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Geschichte, 9./10. Schuljahr, Gymnasium

Mosaik A 5

Mosaik A 5
Herausgegeben von Cornelissen, Joachim et al.
Erschienen München: Oldenbourg, 2009
Seitenanzahl 160
ISBN 978-3-637-02140-2
Geeignet für Baden-Württemberg
Rezensiert von Sperber, Gitta (Lehrerin), 1. September 2008

Rezension von Sperber, Gitta (Lehrerin)


Einleitung
Als Antwort auf die neue Konzeption des Geschichtsunterrichts bringt der Oldenbourg Schulbuchverlag ein Unterrichtswerk, das auf den ersten Blick eher einem Gemeinschaftskundebuch ähnelt, so dass das handliche, 160 Seiten umfassende, stilvoll aufbereitete Buch den Leser vielleicht zunächst verwirrt. Das beginnt damit, dass noch vor dem Inhaltsverzeichnis ein Überblick „von der Antike bis zu Aufklärung“ gegeben wird. Diese ersten Zeilen und im Folgenden die Kapitelüberschriften muten zunächst fast philosophisch an. Und die Kapitelthemen passen so gar nicht zu dem gewohnten Muster. Anstatt Epochen der Reihe nach „aufzulisten“, werden hier die verschiedenen Ereignisse nach Themen geordnet. Im Gemeinschaftskundeunterricht, der nicht so sehr den zeitlichen Abfolgen unterworfen ist, finden sich viele Bücher in diesem Stil. Für den Geschichtsunterricht ist es wohl neu, doch musste es hier ja auch Änderungen geben, wenn die Bildungsstandards der „“neuen“ zehnten Klasse erfüllt werden sollen.

Um den Lehrern und Schülern diese Neuerungen näher zu bringen, erklären die Autoren zu Beginn des ersten Kapitels das Konzept ihres Buches, indem sie zeigen, dass die heutige Europäische Union mit all ihren Bedingungen ihren Ursprung in der Geschichte hat. Dabei weisen sie auch auf die vielen Brüche mit den demokratischen Werten hin, die bis in die jüngste Vergangenheit reichen. Um diese lange Entwicklung mit den vielen Ereignissen begreifbar zu machen, erfolgt die Unterteilung in fünf verschiedene Themenbereiche innerhalb der 2000 Jahre zwischen der Antike und der Aufklärung. Dabei steht am Anfang der einzelne Mensch und am Ende die Vielfalt. Im ersten Kapitel wird der Wandel der Menschenbilder untersucht, die das heutige europäische Menschenbild prägten. Im zweiten Kapitel dreht sich alles um das Zusammenleben der Menschen innerhalb einer Gemeinschaft bzw. eines Staates, ihre Vorstellungen von Herrschaft, Gesetzgebung und Mitbestimmung. Die Rolle der Religion und der Kirche in den verschiedenen Zeiten wird im dritten Kapitel beleuchtet. Schließlich treffen im vierten Kapitel verschiedenen Kulturen aufeinander, während das letzte Kapitel die Einheit der verschiedenen Kulturen in der Suche nach einer europäischen Identität zusammenbringt.

Aufbau
Der Aufbau des Buches ist übersichtlich: Jedes Kapitel beginnt mit einem großformatigem Bild auf einer Doppelseite sowie einer darauf folgenden Einführungsseite und endet mit einer Zusammenfassung, Sicherung und Vertiefung. Diese jeweiligen Doppelseiten sind farblich hinterlegt, so dass sie sich von den dazwischen liegenden weißen Seiten abheben. Alle Doppelseiten sind prinzipiell gleich aufgebaut, indem auf der linken Seite der Autorentext zu finden ist, während auf der rechten Seite die Quellen und die Aufgaben stehen. An drei Stellen sind Sonderseiten eingebaut, die eine kurze Einführung in verschiedene Methoden geben. Im Anschluss an das letzte Kapitel folgen auf vier Seiten Erläuterungen wichtiger Begriffe, auf die im Autorentext jeweils verwiesen wird. Viele dieser Begriffe werden auch auf den Seiten zur Sicherung abgefragt. Diese Seiten werden den Schülern beim Lernen eine große Hilfe sein. Am Ende finden sich noch das Namen- und Sachregister und das Bildquellenverzeichnis. Herausstechend ist bei dem Aufbau des Buches lediglich der oben erwähnte Beginn: die noch vor dem Inhaltsverzeichnis auf fünf Seiten „mosaikartige“ Einführung in die lange Zeitspanne von der Antike bis zur Aufklärung, welche durch ihre Erzählform sehr ansprechend ist. Ihr folgt eine Zeittafel, die zwar nur ausgewählte Daten aus den drei Epochen Antike, Mittelalter und Neuzeit aufführt, diese aber schon den fünf oben genannten Themenbereichen zuordnet.

