur die Funktion der Veranschaulichung erfüllen. Sie sind in die Autorentexte integriert, so dass diese sinnvoll ergänzt werden. Dadurch bekommen die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich Sachverhalte zu erschließen und besser zu verstehen.
Dazu ein Beispiel: Der Autorentext „Treue als Fundament – das Lehnswesen“ aus dem Kapitel „Leben im Mittelalter“ wird sinnvoll mit einer Bildquelle ergänzt. Auf dieser wird das Lehnswesen im Mittelalter dargestellt. Zusätzlich findet man einen Auszug aus einer Nachricht Karls des Großen an einen Kronvasallen aus dem Jahr 804 über die Einberufung eines großen Reichtages in Ostsachsen (S. 178). Allerdings muss angemerkt werden, dass die Bildlegenden nicht immer das Entstehungsdatum des Bildes angeben. Informationen z.B. über den Künstler finden sich im Bildquellenverzeichnis und nicht unter dem Bild. Auf die Angabe des Originalformates wird komplett verzichtet.
Außer den zahlreichen und vielfältigen Text- und Bildquellen liegen viele grafische Materialien vor. Dazu zählen historische Themenkarten wie „Die Entwicklung Roms – Vom Stadtstaat zur Weltmacht“ (S. 132), „Siedlungsgebiete der Griechen im Mittelmeerraum (um 500 v. Chr.)“ (S. 111), Rekonstruktionszeichnungen wie „Die Feldarbeit der ägyptischen Bauern“ (S. 76), Solons Gesetzestafel (S. 120), „Römisches Kastell und Kriegsschiff“ (S. 135), Stadtpläne und vieles mehr. Schließlich kann man sagen, dass das zahlreiche Angebot von Quellen und Materialien die Schülerinnen und Schüler zum Blättern verleitet, was sich auf deren Motivation positiv auswirken sollte.
Methodenkonzept und neue Medien
„DenkMal“ verfügt über ein ausgewiesenes Methodenkonzept, das Lehrer und Schüler gezielt einsetzen können. Die Methodenseiten sind in die einzelnen Kapitel sehr gelungen eingebunden. Beispielsweise sollen die Schülerinnen und Schüler bei der Auseinandersetzung mit dem Thema „Imperium Romanum“ lernen, Textquellen auszuwerten.
Das Methodenrepertoire ist vielfältig. Außer der Auswertung der Textquellen lernen die Schülerinnen und Schüler, einen Zahlstrahl zu erstellen, Sachtexte und Geschichtskarten auszuwerten, Bilder zu interpretieren, Stadtpläne zu vergleichen, historische Karten zu lesen und zu deuten sowie ein Projekt durchzuführen. Die Schülerinnen und Schüler werden immer schrittweise an eine neue Methode herangeführt. Besonders ist hervorzuheben, dass einige Methoden mit Beispielen belegt sind. Beispielsweise findet man auf der Methodenseite „Wir werten eine Geschichtskarte aus“ – außer den Arbeitsschritten – die mögliche Auswertung einer Karte, die die Entwicklung Roms vom Stadtstaat zur Weltmacht darstellt.
Außerdem ist festzustellen, dass neue Medien sinnvoll eingebunden werden. Zum Beispiel wird im Bericht über die Menschen im Moor auf die Internetseite des Landesmuseum Hannover hingewiesen, wo die Schülerinnen und Schüler mehr über Moorleichen erfahren können.
Darüber hinaus verfügt das Buch über sogenannte Aktivseiten, die den Schülerinnen und Schülern viele Anregungen zum Selbermachen, Ausprobieren und Entdecken bieten. Die Lernenden werden beispielsweise dazu angeregt, wie die Menschen in der Steinzeit zu malen oder Schmuck herzustellen.
