Das Projekt „Schulbuchrezensionen“ wurde zum 1. Januar 2019 nach fast 15 Jahren Laufzeit abgeschlossen.
Bisher verfasste Rezensionen bleiben weiterhin auf edu.reviews einsehbar. Ein Verfassen neuer Rezensionen ist leider nicht mehr möglich.

Zurück zur Übersicht

Ethik / Philosophie, 5./6. Schuljahr, Realschule, Hauptschule

Respekt 1 – Arbeitsbuch für Ethik, Werte und Normen und praktische Philosophie

Respekt 1 – Arbeitsbuch für Ethik, Werte und Normen und praktische Philosophie
Herausgegeben von Brüning, Barbara
Erschienen Berlin: Cornelsen, 2012
Seitenanzahl 144
ISBN 978-3-06-120217-0
Geeignet für Hessen, Niedersachsen
Rezensiert von Trifunovic, Tanja und Stephan Ludwig (Studierende), 23. April 2014
Projekt Justus-Liebig-Universität Gießen, Wintersemester 2013/14

Rezension von Trifunovic, Tanja und Stephan Ludwig (Studierende)


Einleitung
Von einem Arbeitsbuch mit dem Titel „Respekt 1“ ist zu erwarten, dass es seine Leser zum würdevollen und verantwortungsbewussten Umgang mit ihrem Umfeld motiviert. Wir erwarten, dass ein solches Arbeitsbuch dem Prinzip gegenseitigen Respekts in allen Kapiteln konsequent Rechnung trägt. Weiterhin geht man bei diesem Titel davon aus, dass Aufgabenstellungen verwendet werden, welche die Lernenden in Toleranz- und Empathiefähigkeit fördern. Der Respektsbegriff ist fachlich gesehen ein fundamentaler Bestandteil der Ethik. Moralische Diskurse und Debatten beispielsweise bedürfen zwingend eines respektvollen Umgangs untereinander.

Überblick und Orientierung
„Respekt 1“ soll als Lehrmittel im Ethikunterricht der 5. und 6. Klasse der Haupt- und Realschulen dienen. Zumeist besuchen die Schüler in dieser Jahrgangsstufe erstmalig den Ethikunterricht. Dies findet seine Berücksichtigung in den einfach präsentierten Inhalten. Meist handelt es sich um grafische Darstellungen sowie kurze Texte mit einfacher Satzstruktur. Erklärungstextfelder und Hilfestellungen sind durchgehend in einheitlichem Layout vorhanden. Übungsaufgaben sind sehr anleitend konzipiert und viele Fragen können unabhängig von Texten und Grafiken bearbeitet werden, da häufig subjektive Erfahrungs- und Einschätzungswerte angesprochen werden. In puncto Schülerorientierung setzt das Lehrbuch daher ganz klare Akzente. Darstellungen von Kindern sind stets ethnisch und geschlechtermäßig pluralistisch gewählt. Diese Konzeption ist daher sehr realitätsnah zu der Zusammensetzung der Schülerschaft an Haupt- und Realschulen.
Im gesamten Werk folgen die Autoren einem einheitlichen Konzept in Bezug auf die Gliederung der Kapitel. Dem Aufmacher in Form der Doppelseite mit Themennennung, Informationstext und einer ersten anregenden Frage folgen einige Themenseiten. Charakteristisch sind auch die konsequent vorkommenden „Schon gewusst“- und „Starthilfe“- Kästen, sowie die reflektierenden „Schärft euren Blick“- Aufgaben. Diese ergänzen die sonst sehr bildlastigen Darstellungen. Dem ersten Block an Themenseiten folgen zumeist die Wahlaufgaben. Dabei handelt es sich oft um Reflexion und Differenzierung von zuvor bearbeiteten Inhalten und Anwendungsbeispielen.
Den Wahlaufgaben folgen weitere Themenseiten. Daran schließt eine Doppelseite „Weiterdenken“ an. Hier werden Subthemen in exkursartiger Aufmachung dargestellt. Die Aufgaben sind sehr personenbezogen. Es geht um das Ausdrücken von Gefühlen und die Übernahme von Perspektiven. Das letzte konsequent in jedem Kapitel enthaltene Element stellen die „Wiederholen und Lernen“-Seiten da. Hier sind Schlüsselworte des Kapitels aufgelistet. Dazu liegen Definitionen und verschiedene Positionen vor. Auch Projektvorschläge sind durchgängig vorhanden. Dabei handelt es sich um Arbeitsanregungen mit Lebensweltbezug, Handlungsorientierung und kooperativen Vorgehensweisen. Zudem wird der Aspekt der Interdisziplinarität berücksichtigt, indem fächerübergreifende Konzepte vorgestellt werden.
Die Kapitel sind zumeist inhaltlich aufeinander aufbauend, jedoch vermutlich aus didaktisch-zweckdienlichen Gründen gelegentlich von Rückbezügen unterbrochen. Inhaltlich beginnen die Kapitel meist mit Individuenbezügen (Schüleraktivierung). Dem folgt eine Projektion der Inhalte auf das Gegenüber / die Gemeinschaft. Daran an schließt eine problemorientierte Vertiefung dieser Inhalte, die den lebensweltlichen Erfahrungsschatz der Kinder anspricht. Philosophische, religionskundige und sozialwissenschaftliche Aspekte werden auf die Kapitel verteilt. Die Heterogenität der Schülerschaft wird dahingehend berücksichtigt, dass Geschichten, Berichte, Fallbeispiele aus verschiedenen Kulturkreisen auftauchen.
Unter dem Schlagwort Kompetenzorientierung muss erwähnt werden, dass „Respekt 1“ einen deutlichen Fokus auf Handlungsorientierung legt. Dies wird in zahlreichen Projektvorschlägen deutlich. Weiterhin wird interkulturelle Kompetenz in vielen Themenbereichen gefordert und gefördert. Jeweilige Methodenkompetenzen sind mit Inhalten oft spielerisch-gestaltend verknüpft. Der Kompetenzaufbau erfolgt primär nach dem Prinzip „learning by doing“.