Erst nach diesen Einführungsseiten folgt das Inhaltsverzeichnis, das jetzt auch erst verständlich wirkt. Allerdings bleibt es durch seine grafische Darstellung unübersichtlich. Die eingestreuten Bilder bringen eher Unruhe und sind aufgrund ihrer Größe und damit schlechten Erkennbarkeit verzichtbar. Auch die Farbwahl, die sich ebenfalls in den Kapiteln am oberen Buchrand in Form einer Farbleiste und in der rot gefärbten Hervorhebung von Überschriften und Aufgaben wiederfindet, ist nicht gut gewählt. Generell ist der Gedanke, die Struktur des Buches farblich zu betonen, zwar gut, es sollten dann jedoch mehr als drei Farben (weiß, rot, braun) gewählt werden.

Insgesamt ist die Qualität von Schrift und Bild in diesem Buch jedoch sehr angenehm und fördert das Interesse am Blättern und Lesen.

Autorentexte, Quellen und Aufgaben
Die Autorentexte sind in einem klaren und gut verständlichen Stil verfasst und enthalten trotz ihrer Kürze viele Informationen. Dabei wird eine angemessene Fachsprache verwendet und bei den wichtigen Begriffen immer auf die Erklärung im Anhang verwiesen. Da der Geschichtsunterricht in der „neuen“ zehnten Klasse ja schon Gelerntes vertiefen und unter neuen Fragestellungen einsetzen soll, verzichten die Autoren auf langatmige Erklärungen von Zusammenhängen. Schließlich sind die geschichtlichen Ereignisse den Schülern nicht neu und bedürfen aus diesem Grund keiner zu genauen Erläuterung.

Die Autorentexte liefern die Grundinformationen für die verschiedenen Quellen, ohne dauernd manipulativ auf den Leser einzuwirken. Da sich durch den Aufbau natürlich Verbindungen zu anderen Kapiteln ergeben, wird an den gegebenen Stellen darauf verwiesen. Gemeinsam mit den Erklärungen im Anhang können diese klaren Autorentexte für die Schüler eine wichtige Lernhilfe sein. Denn obwohl von einigen Stellen propagiert wird, die Schulbücher in Fächern wie Geschichte, Gemeinschaftskunde oder Erdkunde abzuschaffen, zeigt die Praxis die Relevanz und hohe Wertigkeit für die Schüler, wenn sie – wie das vorliegende Lehrwerk – auch unabhängig von den Fachlehrern von den Lernenden zu Rate gezogen werden können.

Auch die Quellen sind auf angemessene Längen gekürzt und dem Niveau der Klassenstufe angepasst. Es finden sich hier verschiedene Schwierigkeitsgrade: Einige Texte können von den Schülern allein erschlossen werden, andere Quellen lassen sich besser gemeinsam bearbeiten. Vielleicht ist für einige Klassen die Textlastigkeit des Arbeitsmaterials schwierig. Hier ist die Lehrkraft gefragt, durch gezielte Auswahl und wechselnde Methoden für Entlastung zu sorgen. Hilfreich ist auch die Einführung der Methoden „Analyse fachwissenschaftlicher Texte“ (S. 69) und „Umgang mit Perspektiven in Textquellen“ (S.145), wobei letztere leider erst fast am Ende des Buches zu finden ist.

Die Aufgaben sind größtenteils klar und verständlich gestellt und beziehen sich sowohl auf die Autorentexte als auch auf die Quellen. Allerdings ist nicht immer ein sinnvoller Aufbau erkennbar, manchmal scheinen sie eher aneinandergereiht. Zudem gehen sie größtenteils nach demselben Schema vor und vernachlässigen zu häufig handlungsorientierten Unterricht. Trotz allem finden sich neben den „klassischen“ Aufgaben („Beschreibe anhand...“, „Stelle die Position von ... dar“, „Erläutere ...“, „Beurteile ...“) zumindest einige wenige erfrischende Ideen. So schlüpfen die Schüler beispielsweise in die Rolle eines Griechen, dessen Polis die Errichtung einer Kolonie plant (S.107).

