Ethik / Philosophie, Oberstufe, Gymnasium, Gesamtschule
Zugänge zur Philosophie – Qualifikationsphase
Herausgegeben von | Aßmann, Lothar et al. |
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Erschienen | Berlin: Cornelsen, 2015 |
Seitenanzahl | 432 |
ISBN | 978-3-06-120018-3 |
Geeignet für | Nordrhein-Westfalen |
Rezensiert von | Ströthoff, Lukas (Student), 19. Oktober 2015 |
Rezension von Ströthoff, Lukas (Student)
Einleitung
Das Buch „Zugänge zur Philosophie“, das im Cornelsen Verlag erschienen ist, kommt als Hardcover daher und macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck. Die Bilder scheinen allesamt hochauflösend gedruckt zu sein und auch die Texte sehen gut leserlich aus. Im Vorwort wird den Schülerinnen und Schülern (Kurz: SuS) das Konzept des Buches vorgestellt. Demnach soll sich durch das gesamte Buch ein roter Faden ziehen. Die Idee der Autoren ist es, dass sich die SuS anhand von Fragen aus der eigenen Lebenswelt Gedanken machen und diese mit Hilfe philosophischer Antworten vertiefen. Des Weiteren sollen die SuS verschiedene, für den Unterricht relevante, philosophische Methoden kennen und anwenden lernen. Laut der Einleitung können die SuS ihre erworbenen Kompetenzen anhand spezieller Seiten überprüfen. All dies trägt zu einem guten ersten Eindruck bei und weckt gleichzeitig Erwartungen an das Buch diesen ersten Eindruck zu bestätigen. Die genaue Auseinandersetzung mit dem Buch wird zeigen, ob sich dieser Eindruck halten kann oder enttäuscht wird.
Aufbau, Aufgaben und Methoden
Das Buch ist in die vier Themengebiete Anthropologie, Ethik, Staatsphilosophie und Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie gegliedert. Diese Themen wiederum unterteilen sich in weitere Kapitel. Inhaltlich sind die Texte breit über die verschiedenen philosophischen Richtungen gestreut. Bei der Auswahl der Texte orientiert sich das Buch am Kerncurriculum NRW und bietet Verwendungsmöglichkeiten sowohl in Grund- als auch in Leistungskursen.
Jedes der vier Themengebiete beginnt mit einer Auftaktseite. Die Auftaktseiten nennen in einem kurzen Einleitungstext die jeweiligen zentralen Fragestellungen des Themengebietes. Die Fragestellungen bilden zugleich die Kapitel der einzelnen Themengebiete. Auf den Auftaktseiten werden darüber hinaus die einzelnen Kapitel graphisch dargestellt. Von den Fragestellungen aus gehen Pfeile auf verschiedene Antworten und deren Autoren ab, diese bilden die zentralen inhaltlichen Texte des Buches. Auf den Auftaktseiten befinden sich weiterhin Bilder zur Illustration. Positiv an diesen Auftaktseiten ist, dass sie einen guten Überblick über das kommende Thema vermitteln und auch bei der Orientierung helfen können, wenn eine bestimmte Antwort auf eine der Fragestellungen gesucht wird. Leider verpassen die Auftaktseiten der Oberkapitel die Chance einfache Einstiegsaufgaben zustellen, die das Vorwissen der Schülerinnen und Schüler aktivieren. Auch dass Bilder nur zur Illustration eingesetzt werden und keinen weiteren Sinn haben, ist kritisch anzumerken. Ebenso wie die Themengebiete, verfügen die einzelnen Kapitel über ähnlich gestaltete Auftaktseiten. Der graphische Überblick fällt auf diesen entsprechend geringer aus, weswegen Platz ist für kurze einleitende Texte und Aufgaben.
Die einzelnen Kapitel sind so aufgebaut, dass die Antworten verschiedener Philosophen auf die Kernfrage des Kapitels in logischer Reihenfolge aufeinander folgen. Vorwiegend handelt es sich bei den Texten um Auszüge aus den Werken der Philosophen. Manchmal werden diese Auszüge durch ergänzende oder zusammenfassende Texte begleitet. Diese Texte sind immer gut verständlich und werden häufig sinnvoll eingesetzt.