Materialien und Aufgabenstellungen
Das Buch ähnelt insgesamt dem Stil eines Magazins. Additiv zu Texten sind zahlreiche Comics, Fotoelemente und Bildergeschichten enthalten. Neben größeren Textcollagen sind auch kurze Wissens-/Definitionskommentare vorhanden. Hinsichtlich der Textzusammenstellung weist das Buch vielfältige Genres auf. Autorentexte, Auszüge von Originalschriften bekannter Philosophen sowie Hintergrundinformationen zu den Autoren und Erfahrungsberichte von Kindern verschiedenster Kulturkreise sind in wechselnder Folge konsequent zu finden. Zudem werden Auszüge externer Literatur (z. B. diverse Jugendbücher) verwendet. Der Umfang des Textmaterials ist altersangemessen und auf Wesentliches reduziert. Dies wird exemplarisch daran deutlich, dass kurze Auszüge und Definitionen anstelle von ganzseitigen Texten verwendet werden.
Sprachlich gesehen bedient sich das Buch leicht verständlicher Muster. Einfache Satzstrukturen überwiegen, auf den Gebrauch von Fremdwörtern wird weitestgehend verzichtet, zudem erklärt ein Mini-Lexikon am Ende des Arbeitsbuches schwierige Begriffe.
Bei der Thematisierung einzelner Inhalte legen die Autoren großen Wert auf Aktualität und Alltagsbezug. Gelegentlich könnten die Bezüge jedoch näher an der Lebenswelt der Schüler angesiedelt sein. (z. B. Thema Tierschutz: Massentierhaltung statt Walfang). Kritisch ist zu bewerten, dass gerade im Bereich von Gewissens- und Moralfragen oft einseitige und belehrend-idealistische Positionen eingenommen werden. (z. B. Lügen wird situationsunabhängig ausschließlich als negativ dargestellt).
Grundsätzlich werden beim Aufgreifen der verschiedenen Themenkomplexe Möglichkeiten und Chancen zum Einstieg in ethische Fragen gegeben. Ergänzend zum Buch werden gelegentlich Internetadressen mit weiterführenden Informationen angegeben. Etwaiges Video-/Audio Material ist nicht enthalten. Für die Lehrperson gibt es ein Heft mit Handreichungen für den Unterricht wie beispielsweise Kopiervorlagen und einer CD-ROM.
Die Fragestellungen sind sehr vielfältig. Neben klassischen W-Fragen sind auch methodische Anweisungen unterschiedlichster Natur zu finden. Gestalterisch künstlerische Anweisungen (malt, bastelt, schreibt) sind ebenso wie Operatoren (diskutiert, begründet, überlegt) vorhanden. Eine sinnvoll aufbauende Aufgabenfolge ist schon durch den systematischen Kapitelaufbau gegeben. (Vorwissen aktivieren / Grundwissen schaffen, Erarbeitungsphasen, Festigungsphase). Durch die „Schärft euren Blick“- Aufgaben wird weiterhin problemlösendes und selbständiges Denken gefördert. Das Lehrwerk verfügt über Hilfestellungen in Form einer „Werkzeugkiste“, welche umfangreiche Arbeitstechniken für die Schüler enthält.
Hinsichtlich Differenzierung beachtet „Respekt 1“ sowohl individuelle Interessens- als auch Leistungsunterschiede. Dies wird auf den Seiten der Wahlaufgaben besonders deutlich. Hier kann aus verschiedenen Inhalten und Abstraktionsniveaus gewählt werden.

