Geschichte, 9./10. Schuljahr, Gymnasium
Geschichte und Geschehen 4
Herausgegeben von | Bernlochner, Ludwig |
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Erschienen | Stuttgart: Klett, 2007 |
Seitenanzahl | 200 |
ISBN | 978-3-12-411580-5 |
Geeignet für | Bayern |
Rezensiert von | Weih, Ingrid und Theresa Gössl (Studierende), 20. Februar 2012 |
Projekt | Universität Regensburg, Wintersemester 2011/12 |
Rezension von Weih, Ingrid und Theresa Gössl (Studierende)
„Jetzt beginnt für dich eine Entdeckungsreise in die Vergangenheit“ heißt es im Vorwort zum vierten Band von „Geschichte und Geschehen“. Das Fach Geschichte wartet wie ein kleines Abenteuer auf die Schülerinnen und Schüler, eine Reise ins Vergangene. Im Idealfall werden die Schülerinnen und Schüler befähigt, aus eigener Motivation heraus beispielsweise zu erforschen, wie der Alltag zur Jugendzeit ihrer Eltern oder zur Lebenszeit ihrer Großeltern vor sich ging. Auch in Gesprächen mit der früheren Generation können die Schülerinnen und Schüler vieles über das damalige Leben erfahren und somit ihr „eigenes, kleines Stück Geschichte“ erforschen. Dazu ist im Geschichtsunterricht neben der Lehrkraft ein Schulbuch notwendig, das den Lernenden Anregungen zum selbstständigen Arbeiten gibt, aber auch ein Gesamtwissen über eine bestimmte Zeitspanne vermittelt. Inwiefern „Geschichte und Geschehen, Band 4“ für die Lehrkraft eine Unterstützung darstellt und auf welche Weise es den Schülerinnen und Schülern das Wissen der 9. Jahrgangsstufe nahebringt, wird im Folgenden analysiert.
Konzept des Buches
Das Werk ist in vier verschiedene Themenblöcke aufgeteilt, was bereits im Inhaltsverzeichnis für die Schülerinnen und Schüler leicht ersichtlich ist. Die Lernenden befassen sich hierbei mit den Schwerpunkten des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges, der Geschichte der Nachkriegszeit und dem Kalten Krieg. Jeder einzelne Themenblock gliedert sich in Unterkapitel; dabei ist anzumerken, dass die beiden ersten Großkapitel „Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg und Deutschland nach dem Krieg“ umfangreicher und breit gefächerter sind als die letzten beiden Kapitel. Jeder Themenblock beginnt mit einer Auftaktdoppelseite, die farblich von den Themenseiten abgesetzt ist. Dadurch werden die einzelnen Großkapitel deutlich voneinander getrennt und der Beginn eines neuen Themenblocks wird für die Schülerinnen und Schüler klar markiert. In diesem Zusammenhang wird auch ein Leitsymbol, welches jedem Themenblock zugeordnet ist, eingeführt. Dieses findet sich bis zum Beginn des darauffolgenden Themas im unteren Teil einer Themenseite neben der Seitenzahl wieder. Um die Schülerinnen und Schüler auf den neu zu behandelnden Inhalt einzustimmen und deren Interesse zu wecken, versuchen die Autoren durch die Beigabe von Bildquellen, wie Fotografien und Plakaten der damaligen Zeit, zum eigenständigen und kreativen Arbeiten anzuregen.
Dem ersten Großkapitel vorangestellt findet der oder die Lernende eine „Gebrauchsanweisung“ zum Buch, in der verschiedene Kennzeichnungen und der Aufbau des Buches erklärt werden. Darauf folgen durchnummerierte Einzelkapitel, die stets erst einen – durch Bildmaterial aufgelockerten – ausführlichen Verfassertext enthalten, an den sich ein Materialien- und Quellenteil anschließt. Im oberen Teil der Themenseiten werden die wichtigsten Daten in einem blauen Kästchen vorangestellt, um den Schülerinnen und Schülern bereits einen groben Überblick über das zu Behandelnde zu vermitteln. Oft findet man daneben als Aufhänger auch bereits Bildmaterial.