Kritik
Kritisch zu betrachten ist vor allem die Art der Sicherung des Gelernten an den Kapitelenden, wobei die Bewertung hier eine Frage der Perspektive ist. Die jeweils abschließende Doppelseite läuft zwar unter dem Namen „Zusammenfassen – Sichern – Vertiefen“, legt aber den Schwerpunkt auf letzteres, indem hier weitere Aufgaben bearbeitet werden können. Die Zusammenfassung dagegen besteht nur jeweils aus einer kurzen Datentabelle, die den Hauptseiten nicht gerecht wird. Die Sicherung ist zumindest graphisch interessant dargestellt: Die Schüler sehen eine Abspeicherung der Dateien auf einem Computer. Sie speichern Begriffe und Methoden in verschiedenen „Ordnern“, die wiederum in dem Ordner des jeweiligen Kapitels gespeichert sind. Dieser ist nacheinander den Ordnern „Europa“, „Geschichte“ und „Eigene Dateien“ untergeordnet. Die alphabetisch geordneten Begriffe, die zum Teil auch in den „Erläuterungen wichtiger Begriffe“ zu finden sind, müssen zur Sicherung dann allerdings selbstständig geklärt werden. Das ist natürlich richtig, denn nur so kann Lernen funktionieren. Allerdings sollten jene Begriffe, die nicht am Ende des Buches in den Erklärungen zu finden sind, dann besser auffindbar sein, wenn die Schüler vor einer Arbeit noch einmal den Stoff wiederholen.

Insgesamt ist der klassische Doppelseitenaufbau „Autorentext-Quelle-Aufgaben“ problematisch, wenn man ihn im Gesamtzusammenhang sieht. Natürlich können einzelne Quellen zunächst gesondert bearbeitet werden und die Informationen aus den Autorentexten kann die Lehrkraft mit den Schülern auch auf anderen Wegen als dem Lesen erarbeiten, trotzdem kann dieses Buch zu einer eintönigen Abfolge von „Doppelseitenbearbeitungen“ verführen. Dies liegt auch nicht zuletzt an der schon oben kritisierten Art der Aufgaben. Schließlich ist es wahrscheinlich, dass die Klasse (z.B. bei dem Doppelstundenprinzip) nur einmal in der Woche Geschichtsunterricht hat und der umfangreiche Stoff trotz Ausfällen, großen Klassen etc. untergebracht werden muss. Vor allem bei Klassen, in denen die Diskussionsfreudigkeit und das aktive Mitdenken weniger ausgeprägt sind, kann der Unterricht schnell einförmig werden. Auf der anderen Seite sind Geschichtsbücher, die auf Autorentexte fast verzichten und extrem handlungsorientiert sind, für die Schüler schlecht handhabbar, da sie dann schwerer außerhalb des Unterrichts selbstständig mit ihnen arbeiten können.

Fazit
So liegt es also bei der Lehrkraft, dieses Buch positiv zu nutzen und seine Stärken im Unterricht wirken zu lassen. Diese liegen vor allem in der Konzeption, die eher an ein Gemeinschaftskundebuch oder zum Teil sogar Philosophiebuch erinnert, da hier keine zeitlichen Vorgaben gemacht werden. So kann ein Entwicklungsstrang von der Antike bis zur Aufklärung – oder gegebenenfalls bis zur Gegenwart – gegeben werden ohne den Verlauf zeitlich zu zerstückeln. Natürlich wurde schon immer das neu Gelernte mit dem alten Stoff verglichen, aber das Alte lag dann oft für die Schüler schon so weit zurück, dass der Vergleich eher mager ausfiel. Dieses Geschichtsbuch liefert die Chance – ganz im Sinne des Bildungsplanes – eine Wiederholung und Vertiefung des bisher gelernten Stoffes anhand des Themas „Vielfalt und Einheit Europas“ durchzuführen und dabei „den Prozess der Identitätsfindung“ zu unterstützen und „die Bedeutung historisch gewachsener Traditionen und funktionierender europäischer Strukturen zu vermitteln“ (Bildungsplan S. 219). Inwieweit die praktische Umsetzung funktioniert wird abzuwarten sein, bis die erste „neue“ zehnte Klasse zum Geschichtsunterricht antritt. Trotz der genannten kritischen Anmerkungen dürften Lehrer und Lernende mit diesem Buch gewappnet sein.

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