Didaktischer Kommentar
„Respekt 1“ bedient sich vielfältiger Unterrichtskonzepte. Im Bereich der Problemorientierung müssen Schülerinnen und Schüler Meinungen begründen, Handlungsalternativen aufzeigen und Sachverhalte unter bestimmten Kriterien bewerten. Auch klassische Lernaufgaben im Sinne von Reproduktion / Transfer sind vorhanden. Ein Beispiel hierfür ist die Religionskunde.
Das Buch berücksichtigt übliche fachdidaktische Konzepte. Gängige philosophische Standpunkte bekannter Autoren, nachgestellte Konfliktsituationen sowie Gedankenexperimente finden konstant Eingang.
Zentrale Dimensionen verschiedener Fächer werden in „Respekt 1“ angemessen berücksichtigt. Im ersten Kapitel wird zur „Frage nach dem Ich“ Bezug zur Philosophie genommen. Im folgenden Kapitel „Menschen brauchen einander“ wird das sozialwissenschaftliche Feld beleuchtet. Das dritte Kapitel „Wir leben mit der Natur“ beschäftigt sich mit Naturethik. Im vierten Kapitel „Religionen und die großen Fragen des Lebens“ wird Bezug zu den Religionswissenschaften genommen. Die zahlreichen Projektvorschläge ermöglichen eine gute Zusammenarbeit mit anderen Fächern, wie z. B. Biologie, Deutsch oder Geografie.
Didaktische Leitperspektiven wie Individuum oder Gesellschaft werden berücksichtigt. Sowohl das Individuum mit seiner jeweiligen Identität als auch seine Beziehung zur Gesellschaft oder seinem „Gegenüber“ werden ausreichend beleuchtet.
Die aufgeführten Themenbereiche des Arbeitsbuches spiegeln aktuelle ethische Diskussionen und gesellschaftliche Entwicklungen hinreichend wieder. Vor allem die Geschichten, Berichte und Fallbeispiele verschiedener Kulturen, insbesondere aus Ländern mit starker Migration nach Deutschland, dienen der Förderung interkultureller Kompetenz. Hierdurch kommt das Buch den Erwartungen nach, welche wir zu Beginn mit dem Titel Respekt verknüpft haben.


Lizenz: CC BY-ND 4.0 Lizenz „Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International“ (CC BY-ND 4.0)


Info Zitation Trifunovic, Tanja und Stephan Ludwig. Rezension zu: Respekt 1 – Arbeitsbuch für Ethik, Werte und Normen und praktische Philosophie von Brüning, Barbara (Hg.). Berlin: Cornelsen 2012, ISBN 978-3-06-120217-0, Edumeres 2014, https://edu-reviews.edumeres.net/rezensionen/rezension/trifunovic-tanja-und-stephan-ludwig/, zuletzt geprüft am 26.03.2024.