Die Verfassertexte sind altersangemessen, interessant und verständlich formuliert. Eine Hilfestellung bietet den Schülerinnen und Schülern außerdem eine Marginalienspalte, die den Gesamttext durch Teilüberschriften in Sinnabschnitte gliedert. So werden den Schülerinnen und Schülern die Suche nach bestimmten Inhalten und auch die Orientierung im Kontext wesentlich erleichtert. Zur Vertiefung der besprochenen Inhalte gibt es für die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich auf den Methodenseiten in fachspezifischen Fertigkeiten zu üben und in Bezug auf verschiedene Sachverhalte anzuwenden. Hierbei kann der oder die Lernende die Kompetenzen, die er sich im Laufe seiner Schullaufbahn angeeignet hat, anwenden und erproben. Das Angebot an Materialien und Arbeitsaufträgen ist so vielfältig, dass es für alle Schülerinnen und Schüler möglich ist, sich ein individuelles Übungskonzept auszuwählen. Ein einschneidender Unterschied zwischen dem Geschichtsbuch „Geschichte und Geschehen“ und anderen Schulbüchern bieten die Seiten, die als „Vertiefung“ oder auch als „Erlebnis Geschichte“ gekennzeichnet sind. Hier werden Anregungen gegeben, sein Wissen zu vertiefen, daneben wird auch zum eigenständigen Arbeiten zuhause oder zum Erforschen bestimmter Inhalte in der eigenen Umgebung angeregt. Dazu kommen Vorschläge für Projekte, die den Geschichtsunterricht abwechslungsreich gestalten. Stets zu erkennen ist das Bemühen der Autoren, in den Schülerinnen und Schülern die Neugier für das Fach Geschichte zu wecken.
Quellenauswahl und Quellenarbeit
Quellen und Materialien sind für den Geschichtsunterricht von größter Bedeutung, weil sie einen Einblick in das Leben und Handeln von Menschen vergangener Zeiten geben. Anzumerken ist hierbei, dass im Arbeitsteil – wie auch in den meisten anderen Geschichtsbüchern – nicht zwischen echter Quelle und sonstigen Materialien wie z. B. Darstellungen von Historikern/Experten unterschieden wird. Dies wäre jedoch sehr wichtig, da Schülerinnen und Schüler bereits früh den richtigen Umgang mit Quellen erlernen und sich im kritisch-historischen Denken üben sollen. Leider wird in „Geschichte und Geschehen“ alles ausnahmslos als M bezeichnet und fortlaufend durchnummeriert. Da eine Differenzierung im Schulbuch nicht erfolgt, sind die Schülerinnen und Schüler auf die Förderung durch die Lehrkraft angewiesen, um den Unterschied zwischen Quelle und Darstellung tatsächlich zu verinnerlichen. Die Materialien haben gegenüber dem Verfassertext oft nur illustrierende Funktion, manches bietet aber auch Anregungen zu sinnvoller Kontextualisierung und vertiefender Bearbeitung. Das Angebot der Materialien ist zahlreich und sehr vielfältig, so dass die Schülerinnen und Schüler aus etlichen Varianten auswählen können, was evtl. dazu dient, auf individuelle Interessen oder Stärken und Schwächen einzugehen. Es werden überwiegend schriftliche Quellen (besonders von Zeitzeugen oder Zeitgenossen) mit eingebunden, aber auch Plakate und Fotografien von prägenden Situationen der damaligen Zeit. Die Präsentation der verschiedenen Materialien ist sinnvoll und für ausgiebige Interpretation geeignet. Zu den verschiedenen Bildquellen werden meist der Titel, der Urheber und auch das Entstehungsjahr angegeben, oft fehlen aber diverse Sachinformationen in der Bildlegende. Das Einordnen in den Kontext und somit das richtige Erarbeiten des Inhaltes wird den Schülerinnen und Schülern dadurch erschwert.
