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Ethik / Philosophie, Oberstufe, Gymnasium

Kolleg Werte und Normen – Ausgabe Niedersachsen

Kolleg Werte und Normen – Ausgabe Niedersachsen
Herausgegeben von Sänger, Monika
Erschienen Bamberg: C. C. Buchner, 2013
Seitenanzahl 352
ISBN 978-3-661-21000-1
Geeignet für Niedersachsen
Rezensiert von Schneider, Timo und Elisabeth Kerler (Studierende), 26. März 2014
Projekt Justus-Liebig-Universität Gießen, Wintersemester 2013/14

Rezension von Schneider, Timo und Elisabeth Kerler (Studierende)


Einleitung
Das Lehrbuch „Kolleg: Werte und Normen“, das im Jahr 2013 für das Bundesland Niedersachsen im C.C. Buchner Verlag herausgegeben wurde, zeichnet sich durch eine starke Anlehnung am Kerncurriculum für die Oberstufe Niedersachsens aus: Beispielsweise können der Titel des Werkes, die Themen der Kapitel sowie die der Pflicht- und Wahlmodule beinahe dem Kerncurriculum entnommen werden. Das Hardcover sowie die gute Druck- und Papierqualität runden das qualitative Erscheinungsbild des Buches ab. Das sachliche Vorwort beschreibt die Themen der vier Kapitel, erläutert die Umgangsweise mit dem Buch und verzichtet auf Werbung und persönliche Ansprache. Es fällt durch Kürze und Strukturierung positiv auf: Es beginnt mit einer Definition des Werkes, darauf folgen die farblich passend hervorgehobenen Beschreibungen der Kapitel, zuletzt die Methodik.

Struktur,Aufbau und Konzept
Das Buch ist in vier farblich unterschiedlich gestaltete Kapitel gegliedert, deren Reihenfolge vom Kerncurriculum vorgegeben ist: 1) Frage nach Recht und Gesellschaft, 2) Frage nach dem guten Handeln, 3) Frage nach dem Wesen des Menschen und 4) Frage nach Wissen und Glauben. Jedes dieser Kapitel ist in ein Pflichtmodul und vier Wahlmodule aufgeteilt. Auch ihre Reihenfolge und ihr Thema sind vom Kerncurriculum vorgegeben. Sowohl Pflicht- als auch Wahlmodule beinhalten ein bis zwei zusätzliche verbindliche Unterrichtsaspekte für das vierstündige Prüfungsfach auf erhöhtem Anforderungsniveau. Jedes Kapitel beginnt mit einer einführenden Doppelseite, die die Module und die in diesem Kapitel angewendeten und zu lernenden Kompetenzen benennt und endet mit einer Doppelseite „Wissen kompakt“ [1] . Die Methodenbausteine, die farblich von den vier Hauptkapiteln abgehoben sind, schließen das Buch gemeinsam mit Personenregister, Sachregister, Literaturverzeichnis und Bildnachweisen ab.
Das gesamte Werk ist nach dem Doppelseitenprinzip verfasst, wobei auf gleichbleibenden Aufbau in Form der Positionierung von Grafik, Texten und Fragen geachtet wurde. Dies erleichtert die Orientierung im gesamten Buch.
Der didaktische Aufbau sieht eine Ausweisung der Grundbegriffe in den Pflichtmodulen vor: Diese findet in Form von Texten und besonders von deren Überschriften statt, wobei man sich nicht nur auf die ganz zentralen Grundbegriffe beschränkt, sondern unter anderem auch eine historische Einordnung oder Anwendungsbeispiele ergänzt hat betont wird. Die Pflichtmodule vermitteln folglich die Kernkompetenzen, aber daneben auch zusätzliche Informationen wie Beispiele. Diese konkreten Ansätze verhelfen zu einem leichteren Verständnis der theoretischen Pflichtinhalte. Ihre Einübung, Vertiefung und ihre Betrachtung aus unterschiedlicheren Perspektiven und Anwendung auch auf andere Fragestellungen findet in den Wahlmodulen statt.