Zu jedem Text gibt es eine Reihe von Aufgaben, diese reichen vom Zusammenfassen der wichtigsten Aussagen bis zu weiterführenden Aufgabenstellungen. Dabei verwenden die Aufgabenstellungen keine W-Fragen sondern die verschiedenen Operatoren, wie „Beurteilen“ oder „Analysieren“. Leider wird bei diesen Aufgaben nie genannt, in welcher Sozialform sie behandelt werden sollen. Dies kann aber zugleich auch eine Chance für die Lehrkraft sein, da sich so eine gewisse Freiheit bei der Gestaltung der Aufgaben im Unterricht ergibt. Außerdem gibt es viel zu selten Aufgaben, die das Vorwissen der SuS vor dem Lesen aktivieren oder das Lesen begleitende Aufgaben, was, bei der Menge an Text, den die SuS sich erarbeiten müssen, keine gute Entscheidung der Autoren ist. Zu bemängeln ist ebenfalls, dass die vielen Bilder im Buch, die allesamt ordentlich und meist in Farbe gedruckt sind, selten in die Aufgaben einbezogen werden und in der Regel nur schmückendes Beiwerk sind. Bei den Bildern einzelner Philosophen lässt sich dieser Umstand noch ignorieren, bei den vielen anderen aber nicht. Dass die Bilder aber nicht einfach so ausgewählt wurden, merkt man daran, dass sie den Inhalten der einzelnen Kapitel entsprechend ausgewählt wurden und durchaus das Potential haben zur Bereicherung der Kapitel beizutragen. Hier verschenkt das Buch leider enorm viel Potential. Das fällt besonders auf, wenn ein Bild doch einmal in die Aufgabenstellung einbezogen wird.
Die verschiedenen Aufgaben tragen ebenfalls dazu bei längere Texte sinnvoll zu stückeln. Am Beispiel des Unterkapitels zu Kants Ethik kann man dies veranschaulichen. Das Kapitel erstreckt sich über mehr als 20 Seiten und enthält viele Auszüge aus seinen Werken. Diese werden nach abgeschlossenen Argumentationsketten durch Aufgaben unterbrochen. Einzelne Argumente werden dann zusammenfassend dargestellt und leiten auf den nächsten Textteil mit neuen Aufgaben über. Es ist dabei aber nicht immer ersichtlich, warum an der einen Stelle ein Auszug und an einer anderen ein zusammenfassender Text steht. In den Randspalten lassen sich neben den Quellennachweisen, auch weitere Informationen finden. So werden bestimmte Wörter oder auch bestimmte Zusammenhänge genauer erklärt. Es kommt allerdings vor, dass die Randspalten zu überladen mit Text sind. An diesen Stellen wäre es besser gewesen, die Informationen anderes darzustellen. Außerdem kommt es unerklärlicherweise hin und wieder vor, dass sich in den Randspalten kleinere Aufgaben befinden, die, wenn man nicht genau darauf achtet, leicht überlesen werden können. Ähnlich unverständlich ist es, wenn Zitate, die für eine Aufgabe relevant sind, in den Randspalten zu finden sind.
In unregelmäßigen Abständen gibt es zu den einzelnen Texten Info- und Diskussionsboxen. Die Infoboxen bieten, wenn sie eingesetzt werden, hilfreiche weiterführende Informationen zu den Texten oder Autoren, die zum Verständnis beitragen und nicht bloß einfaches Beiwerk sind. Auch die Diskussionsboxen werden sinnvoll eingesetzt, denn diese bieten zu dem zuvor behandelten Text, beziehungsweise Themengebiet eine diskutable These, die durchaus widersprüchliche Meinungen bei den Sus hervorrufen können und so Ausgang einer größeren Plenumsdiskussion seien können. So gibt es im Kapitel zum guten Leben die Diskussionsthese, dass die Selbsttötung ein letzter Akt der Selbstbestimmung sei. Da es keine spezifischen Aufgabenstellungen zu den Diskussionsthesen gibt, können die SuS ihre Meinung frei äußern und das Argumentieren üben. Auch kann die Lehrkraft selbst Aufgaben formulieren und so die Diskussionsform frei wählen. Zu jedem Kapitel gibt es Kompetenzüberprüfungen mit denen die SuS ihre erworbenen Sach- und Urteilskompetenzen überprüfen können, dazu gibt es auch eine Auswahl an Aufgaben die den Inhalt der Kapitel abfragen.