Aufgabenstellungen
Die Aufgabenstellungen sind auf jeder Methodenseite und am Ende des Materialteils innerhalb der Einzelkapitel farblich abgegrenzt als „Fragen und Anregungen“ angegeben. Durch Operatoren wird die Arbeitsanweisung klar definiert und stellt somit für die Schülerinnen und Schüler eine Hilfestellung beim Bewältigen der Aufgabe dar. Die verschiedenen Aufgaben bauen meist nicht aufeinander auf, sondern sind in der Regel unabhängig voneinander lösbar. Die Aufgabenstellungen auf den Methodenseiten oder den Seiten „Erlebnis Geschichte“ laden die Schülerinnen und Schüler zu handlungsorientiertem Arbeiten ein, wie zum Beispiel zum Recherchieren in verschiedenen Bibliotheken oder zur Untersuchung von Zeitzeugenberichten. In manchen Bereichen werden die Schülerinnen und Schüler auch dazu aufgefordert, Geschichte mit neuen Medien wie dem Internet zu erforschen. Diverse Projekttipps bieten den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, in Gruppen- oder Partnerarbeit die vergangene Zeit mit der heutigen zu vergleichen und Gegenwartsbezüge herzustellen. Beispiele hierzu wären der Vergleich von Mode und Frisuren oder der Besuch in verschiedenen Institutionen. Eine solche Projektarbeit bietet den positiven Nebeneffekt, dass die Schülerinnen und Schüler sich gruppenweise in sozialem Lernen üben und somit den Kontakt zu ihren Klassenkameraden festigen können.
Fachdidaktische Aspekte
Die Abgrenzung von Autorentext und Arbeits- bzw. Materialienteil ist für die Schülerinnen und Schüler sowie auch für die Lehrkraft klar erkennbar, allerdings wird zwischen Quelle und Darstellung, wie bereits erwähnt, nicht unterschieden. Ein wichtiger fachdidaktischer Gesichtspunkt wird aber stark berücksichtigt: die Multiperspektivität. Gerade bei den Themen dieser Jahrgangsstufe (Nationalsozialismus und Kalter Krieg) ist es von großer Bedeutung, den Schülerinnen und Schülern unterschiedliche Sichtweisen auf die damalige Situation zu vermitteln. Verschiedene Perspektiven werden durch eine Vielfalt von Quellen, insbesondere durch Textquellen von in verschiedenen Positionen agierenden Personen, dargestellt. Eine Art Problemorientierung wird den Schülerinnen und Schülern auf den Seiten ‚Erlebnis Geschichte‘ eröffnet. Hier werden die Schülerinnen und Schüler dazu aufgefordert, Geschichte selbst zu erforschen und Gegenwartsbezüge herzustellen. Somit erfährt die Lerngruppe durch eigenes Erarbeiten, dass Geschichte auch in unser heutiges Leben einwirkt. Eine Abwechslung von Sozialformen und Handlungsmustern ist jedoch nicht wirklich erkennbar. Auf den Vertiefungsseiten oder den Erlebnisseiten werden zwar Projekttipps angeboten, aber sollte die Lehrkraft eine Partner- oder Gruppenarbeit in ihren Unterricht einbauen wollen, wird sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen müssen, wobei sie natürlich das vielfältige Angebot von Quellen und Darstellungen sowie die Aufgabenstellungen für diese Arbeitsformen verwenden kann.
Fazit
Zusammenfassend ist anzumerken, dass das Unterrichtswerk sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für die Lehrperson sehr gut handzuhaben ist und es sich im Unterricht selbst sehr gut verwenden lässt. Durch das moderne Auftreten, durch Nachforschung im Internet oder auch durch mögliche, mediale Nutzungen werden die Schülerinnen und Schüler angesprochen und motiviert. Daher ist das Lehrwerk zwar eine gute Grundlage, um einen interessanten und ansprechenden Unterricht zu gestalten, allerdings erfordert dies trotzdem einige Bemühungen der Lehrkraft.