Grundzüge des didaktischen Konzepts
Die Unterkapitel legen zwar eine aufeinander aufbauende Reihenfolge nahe, bleiben aber auch bei einer Bearbeitung mit Missachtung dieser Reihenfolge verständlich. Wie schon beschrieben, finden sich auch für das Pflichtfach eingeschobene, schwierigere Unterkapitel.
Die Textauswahl beleuchtet die verschiedenen Themen gleichberechtigt aus unterschiedlichen Perspektiven, was auch durch die offenen Fragestellungen unterstützt wird. Dadurch wird einerseits in Form von Diskussionen, aber auch durch Gedankenexperimente ein hoher Grad an Differenzierung erreicht, bei dem die Schüler [2] lernen, verschiedene Standpunkte einzunehmen. Gleichzeitig wird dadurch die Problemorientierung gewährleistet. Die Schülerorientierung zeigt sich vor allem in der vom Curriculum vorgegebenen Themenwahl. Ebenso themenabhängig tritt sie, wie auch der Bezug auf die alltägliche Lebenswelt, in der Gestaltung der Seiten unterschiedlich deutlich auf, dann vor allem in Form von Bildern, hervorgehobenen Zitaten oder von Aussagesammlungen, was in Anbetracht des Alters der Schüler angemessen ist. Die Grafiken und Bilder sind thematisch eingebunden, sodass sie meist den Einstieg in das Thema der Doppelseite erleichtern oder veranschaulichen. Die Methodenbausteine am Ende des Buches fallen in Bezug auf die Schülerorientierung positiv auf. [3] 

Fachdidaktische Konzepte und Aktualität
Die fachdidaktische Aktualität wird durch das Kerncurriculum des Landes Niedersachsen in weiten Teilen vorgegeben und von dem Buch angemessen erfüllt. Die zu erlernenden Methoden lassen sich in drei Kompetenzblöcke untergliedern, nämlich in „Wahrnehmen und Beschreiben“, „Verstehen und Reflektieren“ und in „Diskutieren und Urteilen“. Die Kompetenzen werden hauptsächlich über die am Ende einer jeden Doppelseite sich befindenden Aufgaben vermittelt und überprüft. Die Strukturierung der Aufgaben beginnt mit dem ersten basalen Teil, in dem zwei Aufgaben den vermittelten Inhalt überprüfen und vertiefen. Im zweiten Teil zielen die Aufgaben auf ein Festigen des frisch Gelernten ab und geben die Möglichkeit, Themen auch kritisch zu hinterfragen. Der letzte Teil der Fragen ermöglicht eine Diskussion und die Formulierung einer eigenen Position. Der Inhalt der einzelnen Kapitel wird durch das Kerncurriculum vorgegeben. Dies gilt ebenso für die konkreten Lernziele und bereits formulierte Fragen, die die Schüler nach dem jeweiligen Halbjahr beantworten sollten. So bietet beispielsweise die Theorie von John Rawls „Theory of justice“, die in „Werte und Normen“ vorgestellt und diskutiert wird, die Möglichkeit, die Frage zu beantworten, was eine gerechte Gesellschaft ist. Das Werk stellt also hinreichend viel Material zur Verfügung und bietet angemessene Methoden, um den Ansprüchen des Kerncurriculums gerecht zu werden.

Fachdidaktische Aufgabenstellung
Die Aufgaben sind nicht nur so gestaltet, dass Schüler auf allen Leistungsniveaus angesprochen werden, sondern dabei auch verschiedene Kompetenzen erlernen. Formal folgen die Aufgaben nach mehreren Texten am Ende einer jeden Doppelseite. Die Konflikte, die durch die Textauswahl dargestellt werden, bieten einen Anreiz zur eigenständigen Erarbeitung von Inhalten und unterschiedlichen Problemlösungen anhand der Fragen. So wird das Werk sowohl der Handlungsorientierung als auch der Problemlösungskompetenz gerecht. Die Aufgabenstellung ermöglicht der Lehrkraft den Einsatz von unterschiedlichen Methoden, um die geforderten Kompetenzen zu vermitteln und einzuüben. Oftmals finden sich auch kreative Aufgaben, die nicht nur Textarbeit erfordern, sondern auch die Gestaltung von eigenen Plakaten und die Präsentation der darauf erarbeiteten Inhalte vor dem Kurs. Die Aufgaben zielen also auf vielfältige Kompetenzen und Methoden ab und ermöglichen der Lehrkraft eine abwechslungsreiche und interessante Bearbeitung von philosophischen Theorien.