Im Laufe der Kapitel werden immer wieder Methodenseiten eingestreut, die die verschiedenen Methoden, die im Philosophieunterricht zum Einsatz kommen, erklären, wie zum Beispiel „Philosophische Texte analysieren“ oder „Eine philosophische Erörterung verfassen.“ Diese Erklärungen erweisen sich als sehr hilfreich und erläutern die verschiedenen Methoden sehr gut und verständlich. Die Methodenseiten können weiterhin in Verbindung zu den einzelnen Diskussionsboxen genutzt werden, um die beschriebenen Methoden zu üben. Als ebenso hilfreich erweisen sich die beiden Klausurvorschläge im Buch. Sie bieten einen Text zu denen drei Aufgaben gestellt werden. Sie entsprechen also einer typischen Aufgabenstellung in einer Oberstufenklausur. Als Zusatz gibt es einen Erwartungshorizont zu den einzelnen Aufgaben. Diese Klausurvorschläge erweisen sich deshalb als nützlich, da viele Sus das erste Mal in der Oberstufe eine Klausur im Philosophieunterricht schreiben. Zwar kommen nur zwei dieser Vorschläge im Buch vor, dies ist aber auch durchaus nachvollziehbar, denn der Sinn dieser Vorschläge ist es den SuS eine Orientierung für die ersten Klausuren zugeben und nach mehreren Klausuren verlieren diese Beispiele an Notwendigkeit.
Ebenfalls in unregelmäßigen Abständen eingestreut sind sogenannte Projektvorschläge zu einzelnen Texten. Leider täuscht der Name „Projektvorschlag“ ein wenig, denn meist handelt es sich lediglich um weiterführende Aufgaben im Sinne von Recherchen und Ähnlichem. Nur selten findet man wirklich Aufgabenformen, die den Erwartungen an einem Projektvorschlag entsprechen. Diese Seiten verschenken demnach oft viel vom Potential eines wirklichen Projektes, bei dem die SuS selbstentdeckend lernen können.
Am Ende eines jeden Themenbereiches befindet sich eine Seite mit Medientipps, die Literaturhinweise, Internetlinks und Filmvorschläge bereithält. Diese sollen vor allem den SuS dienen, die sich weiter über ein Thema informieren wollen oder auch der Lehrkraft helfen, wenn diese einen bestimmten Themenaspekt mit den SuS vertiefen möchte. Da diese Seiten nur zur ersten Anregung dienen sollen beziehungsweise können, ist an der Menge und der Auswahl der Medientipps nichts auszusetzten. Man hat aber das Gefühl, dass mach ein Kapitel des Themenbereichs unterrepräsentiert ist, besser wäre es da gewesen, die einzelnen Medientipps auf die einzelnen Kapitel zu verteilen, also diese etwa in Randspalten oder am Ende eines Aufgabenkomplexes zu geben.
Fazit
Nun stellt sich die Frage, ob sich der gute erste Eindruck bei genauer Betrachtung halten kann. Leider ist das nicht der Fall. Das Buch macht zwar viele Dinge gut, leider gibt es aber auch viele Dinge, die den Eindruck schmälern. Positiv hervorzuheben ist, dass sich ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht, der den SuS bereits im Vorwort näher gebracht wird. Die verschiedenen Auftaktseiten zu den Themengebieten und Kapiteln helfen bei der Orientierung im Buch. Auch die verschiedenen Methodenseiten, Kompetenzüberprüfungen und die Klausurvorschläge wissen zu gefallen. Kleine Makel sind die manchmal überladenen Randspalten, nicht immer gelungenen Projektvorschläge und das Fehlen von Angaben zu Sozialformen bei einer Vielzahl von Aufgaben. Negativ fällt auf, dass die vielen Bilder im Buch viel zu selten in die Aufgabenstellungen einbezogen werden. Auch dass bei den meisten Texten, die überaus lang ausfallen können, keine Aufgaben zu finden sind, die das Vorwissen der SuS aktivieren oder die die SuS beim Lesen begleiten, ist kritisch zu sehen.
Als Fazit lässt sich Folgendes festhalten. „Zugänge zu Philosophie“ ist kein überragend gutes Buch, es ist aber auch kein schlechtes. Es ist vielmehr ein grundsolides Buch, das vieles richtig macht und gute Ideen hat, aber auch über gewisse Mängel verfügt.