Aufgabenstellungen
Besonders anerkennenswert sind die Aufgabenstellungen in „Denk mal“. Die Autorinnen und Autoren vermeiden unspezifische W-Fragen, indem sie die Arbeitsanweisungen durch Verben als Operatoren präzise formulieren. Die verwendeten Operatoren verlangen Leistungen der Schülerinnen und Schüler in allen drei Anforderungsbereichen. Außerdem ist zu bemerken, dass die Aufgaben nicht beliebig additiv aufeinander folgen sondern ein Problematisierungszusammenhang als aufbauender Lösungsweg klar erkennbar ist. So sollen die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel im Unterkapitel „Ein Leben für Gott im Kloster“ (S. 187) zunächst den Tagesablauf in einem mittelalterlichen Kloster beschreiben. Dann soll der Leitsatz der mittelalterlichen Klöster „Bete und arbeite!“ erläutert werden. Schließlich sollen die Lernenden Benedikts Regeln vor dem Hintergrund, dass zur Klostergemeinschaft häufig bis zu 200 Personen gehörten, beurteilen. Außerdem werden die Schülerinnen und Schüler zum selbständigen Arbeiten angeleitet, z.B. „Forsche nach Burgen in deiner Umgebung. Trage Bilder zusammen und beschrifte die einzelnen Burgelemente.“ (S. 180)
Fachdidaktische Aspekte
Das Schulbuch „DenkMal“ bietet eine abwechslungsreiche Vielfalt an Sozialformen und Handlungsmuster an. Neben der Einzel- und Partnerarbeit werden die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, die Aufgaben in Gruppen oder im Plenum zu erarbeiten. Ferner ist zu bemerken, dass die Schülerinnen und Schüler nicht nur zum analytischen Denken sondern auch zur Handlungsorientierung angeleitet werden. Dabei wird viel Wert darauf gelegt, bei den Schülerinnen und Schülern, Empathie zu erzeugen. Als Beispiel dient ein Rollenspiel (S. 103), in dem die Schülerinnen und Schüler die abgebildete Szene „Arbeiter protestieren vor dem Wesir“ nachspielen sollen.
Außer der Handlungsorientierung finden weiter didaktische Prinzipien wie Multiperspektivität und Gegenwartsbezug Berücksichtigung. Besonders lobenswert ist, dass die schriftlichen und bildlichen Quellen in ein Konzept der Multiperspektivität eingepasst werden. Dabei bekommen die Lernenden die Möglichkeit, einen Sachverhalt aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. So findet man im Teilkapitel „Die Römer als Eroberer“ (S. 136) unterschiedliche Sichtweisen der Geschichtsschreiber auf die Politik Roms. Genauso wurden in den Text „Galileo Galilei und die Kirche“ (S. 212) die unterschiedlichen Ansichten zur Auslegung der Bibel – seitens Galileo und seitens der Kirche – integriert.
Besonders auffallend ist die Herstellung des Gegenwartsbezugs in den Abbildungen, die als Einleitung in die einzelnen Kapitel dienen. Am Anfang jedes Kapitels sind immer zwei Darstellungen zu sehen. Eine Abbildung bezieht sich immer auf die Vergangenheit. Die zweite Abbildung verweist auf heutige Zeiten. Auf den Seiten 252/253 zum Beispiel werden auf einem Bild Zillekinder aus Berlin (1908) dargestellt. Auf dem zweiten Bild ist ein Kind vor einem Computer zu sehen. Der Gegenwartsbezug wird auch in den einzelnen Kapiteln hergestellt, z.B. weisen die Autorinnen und Autoren im Kapitel „Zeit der Entdeckungen“ auf moderne Entdecker aus dem Alfred-Wegener-Institut hin.
Besonders hervorzuheben ist, dass die Autorinnen und Autoren außerschulische Orte als Erkundungsorte vorschlagen. Die Schülerinnen und Schüler werden dazu angeleitet, die Spuren des Mittelalters in ihrem Ort oder in ihrer Region zu untersuchen oder einen Tagesausflug in ein Museum zu planen.
Fachwissenschaftliche Aspekte
In „Denk mal“ werden die wichtigsten Dimensionen der Geschichtswissenschaft präsentiert. Die Autorinnen und Autoren betrachten – je nach Epoche – Wirtschafts-, Politik-, Gesellschaft- und Kulturgeschichte. Auch Themen wie „Alltag“ (S. 146), „Umwelt“ (S. 144) und „Kultur“ (S. 86) finden im Buch Beachtung. Neben der synchronen Betrachtung wird Geschichte in diesem Lehrwerk auch diachron dargestellt. Beispielsweise wird im Kapitel „Die Griechen – erste Hochkultur in Europa“ zuerst auf die Demokratie der Athener eingegangen, dann wird Bezug auf die Demokratie von heute genommen und die Zusammenhänge zwischen der Vergangenheit und der heutigen Zeit hergestellt (S. 120/124).
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Lehrbuch „Denk mal 5/6“ empfehlenswert ist. Abgesehen davon, dass der Unterschied zwischen den Quellen und Materialien irreführend ist und die Bildlegenden nicht genug Informationen geben, zeichnet sich das Schulbuch durch ein handlungsorientiertes und binnendifferenziertes Konzept aus, in dessen Vordergrund die Visualisierung der Themen steht, was den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler entgegenkommen und sich motivierend auswirken dürfte.