Materialien und Aktualität
Die Materialien zeichnen sich durch eine große Vielfalt aus: So werden den Schülern anhand von Karikaturen, Bildern, Illustrationen, Begriffs- und Aussagensammlungen, Schemata, Tabellen, Diagrammen, Versen oder hervorgehobenen Zitaten die verschiedenen Themen nahegelegt und dargestellt. Auf diese Weise wird der Diversität der Schüler Rechnung getragen, deren Lebenswelt auch durch Verweise auf Internetquellen und bekannte Filme wie "I, Robot" aufgegriffen wird.
Der Großteil des Materials besteht aber aus Texten. Hier fällt auf, dass Autorentexte in der Minderzahl auftreten. Stattdessen findet man Artikel, Gesetzestexte sowie Primär-, Sekundär-und einführende Literatur. Die Primärliteratur stammt durchaus auch von schwieriger lesbaren Autoren wie beispielsweise Kant, wird aber schülergerecht aufbereitet: So wurden im Text Thesen und Prämissen markiert. Auf diese Weise bekommen die Schüler an einem schwierigen Text gezeigt, wie man Argumente erkennen kann, und werden dazu ermutigt, auch selbst anspruchsvolle Texte zu erarbeiten. Dazu tragen auch die Fragen bei. Leider finden sich an diesen Stellen selten Verweise auf die Methoden-Bausteine, die gerade dabei sehr hilfreich sein könnten.
Die Materialien bestechen nicht durchgehend in puncto Aktualität: So findet sich eine Shellstudie, die die Wertorientierung Jugendlicher aus dem Jahr 2002 mit der aus dem Jahr 2006 vergleicht.  Bei den Internetquellen zeigt sich, dass die meisten zuletzt im Jahr 2009 aufgerufen wurden, was bei Erschienen des Buches bereits vier Jahre in der Vergangenheit lag. In manchen Fällen, etwa das Fallbeispiel von Bad Wurzbach aus dem Jahr 1997, lässt sich das hohe Alter der Quellen dadurch erklären, dass den Schülern wohl die Veränderung der Gesellschaft vor Augen geführt werden soll. An anderer Stelle finden sich aber auch sehr aktuelle Artikel, dem Anschein nach vor allem in den Wahlmodulen.
Viele philosophische Theorien unterliegen einer nur sehr langsamen Entwicklung, manche haben seit Jahrhunderten ihre Gültigkeit nicht verloren, weshalb die Aktualität vieler Themengebiete nicht an ihrem Inhalt, sondern an ihren Anwendungen in einem aktuellen gesellschaftlichen Kontext gemessen werden kann. Dies versucht das Werk sinnvoll umzusetzen und schafft dies auch, was man an dem Beispiel der Behandlung der evolutionären Erkenntnistheorie erkennen kann. Dieses Thema ist auch in aktuellen philosophischen Diskursen oft anzutreffen.
Auffällig ist auch, dass sich im ganzen Werk Quellenangaben finden. So können die Schüler zum einen an den entsprechenden Stellen bei Interesse weiterlesen, zum anderen wird ihnen ein wissenschaftliches Vorgehen verdeutlicht, was sie auf das Verfassen der Seminararbeit, aber auch auf die Universität vorbereitet. Die Angabe von indirekten Zitaten ist aber leider auf eine eher unübliche Art und Weise gelöst worden.

Fazit
Das Werk 'Kolleg Werte und Normen' bietet eine große Fülle an unterschiedlichen Themen in dem Bereich Werte und Normen und kombiniert dabei teilweise sehr komplexe Themen mit einer didaktisch gut durchstrukturierten Aufgabenstellung, sodass nicht nur Schüler aller Leistungsniveaus, sondern auch unterschiedliche Methoden und Präferenzen der Lehrkraft angesprochen werden. Durch die breiten und nach Belieben auch weiter zu vertiefenden Themengebiete mit dem mehr als angemessenen didaktischen Konzept im Hintergrund ist dieses Lehrwerk nicht nur geeignet, sondern besonders empfehlenswert. Eine, zugegeben, kleine Kritik erfolgt lediglich an den sehr mager ausfallenden Hinweisen innerhalb der Aufgabenstellungen und den Doppelseiten zu den wirklich überzeugenden Methodenbausteinen, die sich am Ende des Buches befinden. Jene Methodenbausteine liefern das Handwerkszeug, auch formale Probleme der Philosophie wie beispielsweise die Prüfung eines Arguments auf Gültigkeit sinnvoll zu lösen und zu bewerten. Gerne dürften diese Methodenbausteine mehr eingebunden werden: sie haben es aufgrund ihrer Anschaulichkeit und ihrem Inhalt verdient.
Abschließend kann man sagen, dass dieses Lehrwerk sehr zu empfehlen ist und sehr geeignet dafür, um den Ethikunterricht interessant, abwechslungsreich und umfassend zu gestalten.


Lizenz: CC BY-ND 4.0 Lizenz „Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International“ (CC BY-ND 4.0)


Info Zitation Schneider, Timo und Elisabeth Kerler. Rezension zu: Kolleg Werte und Normen – Ausgabe Niedersachsen von Sänger, Monika (Hg.). Bamberg: C. C. Buchner 2013, ISBN 978-3-661-21000-1, Edumeres 2014, https://edu-reviews.edumeres.net/rezensionen/rezension/schneider-timo-und-elisabeth-kerler/, zuletzt geprüft am 26.03.2024.